Inhalt:

- Dies ist die Geschichte von den Engeln 

- Celina -  schwarzer Engel ohne Flügel

- Gott - warum tust Du nicht Etwas ???

- Seesterne retten

- armer Bullterrier

- Funny - nur ein Huhn ???

- Der kleine Hund...

- Wie konntest Du nur...???

 - Ein Nachruf auf einen kleinen Hund...

- der Betrug...

- Eine Liebe für`s Leben...

- Heim ins Licht...

- SHEILA - Und es gibt sie doch … die wahre Liebe!

- Wenn ich alt bin...

- Himmel und Hölle...

- Worauf es im Leben ankommt...

- Die Bedeutung des Hundes für den Menschen...

- Lisa,eine wahre Geschichte...

- BANDIT - 7 Jahre Tierheim ist genug...

- Als ich noch ein Welpe war...

- Wie der Hund zu seiner kalten, feuchten Nase kam...

- Typische Fragen an Hundehalter...

- Die Geschichte von Dzok aus Krakau...

- Rosi...

- Ich, ein Hund aus dem Süden...

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 Dies ist die Geschichte von den Engeln  

                       

 

 

Ich möchte sie hier allen traurigen Menschen widmen...

 


Der kleine rote Kater blieb plötzlich stehen. Hinter ihm spielten Kätzchen auf einer bunten Sommerwiese, jagten einander und rauften spielerisch. Es sah so fröhlich aus, aber vor ihm, im klaren ruhigen Wasser des Teiches, sah er seine Mommy. Und sie weinte bitterlich. Er tapste ins Wasser und versuchte, sie zu berühren, und als er das nicht konnte, hüpfte er hinein. Nun war er ganz nass und Mommys Bild tanzte auf den Wellen fort.

"Mommy!" rief er. "Ist etwas nicht in Ordnung?" Der kleine rote Kater drehte sich um. Eine Dame stand am Ufer des Teiches, mit traurigen, aber liebevollen Augen. Der kleine rote Kater seufzte und kletterte aus dem Wasser.
"Das muss ein Fehler sein", sagte er. "Ich sollte nicht hier sein". Er sah zurück ins Wasser und das Bild seiner Mommy spiegelte sich wieder darin. "Ich bin doch noch ein Baby. Mommy sagt, das muss ein Irrtum sein. Sie sagt, ich darf gar nicht hier sein".

Die freundliche Dame seufzte und setzte sich ins Gras. Der kleine rote Kater kletterte in ihren Schoß. Es war nicht Mommys Schoß, aber es war fast genauso gut. Als sie begann, ihn zu streicheln und genau dort unter dem Kinn zu kraulen, wo er es am liebsten mochte, fing er fast gegen seinen Willen zu schnurren an.

"Ich fürchte, es ist kein Fehler. Es ist Dir bestimmt, hier zu sein, und Deine Mommy weiß es tief in ihrem Herzen", sagte die Dame.
Der kleine rote Kater seufzte und lehnte seinen Kopf an den Fuß der Dame. "Aber sie ist so traurig. Es tut mir so weh, sie so weinen zu hören. Und auch Daddy ist traurig".
"Aber sie wußten von Anfang an, daß dies geschehen würde".
"War ich denn krank?" Das überraschte den kleinen roten Kater. Niemand hatte jemals etwas darüber gesagt und er hatte oft zugehört wenn sie dachten, er schliefe. Sie sprachen stets nur darüber, wie süß er doch war und wie schnell er gewachsen war.

"Nein, sie wußten nicht, daß Du krank warst", sagte die freundliche Dame. "Aber dennoch wußten sie, daß sie die Tränen gewählt hatten".
"Nein, das taten sie nicht", sagte der kleine rote Kater. "Wer würde schon Tränen wählen?"
Sanft küßte die Dame sein Köpfchen. Er fühlte sich sicher und warm und geliebt - aber er war noch immer voll Sorge um seine Mommy.
"Ich will Dir eine Geschichte erzählen", sagte die Dame.

Der kleine rote Kater sah auf und sah die anderen Tiere näher kommen. Katzen - Big Boy und Snowball, Shamus und Abby und auch Little Cleo und Robin. Merlin, Toby und Iggy und Zachary , Sweetie, Kamatta und Obie. Hunde auch - Sally, Baby und Morgan, Rocky und Belle. Sogar eine Eidechse namens Clyde und einige Ratten und ein Hamster namens Odo. Alle legten sich erwartungsvoll ins Gras rund um die Dame und sahen wartend zu ihr auf. Sie lächelte und begann:

Vor langer, langer Zeit gingen die kleinen Engel zum Oberengel und baten ihn um Hilfe, weil sie so einsam waren. Der Oberengel brachte sie zu einer großen Mauer mit vielen Fenstern und ließ sie aus dem ersten Fenster auf alle möglichen Dinge schauen - Puppen und Stofftiere und Spielzeugautos und vieles mehr.
"Hier habt ihr etwas, das ihr lieben könnt,", sagte der Engel. "Diese Dinge werden eure Einsamkeit vertreiben".
"Oh, vielen Dank", sagten die kleinen Engel. "Das ist gerade, was wir brauchen".
"Ihr habt das Vergnügen gewählt", erklärte ihnen der Oberengel.
Aber nach einiger Zeit kamen die kleinen Engel zurück. "Dinge kann man schon lieben", meinten sie. "Aber sie kümmern sich nicht darum, daß wir sie lieben".

Der Oberengel führte sie zum zweiten Fenster. Sie sahen hinaus und sahen alle möglich Arten wilder Tiere.
"Ihr könnt diese Tiere lieben", sagte er. "Sie werden wissen, daß ihr sie liebt."
Die kleinen Engel waren begeistert. Sie liefen hinaus zu den Tieren. Einer gründete einen Zoo, ein anderer ein Naturschutzgebiet, einige fütterten die Vögel.
"Ihr habt die Befriedigung gewählt", sagte der Oberengel.
Aber nach einiger Zeit kamen die kleinen Engel zurück. "Sie wissen, daß wir sie lieben", sagten sie. "Aber sie lieben uns nicht wieder. Wir möchten auch geliebt werden."
So führte sie der Oberengel zum dritten Fenster und zeigte ihnen die Menschen.
"Hier sind Menschen zum Lieben", erklärte er ihnen.
Die kleinen Engel eilten hinaus zu den Menschen.
"Ihr habt die Verantwortung gewählt", sagte der Oberengel.
Aber bald waren sie wieder zurück. "Menschen kann man schon lieben", klagten sie "aber oft hören sie auf, uns zu lieben und verlassen uns. Sie brechen unsere Herzen."
Der große Engel schüttelte den Kopf. "Ich kann euch nicht mehr helfen. Ihr müßt mit dem zufrieden sein, was ich euch gegeben habe."

Da entdeckte einer der kleinen Engel ein weiteres Fenster und sah kleine und große Hunde und Katzen, Eidechsen, Hamster und Frettchen. Die anderen liefen herbei und bestaunten sie.
"Was ist mit denen?" riefen sie.
Aber der Oberengel schob sie vom Fenster weg. "Das sind Gefühlstrainer", sagte er. "Aber wir haben Probleme mit ihrem Operating System."
"Würden sie wissen, daß wir sie lieben?" fragte einer.
"Ja", erwiderte der Oberengel widerstrebend.
"Und würden sie uns wiederlieben?" fragte ein anderer.
"Ja", erwiderte der große Engel.
"Werden sie je aufhören, uns zu lieben?" riefen sie.
"Nein", gestand der große Engel. "Sie werden euch für immer lieben."
"Dann sind sie genau das, was wir uns wünschen", riefen die kleinen Engel.
Aber der Oberengel war sehr aufgeregt. "Ihr versteht nicht", erklärte er ihnen. "Ihr müßt sie füttern. Und ihr müßt ihre Umgebung reinigen und immer für sie sorgen."
"Das tun wir gerne", riefen die kleinen Engel. Und sie hörten nicht zu. Sie beugten sich nieder und nahmen die zahmen Tiere in die Arme und die Liebe in ihrem Herzen spiegelte sich in den Augen der Tiere.
"Sie sind nicht gut programmiert" rief der Oberengel, "es gibt keine Garantie für sie. Wir wissen nicht, wie lange sie halten. Manche hören sehr rasch auf zu funktionieren, und manche halten länger!"
Aber das kümmerte die kleinen Engel nicht. Sie drückten die warmen weichen Körperchen an sich und ihre Herzen füllten sich mit Liebe, so daß sie fast zersprangen. "Wir haben unsere Chance!" riefen sie.
"Ihr versteht nicht", versuchte es der Oberengel zum letzten Mal. "Sie sind so gemacht, daß selbst der Haltbarste von ihnen euch nicht überleben wird. Euer Schicksal wird sein, durch ihren Verlust zu leiden!"
Die kleinen Engel betrachteten die Tiere in ihren Armen und schluckten. Dann sagten sie tapfer: "Das macht nichts. Es ist ein fairer Tausch für die Liebe, die sie uns geben."
Der Oberengel sah ihnen nach und schüttelte den Kopf. "Nun habt ihr die Tränen gewählt", flüsterte er.

"Und so ist es auch geblieben", meinte die freundliche Dame. "Und jede Mommy und jeder Daddy weiß das. Wenn sie euch in ihr Herz schließen, wissen sie, daß ihr sie eines Tages verlassen werdet und sie weinen müssen."
Der kleine rote Kater setzte sich auf. "Warum nehmen sie uns dann zu sich?" fragte er erstaunt.
"Weil auch nur eine kurze Zeit eurer Liebe den Kummer wert ist."
"Oh", sagte der kleine Kater und starrte wieder in den Teich. Da war noch immer das Bild seiner Mommy, weinend. "Wird sie jemals aufhören zu weinen?"

Sie nickte. "Sieh, der Oberengel bedauerte die kleinen Engel. Er konnte die Tränen nicht wegzaubern, aber er mochte sie besonders." Sie tauchte die Hand in den Teich und ließ das Wasser von ihren Fingern tropfen. "Er machte heilende Tränen aus diesem Wasser.
Jede Träne enthält ein bißchen von der glücklichen Zeit und all dem Schnurren und Streicheln und der Freude an Dir. Wenn Deine Mommy weint, heilt ihr Herz. Es mag seine Zeit dauern, aber durch ihre Tränen fühlt sie sich besser. Nach einiger Zeit wird sie nicht mehr so traurig sein, wenn sie an Dich denkt, und sich nur der schönen Zeit erinnern. Und sie wird ihr Herz wieder für einen neues Kätzchen öffnen."
"Aber dann wird sie eines Tages wieder weinen!"
Die Dame lächelte ihn an und stand auf. "Aber sie wird auch wieder jemanden liebhaben. Daran wird sie denken".

Sie nahm Big Boy und Snowball in ihre Arme und kraulte Morgan genau dort am Ohr, wo sie es so mochte. "Sieh nur, die Schmetterlinge kommen. Sollen wir nicht spielen gehen?"
Die anderen Tiere liefen voraus, aber der kleine rote Kater wollte seine Mommy noch nicht verlassen. "Werden wir jemals wieder zusammen sein?" Die freundliche Dame nickte. "Du wirst in den Augen jeder Katze sein, die sie ansieht. Und sie wird Dich im Schnurren jeder Katze hören, die sie streichelt. Und spät in der Nacht, wenn sie einschläft, wirst Du ihr nahe sein und ihr werdet beide Frieden haben. Und bald, eines Tages, wirst Du ihr einen Regenbogen senden, damit sie weiß, daß Du in Sicherheit bist und hier auf sie wartest."

"Das gefällt mir", sagte der kleine rote Kater und warf einen letzten langen Blick auf seine Mommy. Er sah ihr Lächeln unter ihren Tränen und wußte, daß ihr eingefallen war, wie er fast in die Badewanne gefallen wäre.

"Ich hab' dich lieb, Mommy", flüsterte er. "Es ist schon okay, wenn Du weinst".

Er blickte zu den anderen, die spielten, und lachten mit den Schmetterlingen.

"Oh, Mommy! Ich gehe jetzt spielen, okay? Aber ich werde immer bei Dir sein, das verspreche ich."
Dann wandte er sich um und lief den anderen nach.....

 
Diese Geschichte wurde von Pam Edgemon, Mikimew- Persians, verschickt.
Als Autorin wurde Anne Kolaczyk, 05.02.98, angegeben.

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...Schwarzer Engel ohne Flügel...

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Celina - Staffordshire Hündin
*1996 bis 2003

 

Kapitel 1, Lebens-Station 1
…bis 18. Mai 1996
Kurze Vorgeschichte:
 
Ein kleines Dorf in Hessen. Hier lebten 1996 Familie Jacobi und Familie Schmidt. Der blonde Labrador der Schmidts deckte die schwarze Staffordshire Terrier-Hündin der Jacobis. Man nahm dies eher gelassen zur Kenntnis. Es war ja schliesslich nicht verboten. Eine der daraus entstandenen Hunde war Celina.
 
Celina hatte rabenschwarzes, kurzes Samt-Fell und war gut bemuskelt…mit einem breiten Grinsen um die Hundeschnauze und Knicköhrchen, liebevolle Sorgenfalten zwischen den grossen rehbraunen Hundeaugen… Celina wurde im Frühjahr 1996 als Staffordshire (-Mix) geboren.
Mit knapp 8 Wochen zog sie zu Familie Maurer: Das Ehepaar Horst und Maria Maurer, sowie deren 15jährige Tochter Maren. Die Jacobis hatten bis dahin alles „für ihre Welpen getan“, doch mit dem Auszug der kleinen Hunde legten sie auch sämtliche Verantwortung für das weitere Leben der wachsenden Welpen, IHRER WELPEN, ab.
Einmalig aus Versehen zu Hobbyzüchtern geworden, sahen sie ihre Möglichkeiten damit als bestens erledigt an.
 
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Kapitel 2, Lebens-Station 2
Mai 1996 – Januar 1998
Welpe Celina bei Familie Maurer

 
Die Sonne wirft auch erste Schatten Celina wuselte durch das Haus und dem aufregenden grossen Garten der Maurers. Im hinteren Teil des Gartens war eine Ecke abgeteilt, wo Celina auch mal herzhaft buddeln und sich lösen durfte.
Celina lernte schnell, das genau dieses eben auch nur genau dort erwünscht war. Horst Maurer fuhr schon morgens um 5 Uhr weg zur Arbeit und kam nie vor fünf Uhr abends wieder. Meist sogar noch später. Anfangs spielte er dann noch mit Celina, doch bald war er dazu zu kaputt.
Maren Maurer besuchte die 10. Klasse der Realschule. Bevor sie zur Schule aufbrach, joggte sie eine kleine Runde mit Celina. Wenn Maren dann zur Schule war, kam die Zeit von Hausfrau Maria Maurer und ihrem schwarzen Schatten.
Maria genoss es, nun auch tagsüber etwas Lebendiges um sich zu haben und sprach den ganzen Vormittag mit freundlicher Stimme mit Celina. Celina wackelte Rute-wedelnd jeden möglichen Schritt der freundlichen Menschen-Frau mit und lauschte aufmerksam dem melodischen Klang der Stimme.
Maria hatte eigentlich keine grosse Lust mit Celina spazieren zu gehen und die Erziehung zu übernehmen, das überließ sie ihrer Tochter.Doch die Hausfrau und die Hündin genossen die intensive Zeit miteinander und Celina lernte vieles einfach nebenbei, schon bald, wenn Maria sagte „Ich muss jetzt staubsaugen“, lief der pfiffige Welpe vor zum Wandschrank, in dem der Staubsauger stand.Und wenn Maria Maurer die Küche fegte, saß Celina aufmerksam dabei und wartete ungeduldig auf das Kommando„Handfeger“, den sie dann voller Freude brachte.
 
Celina wollte dem Menschen, der den ganzen Tag für sie da war, einfach nur gefallen und sie gefiel diesem Menschen. Manchmal kam auch die Nachbarin vorbei. Oft brachte sie ihren wilden Sohn Momo mit und dieser und die Hündin Celina genossen Tobe- und Kuschelspiele.
Celina lernte schnell mit Menschenkindern vorsichtig umzugehen und wenn es ihr genug war, ging sie einfach davon.Doch eigentlich war Celina viel zu geduldig und auch zu verspielt, um wirklich mal genug zu haben und so ließ sie sich nie lange bitten, die nächste Spielrunde einzuläuten.
Momos Mutter und Maria Maurer beobachteten lächelnd das Spiel des ungleichen Paares. Wenn die 15jährige Maren von der Schule kam, wurde erstmal mit Celina getobt.
Noch bevor sie ihrer Mutter auch nur Guten Tag sagte.Maren nahm die vorher abgesprochene Aufgabe der Hunde-Erziehung sehr ernst und opferte einen grossen Teil ihres Taschengeldes für die Hundeschule im Nachbar-Ort.
Celina war ein kleiner Star der Spielgruppe dort und lernte schnell und immer voller Begeisterung. Celina lernte problemlos Komm, Bei Fuss, Sitz, Platz, Mach Rolle, Gib Pfötchen, Schäm Dich, Links und Rechts.
Und einige andere Kunst-Stückchen. Und da sie so ein begeisterter Schüler war, lernte sie diese Befehle sowohl auf Stimme wie auch auf Sichtzeichen.
Ebenso gab es in der Hundeschule immer wieder die Möglichkeit zum Spiel mit Artgenossen, was Celina über alles liebte. Sie lernte ihre Kraft gemäßigt einzusetzen und damit die Hundepartner nicht zu überrollen.
So konnte man Celina ausgelassen mit dem Berner-Sennenhund Josh spielen und rangeln sehen und im nächsten Moment lag sie sich kaum bewegend am Boden, um die beiden Langhaardackel-Welpen, die auf ihr herum sprangen, nicht zu verletzen. Auch außerhalb des Hundeplatzes hatten Maren und Celina viele Freunde. Beinahe täglich gingen sie mit einem Podenco spazieren und trafen meist noch andere Hunde.
Celina lernte vom Chihuahua bis zur Dogge alle Hunderassen kennen und stellte sich sozial und Instinkt-sicher auf diese ein.Jeder Mensch, ob klein oder gross und jeder Hund, ob klein oder gross, war begeistert, Celina unterwegs zu treffen.Diese offene Freude machte aus der wachsenden schwarzen Hündin eine sehr freundliche Hündin, deren Rute sich ständig vor Freude und Lebenslust wie ein Propeller im Kreis drehte.
Niemand hier hatte Angst vor Celina oder vor der Rasse der Staffordshire Terrier. Maren bereitete ihre Hündin Celina auf die Begleithunde-Prüfung vor.
Auch zeigte diese bereits viel Freude an leichten Agility-Übungen und legte viel Talent in erste Versuche zur Ausbildung als RettungshundIn ihren ersten 1 ½ Jahren lernte die Hündin ausschließlich die Sonnenseiten des Lebens kennen. Celina machte Freude – und machte sich Freunde!- wo immer sie mit ihrem Teenager-Frauchen auftauchte.
Gleichzeitig begann sich aber ab Celinas 18. Lebensmonat doch ein kleiner Schleier auf die Leichtigkeit des Seins der Hündin zu legen.
Maren schien irgendwie enttäuscht, das Celina auf jeden anderen Menschen ebenso hörte wie auf sie und sogar zu ihrer Mutter noch eine tiefere Bindung zu haben schien als zu ihr. Außerdem war sie das erste Mal so richtig schwer verliebt und teilte ihre Freizeit nun lieber mit dem Jungen als mit Celina.
Horst und Maria Maurer stritten laut, sobald Horst von der Arbeit heimkam. Schon lange würdigte er der Hündin keinen Blick mehr und Celina war sehr verunsichert dem Herrn des Hauses gegenüber.
Mit ihm verband sie kaum schöne Momente, aber immer, wenn er kam, schien sich die Stimmung zu verschlechtern und niemand kümmerte sich um die manchmal dadurch verunsicherte, traurig in der Ecke sitzende Celina.
Einmal schien die Stimmung des Ehepaar Maurers nicht ganz so schlecht und sie nahmen sich zärtlich in die Arme. Celina war ausser sich vor Glück, erinnerte sie diese Szene doch stark an ihre ersten so sorglosen und glücklichen Monate bei dieser Familie, und sie sprang tollkühn und bellend an Horst Maurer hoch.
Dieser trat der Staffordshire Hündin in den Bauch und schnauzte „Hau ab, blöde Töle!“ Und der nächste Menschen-Streit war der Schlimmste, den die Hündin Celina je erlebt hatte. Maria Maurer schrie in Tonlagen, die die Hündin von ihr bis dahin nicht kannte und die ihr Angst machten.
Horst Maurer warf brüllend ein Glas durch die Gegend und haute immer wieder drohend mit der Faust auf den Tisch. Celina saß zitternd in ihrem Körbchen. Und da saß sie von nun an immer, wenn Horst Maurer nach Hause kam.
 
Knapp 1 ½ jährig, 58cm hoch und 34kg wunderschön geschmeidig bemuskelt, verlor die Hündin etwas von ihrer unvoreingenommenen Fröhlichkeit und war eigentlich viel zu ruhig für so einen jungen Hund.
Doch die Menschen waren viel zu sehr mit sich selbst beschäftigt, um zu merken, dass die junge Hündin völlig verwirrt war. Maren flüchtete viel zu anderen Jugendlichen, niemand aus ihrer Familie nahm wahr, dass sie die erste Enttäuschung in der Liebe verarbeiten musste.
Sie hatte inzwischen ihren Realschul-Abschluss mit Bravour in der Hand und wusste noch immer gar nicht so recht, was sie werden sollte. Als sich dann die Gelegenheit ergab, auf einem Reiterhof ein Praktikum zu machen, sagte sie spontan zu. Maren ritt seit ihrem 6. Lebensjahr und verbrachte seitdem auch alle Sommerferien und oft auch noch die Herbstferien dort.
Der Reiterhof lag weit entfernt und Maren sollte dort für ein Jahr hin, hätte danach auch die Möglichkeit dort eine Lehre als Pferdewirtin zu machen.
 
Es war die Nacht vom 1. auf 2. Dezember 1997 als Maren weinend neben Celina lag und ihrer Hündin versprach, sie ganz oft zu besuchen. Celina spürte die Traurigkeit ihres kleinen Frauchens, aber auch die unendlich große Zärtlichkeit in der Stimme und hörte aufmerksam zu.
Celina liebte diese Zwiegespräche zwischen Hund und Mensch. Auch wenn sie die Fülle der menschlichen Wörter kaum verstand, genoss sie einfach die sanft-vertraute Zweisamkeit zwischen sich und ihren Menschen.Sie hatte ihren hübschen schwarzen Kopf zwischen ihre Vorderpfoten gelegt, die Knickohren aufmerksam aufgestellt und mit ihren braunen Kulleraugen beobachtete sie sorgfältig die Miene des traurigen Menschens vor sich.
Wenn Maren von den Pferden sprach, wurde ihre Stimme wieder ein klein wenig hoffnungsvoller und Celina wedelte zaghaft mit der schwarzen Rute.
In dieser Nacht nahm Maren die schwarze Schönheit mit in ihr Bett und schnell war das seidig-schwarz-glänzende Fell der Hündin von Tränen durchnässt. Am nächsten Morgen fuhr Maria die Tochter weg. Maren verschwand aus dem Leben der jungen Hündin.
Horst blieb zuhause, trank sehr viel Alkohol und schimpfte die ganze Zeit vor sich hin. Und Celina bekam eine dunkle Ahnung von Einsamkeit und Traurigkeit und saß ängstlich zitternd in ihrem Körbchen. Das Zittern ließ erst nach, als Maria am nächsten Tag heimkam.
Doch auch Maria umgab eine Traurigkeit, eine Schwere, die der Hund nicht begreifen konnte. In den folgenden Wochen redete sie kaum mit Celina, strich ihr nur manchmal sehr traurig über den Kopf. Die Hausarbeit, die immer beiden soviel Freude gemacht hatte, machte Maria Maurer nur noch seufzend. Nur der wilde Momo, der Sohn der Nachbarin, spielte und tobte weiterhin ausgelassen mit der Hündin,wann immer sich die Gelegenheit dazu erbot und Celina sehnte täglich die Minuten herbei, an denen der kleine Mensch vom Kindergarten kam und gemeinsam buddelten sie Löcher, versteckten sich hinter Büsche und bestanden viele wilde Abenteuer.
Die Begeisterung des kleinen Kindes weckte auch in Celina wieder und wieder die Begeisterung für Menschenkinder.Dabei war Celina immer vorsichtig und einfach nur an der Seite des kleinen Bengels.
 Niemals war sie so wild wie Momo selbst und die Erwachsenen konnten sich 100% auf Celina verlassen. Manchmal kamen fremde Menschen und schauten sich das Haus an. Wenn diese dann weg waren, weinte Maria. Horst kam irgendwann gar nicht mehr nach Hause. Horst war aus Celinas Leben verschwunden. Wie ja kurz zuvor bereits Maren. Und ganz am Anfang ihres Lebens die Familie Jacobi.
Celina verstand nicht, was passierte. Wollte jedoch ihrem Frauchen Maria nicht noch mehr Kummer bereiten und wartete so einfach immer nur artig auf ein liebes Wort, auf einen kleinen Spaziergang, auf eine kleine Streicheleinheit.Manchmal unternahm ja Maria auch noch kleine Kuschelrunden mit Celina und die Hündin zwang sich weiter dazu artig abzuwarten und jedes bisschen Liebe einfach nur dankbar anzunehmen.
Und Maria?War einfach froh, um die selbstlose Treue der Hündin und nahm diese selbstverständlich an. Celina war der Haltepunkt in ihrem Leben, um nicht völlig zu verzweifeln.
Und auch der Kontakt zur Gesellschaft! Der Draht zur Welt ausserhalb ihres eigenen Kummers.

 
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3. Kapitel, Lebens-Station 3
Januar 1998 – Mai 1998
Celina und Maria in der Stadt

 
Die Schatten werden länger Maurers trennten sich bald endgültig, das Haus wurde verkauft und Maria Maurer zog mit dem Hund in die entfernte Großstadt in eine 2-Zimmer Wohnung.
Nachdem Maria Maurer schon vorher bei ein paar Vermietern gemerkt hatte, dass ein Hund zwar kein Problem sei, ein Staffordshire aber eben doch, hatte sie bei der Besichtigung dieser Wohnung angegeben, einen Labrador-Mix zu besitzen, was ja auch noch nicht mal wirklich gelogen war.
Nur hatte Celina wirklich wenige Äußerlichkeiten von ihrem Hundevater geerbt, sie sah halt aus wie eine Staff-Hündin und es begannen erste Stimmen lauter zu werden, dass diese Hunde eventuell gefährlich sein könnten.
Tierschützer machten bereits seit mehreren Jahren darauf aufmerksam, dass diese Hunderassen für höchst merkwürdige Zwecke missbraucht werden. Doch das wollte niemand hören! Maria drückten diese zusätzlichen Probleme schwer auf der Seele.
Wenn sie aber in Celinas geduldigen und treuen Augen schaute, versprach sie ihr in die Pfote, sie niemals im Stich zu lassen.So wie Celina immer für Maria da gewesen war, so wollte Maria immer für Celina da sein.
Ihr kleiner schwarzer Engel, der sie im Alltag aufrecht hielt und wirklich immer nur lieb, brav und einfach da war. Am Tag ihres Einzugs kam auch der Vermieter vorbei und regte sich sehr über Celina auf. Maria bot all ihre innere Stärke auf …Schliesslich erlaubte er den Einzug doch, aber drohte ihr bei den kleinsten Beschwerden von Nachbarn Konsequenzen an.
Celina war wieder einmal sehr verwirrt, von der nicht greifbaren schlechten Stimmung, die Maria Maurer zu umgeben schien, sobald ein männliches Wesen aufkreuzte und zog sich still in ihr Körbchen zurück, das bereits in der engen Wohnung stand.
Die Hündin hatte in ihrem jungen Leben gelernt, das stilles Abwarten am schnellsten zur ersehnten Harmonie zurückführte.Und als der Mann weg war, schien ihr Menschen-Frauchen sehr erleichtert und Maria lud die Hündin ein, neben ihr auf dem Sofa Platz zu nehmen und Celina hörte wieder einmal aufmerksam und tröstend den Worten von Frau Maurer zu.
Maren Maurer wurde von ihren Eltern vor vollendete Tatsachen gestellt und zog die Konsequenz, Abstand zu ihren Eltern zu halten und diese erstmal zu ignorieren.
Es war inzwischen klar, dass sie im Sommer die Ausbildung als Pferdewirtin beginnen würde. Sie hatte auch gefragt, ob sie Celina holen dürfe, doch die sonst sehr netten Reiterhof-Betreiber stellten sich da völlig stur und wollten auf keinen Fall >so einen Hund auf dem Ferien-Hof< Maren bat ihren Hund in Gedanken um Abbitte und versprach, ebenfalls via Gedanken-Gruss, Celina zu sich zu holen, sobald sie ihr Leben geregelt hätte.
 
Sie hielt oft gedankliche Zwiegespräche mit der Hündin, doch wieder gesehen hat sie diese eine sehr lange Zeit nicht. Maria Maurer nahm eine Stelle bei einer Gebäude-Reinigungs- Firma an und war nun von 7 Uhr bis 12.30 Uhr ausser Haus und Celina alleine in der lauten und kleinen Stadt-Wohnung.
Etwas, was Celina nie wirklich gelernt hatte, denn bis dato war eigentlich immer jemand da und wenn sie mal ein Stündchen alleine gewesen war, hatte sie die Möglichkeit gehabt, auch in den Garten zu laufen.Hier hatte die Staffordshire Hündin auf einmal nur noch die Möglichkeit, wartend in ihrem Körbchen zu liegen.
Celina vermisste Sand und Gras unter ihren Pfoten, die Hündin trauerte auch um ihren kleinen wilden Menschenfreund Momo und sehnte sich nach langen Wanderungen durch den heimischen Wald, sowie nach wilden Renn- und Tobespielen mit anderen Hunden, aber auch nach den Aufgaben auf dem Hundeplatz mit Maren.
Ihr einst so spannendes und von Liebe und Stolz begleitetes Leben verlief trist und eintönig. Wenn Maria von der Arbeit kam, ging sie mit Celina spazieren. Das war so ziemlich das Einzige rund um den Hund, was sie noch nie besonders gerne gemacht hatte.
 
Doch nun war sie mehrmals täglich dazu gezwungen. Und so sehr sie die schwarze Hündin Celina liebte, so sehr war sie von diesen Spaziergängen auch genervt. Und angestrengt.Denn die Spaziergänge mit der Staffordshire-Hündin wurden langsam zu einer Art Spießruten-Lauf.Der Ruf der Rasse Staffordshire-Terrier wurde immer schlechter und die Menschen schienen beinahe froh, ein Feindbild zu haben.
So machte sich kaum jemand die Mühe, Celinas tolles Wesen kennen zulernen, sondern man zeigte lieber angewidert mit dem Finger auf den Hund.
Im Stadtpark musste Celina die ganze Zeit an der Leine bleiben und die anderen Hundebesitzer duldeten keine Kontaktaufnahme.
Das so lebensfröhliche Power-Paket Celina wusste schon bald nicht mehr wohin mit all der Energie und begann beim Spazieren gehen, die ganze Zeit über aufgeregt zu bellen. Bald ging Maria nur noch 10 Minuten mit Celina und dies auch nicht öfter als 2mal am Tag.
Danach brachte Maria die Pelznase heim und erledigte allerlei der vielen menschlichen Aufgaben, ging aber oft auch einfach nur genießerisch Schaufenster bummeln, um ihre Gedanken zu ordnen.Luft holen, ohne angefeindet zu werden.
Celina saß dann zuhause und weinte ihre Einsamkeit und ihre aufgestaute Energie, aber auch ihre Unsicherheit, aus sich raus. Anfangs leise winselnd im Körbchen, dann immer lauter werdend. Manchmal klopften dann die anderen Bewohner des Mehrfamilienhauses an die Wohnungstür und Celina bellte aufgeregt und freudig in der Hoffnung, dass der Mensch da vor der Tür sie zu einem aufregenden Spaziergang abholen wolle.
 
Celina weinte vielleicht um ihr Leben, das sie geführt hatte: Als Hund mit Denkaufgaben, körperlicher Auslastung und vollem Familienanschluss.Nun war sie ein einsamer Stadt-Hund und wartete immer nur darauf, dass Maria heimkam. Und wenn die dann heimkam, war auch nichts mehr wie früher.
Celina spürte, dass da bald die nächste Veränderung auf sie zukommen würde. Die Nachbarn hatten Angst vor der muskulösen Hündin und verwechselten ihr lachendes Hundegesicht mit dem Gesichtsausdruck eines angreifenden Hundes.
Das Jaulen Celinas nahmen sie zum Anlass, sich über den „unberechenbaren Hund“ zu beschweren. Marias Vermieter schickte einen Brief, mit der Auflage, den Hund sofort aus dem Wohnhaus zu entfernen. Maria hatte keine Kraft mehr um Celina zu kämpfen.
Sie wollte nun erstmal um ihr eigenes Leben kämpfen. Den Gedanken, dass die schwarze Staff-Hündin all die letzten Monate ihr einziger Lebenshalt gewesen war, verdrängte sie dabei erfolgreich. Schließlich und schlussendlich „war doch Celina nur ein Hund“!
Maria Maurer verteilte Zettel in den Einkaufsläden ihrer Umgebung. Auf denen sie ein neues Zuhause für Celina suchte. Am 18. Mai 1998, 2 Jahre nach dem Einzug des kleinen schwarzen Welpen bei den Maurers, nachdem das Glück für Celina so perfekt erschienen war wie der 6er im Lotto, wurde die treue vierbeinige Freundin per Handschlag weitergegeben an die Studentin Carmen.
Die versprach, sich nach besten Wissen und Gewissen um Celina zu kümmern. Maria verlangte keine Schutzgebühr, machte keinen Vertrag, wusste von Carmen keinen Nachnamen, sondern verließ sich eher erleichtert und nur leicht zögernd auf das „gute Gefühl, für den Hund das Beste gemacht zu haben“ Maria Maurer verschwand einfach so von einem Tag auf den anderen aus Celinas Leben.
Celina verstand die Welt nicht mehr! Am 18. Mai 1998, an ihrem zweiten Geburtstag, verließ die Hündin an der Seite einer fremden Frau –ihrem neuen Frauchen Carmen- , den Menschen, für den sie ihr eigenes Leben ohne zu zögern gegeben hätte.

 
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4. Kapitel, Lebens-Station Nr.4
Mai 1998 – Juni 1998
Celina und Carmen
 
Auch wenn die Sonne nur kurz scheint, scheint sie in diesem Moment hell …und wirft Schatten!Carmen studierte BWL und war gerade von ihrem Freund verlassen wurden. Ihre Eltern gaben Carmen finanziell alles, was die Studentin nur wollte und so füllte Carmen ihre Einsamkeit mit Celina. Carmen hatte ein langes Gespräch mit Frau Maurer geführt und spürte wirklich einen tiefen Willen in sich, für diese Hündin zu sorgen.
Carmen war zwar oft gedankenlos, aber nicht herzlos und so erkannte sie mit sicherem Gespür, die kalte Faust der Unsicherheit und Angst, die das Hundeherz umgab. Und sie versprach der Hündin, immer gut für sie zu sorgen.
Celina hörte -wie immer- aufmerksam der menschlichen Stimme zu und ihre Rute wedelte freudig erregt, da diese Zweisamkeit wieder da war, die die Hündin doch so sehr liebte und brauchte. Carmen nahm Celina überall mit hin, beim Fernsehgucken saß Celina neben ihr auf dem Sofa und manchmal teilten sie sich sogar eine Tüte Chips.
Abends lag sie mit im Bett eng an Carmen gekuschelt. Am Tage fuhr Carmen mit ihrem knallrotem VW-Beatle-Cabrio und der süßen schwarzen Hündin oft in den Wald und liess auf einsamen Wegen Celina auch frei laufen.
Celinas Lebenslust kehrte sehr schnell zurück.Nach nur wenigen Tagen reagierte sie auf das kleinste Kommando ihres neuen Menschen und dankte mit Treue und Freundlichkeit.All ihr hündisches Urvertrauen steckte sie in diese junge Menschen-Frau, so dass sie auch wieder problemlos ein paar Stunden alleine blieb, wenn Carmen an der Uni war.
Danach gab’s ja Freizeit für und mit dem Hund pur.Die Abende verbrachten sie oft an einem Baggersee. Abends war es noch recht frisch und die Badegäste gingen nach Hause, das war dann die Zeit für übermütige Wasserspiele zwischen Carmen und Celina. Und die ganze Zeit arbeitete Carmen dabei die Vergangenheit mit ihrem Exfreund auf.
 
Celina hörte freudig gespannt zu.Diese Zweisamkeit, in der eine freundliche weibliche Stimme viele Worte zu ihr sprach, diese Zweisamkeit machte die Stafford-Shire Hündin in wenigen Tagen wieder glücklich. Denn damit verband die Hündin ihr erstes absolut sorgloses Lebensjahr, damit wurde sie vom tapsigen Welpen zum glücklichen Hunde-Teenie.
Celina war wieder einmal binnen kürzester Zeit genau das, was der Mensch vom Hund erwartet: Sie war einfach der beste Freund des Menschen, dabei selbst völlig anspruchslos. Als Carmens Exfreund Marc wieder auftauchte, schwebte Carmen auf rosaroten Wolken und während sie Marc noch etwas zappeln liess, überschüttete sie Celina mit Zärtlichkeiten und Aufmerksamkeit.
Als Marc dann nach kurzer Zeit wieder einzog, flog Celina erst aus dem Bett und schliesslich auch vom Sofa.Doch da Carmen so glücklich war, war es Celina auch. Celina liebte und wurde geliebt, mehr wollte die Hündin doch nie vom Leben. Als Marc dann anfing von einem kompletten Neuanfang zu sprechen, von Semesterferien in den USA…da hatte Carmen nur kurz ein schlechtes Gewissen der neuen vierbeinigen Freundin gegenüber; verschenkte die Hündin dann aber kurzerhand an eine WG in Hannover, wo auch ihre Cousine Kati wohnte.
Sie brachte Celina dorthin, ließ der Mädchen-WG eine Menge Geld da und hatte damit ihrer Meinung nach „das Beste für den Hund getan!“ Nach zwei kurzen aber sehr intensiven Monaten verschwanden Marc und Carmen einfach aus Celinas Leben.Celina blieb wieder einmal verwirrt in einem für sie völlig neuem Leben bei völlig fremden Menschen zurück.
 
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5. Kapitel, Lebens-Station Nr. 5
Juni 1998 – Mai 2001
Celina in der Mädchen WG

 
Vom Schmusehund zur Kampfbestie! Die Sonne hat nicht immer genug Kraft zum wärmenIn der WG lebten 3 junge Frauen zwischen 18 und 22 Jahren und zwei Katzen. Celina hatte bisher noch keine näheren Kontakte mit Katzen gehabt, doch die drei Frauen Kati, Maja und Jule ließen soviel Geduld und Tier-Verstand mit einfliessen, das die schwarze Hündin und die beiden schwarz-weiß gefleckten Katzen schon nach 4 Wochen zusammen im Körbchen lagen.
Die Katzen Dascha und Minou hatten schon allerlei Besucherhunde erlebt und zeigten sich neugierig aufgeschlossen. Während die ältere Dascha vor allem genoss, angekuschelt an der Hündin zu dösen, entwickelten Minou und Celina ihre ganz eigene Art, in der Wohnung miteinander zu spielen.
Und selbst auf Spaziergängen sah man oft die Katze Minou als Begleiterin an der Seite der großen schwarzen wunderschönen Hündin. Celina mit ihrem sanften und sensiblen Wesen war nach nur knapp vier Wochen der Mittelpunkt der Mädchen-WG und die vertraute große Freundin der miauenden Samtpfoten.
Die Mädchen wurden öfter skeptisch-neugierig nach der Rasse der schwarzen, kräftigen Hündin gefragt und antworteten zielsicher und lachend: „Stoff-Terrier!“ Wenn die Mädchen da so ausgelassen lachten, stand ihr „Stoff-Terrier“ glücklich die Rute schlagend daneben und ihr Vertrauen zum Partner Mensch war wieder aufgebaut und unendlich gross.
Jule war mit 22 die Älteste und arbeitete als Krankenschwester. Maja war ihre 18jährige Schwester, die gerade eine Ausbildung zur Floristin machte und Kati eine 20jährige Lehramt-Studentin, die auch die Katzen mit in die WG gebracht hatte. Eigentlich war immer eine von den dreien für Celina da und wenn Freunde kamen oder Urlaub angesagt war, dann war auch Celina dabei.
 
Auch lernten sie im nahen Stadt-Park Leute kennen, die keine Angst vor Celina hatten und endlich durfte Celli, wie sie nun meistens gerufen wurde, erstmals wieder offiziell frei laufen und mit anderen Hunden spielen.
Celli dankte es mit Verlässlichkeit und absoluter Unkompliziertheit. Das Leben war wieder leicht und Celina war es auch. Das schönste Erlebnis war für Kati, als sie mit der Hündin im Wald spazieren ging –Celli hatte inzwischen schon wieder rund um die Uhr ihr berühmtes Lachen im Gesicht- als ein ca. 2jähriger Menschen-Steppke auf den Hund zulief; „Hund-ei,Hund-ei“ rufend und der Papa lachend in die Richtung von Kati und der Staffordshire-Hündin rief: „Keine Angst, der will nur spielen“.
Celina liebte nach wie vor Kinder und ließ diese tollpatschigen kleinen Finger mit einer beispiellosen Geduld durch ihr Fell wandern. Ihr ausgelassenes Temperament schraubte sie dann stets auf ein Minimum herunter und nie hätte sie ein Kind auch nur aus Versehen umgerannt.
Celli war durch und durch ein verlässlicher Hund. Ihre drei Frauchen hatten alle feste Freunde, aber auch diese hingen mit männlicher Zärtlichkeit am schwarzen Vierbeiner und Celina entwickelte auch wieder Vertrauen zu Männern.
Die Mädel-WG war in Celinas jungem Leben nicht ihr erstes Zuhause. Doch ,ganz dem Wesen des treuen Freund des Menschen entsprechend, zeigte Celli immer wieder die Fähigkeit, sich neu und unvoreingenommen zu binden.
Ihre Sensibilität, ihr Willen dem Menschen zu gefallen, machten aus ihr einen ganz besonderen Hund. Und alle, die Celina, die schwarze Staffordshire-Hündin, kennen lernten, freundeten sich schnell mit ihr an.
Einer sprach sogar von der „Wiedergeburt Lassies im schwarzen Fell“! Und ihr Lerneifer, die schnelle Auffassungsgabe, der Mut der Hündin, alles zu tun, was die Menschen wohl erwarteten, gepaart mit eigener Kombinationsgabe, hätte selbst Kommissar Rex blass werden lassen vor Neid.
Celina hatte alle Charakterzüge eines gut-sozialisierten Staffs in sich verankert: kinderlieb, flexibel, lernwillig, wasserfreudig, sozial, hohe Toleranzschwelle, verspielt… Aber diese Wesenszüge sprach man dem Staffordshire-Terrier allmählich ab.
 
Obwohl bereits Diskussionen um sogenannte Kampfhunde immer lauter wurden (in denen die Warnungen von Tierfreunden aber weiterhin komplett ignoriert worden), hatte Celina eine glückliche Zeit und wurde allmählich ein sicherer Stadthund, der auch brav mit Strassenbahn fuhr oder im Cafe artig unter dem Tisch lag. Celina hatte gelernt, sich auf den Befehl „Mach fein“ zu lösen, so dass die Mädels etwas beeinflussen konnten, wo Celina machte und es auch in dieser Beziehung keinen Anlass zum Ärger gab.
Alle hatten Spaß mit diesem tollen Hund! Celina gehörte in ihrer Wohngegend einfach dazu und war wieder ein fröhlicher ungezwungener und vor allem sehr sozialer Hund, der liebte und geliebt wurde.
Ein Staffordshire-Terrier wie es viele gab und doch ein ganz besonderer Hund, wie jeder Hund für seinen Menschen etwas ganz besonderes sein sollte.
Dann passierte dieses Unglück in Hamburg, wo der kleine Volkan von einem Hund der gleichen Rasse wie Celina tot gebissen wurde. An diesem Unglück war der kleine Volkan 100% unschuldig… …aber Celina doch auch!
Welche Schuld könnte die in Hannover lebende Hündin an einem Unglück in Hamburg treffen?Wenn ein Mercedes-Fahrer bei Rot über die Ampel fuhr, würde man ja auch nie darauf kommen, allen Mercedes-Fahrern für vier Wochen den Führerschein zu entziehen.
Dieses Unglück des kleinen Jungen Volkan war ohne Frage mehr als schrecklich. Und so unnötig und grausam. Aber ebenso ohne Frage war es nicht die Schuld der Hündin Celina! Dann überschlugen sich die Presse-Meldungen mit Berichten über Opfer von Kampf-Hunde-Attacken.
Denn endlich konnte die Presse Schlagzeilen bringen. Der Staffordshire-Terrier…ein beisswütiger Kampfhund! Tatsächlich gab es in zwielichtigen Szenen viele- vor allem junge- Männer, die ihr nicht vorhandenes Selbstbewusstsein mit dieser muskulösen Hunderasse aufpolierten. Darauf machten Tierfreunde ja seit Jahren aufmerksam!
Gerade diese Hunderasse war bekannt dafür, alles zu tun, was ihr Mensch von ihnen verlangte und wenn man nur ordentlich suchte, fand man auch Menschen, die Opfer von Beißattacken von scharf gemachten Hunden waren.
Und diese Opfer waren unschuldig. …aber Celina auch! Doch Celina war jetzt nicht mehr der Stoff-Terrier aus der Mädchen-WG. Celina war seit diesem tragischen Unglück „eine von diesen“. Ein Kampfhund, eine Killer-Maschine, eine Bestie, unberechenbar… Kein Lassie mehr! Und erst Recht kein Rex mehr! Kein treuer Freund des Menschen!
Celina war auf einmal eine Gefahr für Menschen! Und für andere Hunde! Schlicht für alles und jeden! Celina…über die gestern noch die Menschen gelacht hatten, weil ihre Rute stets und ständig wie ein Propeller im Kreis drehte und man befürchtete, dass sie gleich in die Luft abhebe …war heute zum Kampfhund auserkoren!
Nachbarn - die vor kurzem noch liebevoll mit Celina geschmust und gespielt hatten- schrieen, wenn sie Celina sahen.Drohbriefe flatterten ins Haus, Celina durfte nicht mehr frei laufen, musste einen Maulkorb tragen…Mütter rissen ihre Kinder hoch, wenn sie Celina sichteten, die Hündin durfte nicht mehr in den Gemeinschafts-Garten des Wohnhauses der WG.Ältere Männer liefen mit der Harke in der Hand hinter Celina her und ältere Hausfrauen spuckten den Mädels und der Hündin vor die Füsse. Gestern war Celli noch ein Idol unter den Hunden, wurde gleichgesetzt mit berühmten Fernseh-Hunden wie Lassie und Kommissar Rex…
Heute schon war aber Celina gefährlicher als jeder überlebende Dinosaurier. Die Dreier-WG wurde unsicher wegen der Reaktionen der Umwelt…Celina wurde unsicher, weil sich ihr Leben wieder so schlagartig geändert hatte und all die Unbeschwertheit war auf einmal wieder weg.
Ihre Menschen flitzten meist nur noch im Dunkeln schnell mit Celli um die Ecke.Celli durfte weder in die Straßenbahn noch ins Cafe und die ganze Lebenssituation war sehr angespannt.Aber nicht einmal in all dieser Unsicherheit und Zeit der Veränderungen und Anfeindungen hat Celina geknurrt oder gar böse geguckt. In den wenigen Stunden, die Celina alleine war, begann sie wieder ihre Unsicherheit herauszuheulen. Sie war nun nicht mehr das süße schwarze Staff-Mädchen, der schwarze Engel der 3er WG, sie war nun ein Kampfhund!
Der Vermieter duldete „das“ nicht mehr und alle Gesetze und Nachbarn waren auf seiner Seite.Jule, die bisher eh am wenigsten Kontakt zu Celina hatte, war inzwischen schwanger und zog mit ihrem Freund zusammen.
Ein bisschen schlechtes Gewissen hatte sie schon, ihre Freundinnen und Celina so im Stich zu lassen, doch da die Schwangerschaft nicht ganz komplikationslos verlief, war sie auch noch mit ganz anderen eigenen Sorgen beschäftigt.
Maja hatte nun ihre Ausbildung beendet, nebenbei hatte sie in der Abendschule das Abi nachgeholt und begann nun zu studieren. Ausgerechnet am anderen Ende von Deutschland, in Bayern! In diesem Bundesland, noch dazu im Studenten-Heim, brauchte sie nicht Mal darüber nachzudenken, sich weiter um Celli kümmern zu können.
Beinahe war sie ein bisschen erleichtert darüber, die Verantwortung für den Hund somit abschieben zu können. Blieb Kati, die alleine die Miete für die WG Wohnung nicht mehr aufbringen konnte, keine neue bezahlbare Wohnung fand mit 2 Katzen und einem so genannten Kampfhund und unter grossem Druck der Öffentlichkeit stand. Ihr wurde sogar klargemacht, dass sie ihre beruflich angestrebte Laufbahn als Grundschul-Lehrerin an den Nagel hängen könnte, wenn sie sich weiter in der „Kampfhund-Szene“ rumtreiben würde!Ihre ganze Zukunft hing davon ab.
Ihre ganze Zukunft hing davon ab, sich für oder gegen eine Zukunft mit dieser Hündin zu entscheiden. Kati war nervlich am Ende und hielt dem Druck der Öffentlichkeit nicht länger stand.In ihrer Not gab Kati eine Anzeige im Tiermarkt-Anzeiger auf und gab Celina dem einzigen Bewerber mit, der sich darauf meldete. Jonas erschien Kati mit seinen knapp 50 Jahren als sehr vertrauenserweckend.Kati drückte die Katzen Dascha und Minou weinend an sich, als Celina mit Jonas um die Ecke verschwand.Sie spürte das ungute Gefühl in sich.
Sie spürte das Verlangen, Celina an sich zu reißen und zu beschützen. Doch ihr alleine fehlte der Mut. Der Mut, im Jahre 2001 einen Hund zu lieben, der ein schwarzer Staffordshire-Terrier war.
So verschwanden innerhalb kürzester Zeit nochmal sechs Menschen und zwei Katzen-Kumpel aus dem Leben der schwarzen Staff-Hündin Celina, die doch bisher einfach immer nur artig gewesen war. Und auch diese Menschen gaben, wie all die Menschen zuvor, nicht nur Celina ab, sondern auch die Verantwortung für das Leben der Hündin, die doch zuvor eine kleine Zeit lang das eigene Leben so aufgewertet hatte.

 
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6. Kapitel, Lebens-Station Nr.6
Mai 2001 (3 Wochen)
Celina wird als Kampfhund verheizt
 
In zubetonierten Hinterhöfen scheint fast nie die SonneJonas befand sich nun schon länger auf der schiefen Bahn, Drogen und Alkohol hatten ihn seinen Job gekostet, seine Frau war mit einem jüngeren Mann durchgebrannt, seine beiden Töchter hatten sich angewidert von ihren Eltern abgewandt.
Jonas hatte einen immensen Schulden-Berg und sah seine Chance mit Celina gekommen.Durch die ganze Panik- Mache in den Boulevard-Zeitungen hatte der ehemaliger Journalist recherchiert und wirklich Kontakt zur Kampfhund-Szene bekommen und er wusste, um welche Gelder es da ging.
Jonas wusste auch, das man die eigentlichen wirklichen Kampfhunde nie in der Öffentlichkeit sah und er wusste, das diese Kampfhunde, die für Hundekämpfe eingesetzt werden, dem Menschen nie was tun würden.
Sie mussten dem Menschen gegenüber den „Will-to-please“ aufweisen und das war eben auch ein Charakterzug der Staffs & Co, der es überhaupt erst möglich machte, diese Rasse so zu missbrauchen.
Also nahm er die inzwischen 5 jährige und sehr kräftig gebaute und gut bemuskelte Celina mit.Es folgte eine „Ausbildung im Hinterhof“.Unter Ausschluss der Öffentlichkeit und wahrscheinlich fern der Phantasie der meisten normalen Hundehalter:Celina bekam Schläge, mit Eisenstangen und noch glühenden Holzscheiten, wurde getreten und schwer misshandelt, immer dann, wenn ein anderer Hund in die Nähe kam, der wütend bellte.
Es wurde mit Elektro-Schocks gearbeitet, die Hündin musste hungern und dursten. Celina wusste kaum noch wohin vor Angst -und genau das wars, was die Männer erreichen wollten: Dass der Hund vor Angst irre wird! Nach 3 Wochen wurde ein bereits gedrillter Hund auf Celina losgelassen.Dieser andere Hund hatte nie etwas anderes gelernt, als andere Hunde zu töten und so ging er auch auf Celli los.
Celina wehrte sich nicht, sondern kauerte sich ängstlich in die Ecke und ergab sich ihrem Schicksal. Sie verstand nicht, was passierte… …aber wenn die Menschen sie lieber tot sehen würden, würde sie sich eben anstandslos totbeissen lassen. Der Kampf wurde von den Menschen beendet.Die fremden Menschen gingen lachend, spuckend und gröhlend mit ihrem Sieger-Hund davon und ließen Jonas verachtend stehen.
Celina war sehr schwer verletzt, und Jonas registrierte, dass er aus diesem Hund keinen Sieger in der dunklen Szene machen konnte. Dafür war Celina einfach zu lieb. Trotz oder gerade wegen ihrer Rasse-Zugehörigkeit und ihres anfänglich so wunderbaren Lebensstarts. Wütend drückte Jonas eine Kippe auf dem zerschundenen Körper von Celli aus und steckte diese dann in einen Jute-Sack, lud den ins Auto und schmiss den Sack, dessen Inhalt die verletzte Hündin war, bei nächster Gelegenheit über eine Brücke.Keiner hatte ihn dabei gesehen.
 
Und wenn doch: Keiner würde sich mit ihm anlegen.Menschen wie Jonas sind nicht unschuldig. Aber Menschen wie Jonas sind stark, manchmal einflussreich, auf jeden Fall aber sehr gewalttätig. Da ist es für die anderen Menschen und die Boulevard-Presse halt einfacher, auf Hunde wie Celli zu schimpfen, als auch nur einmal auf Menschen wie Jonas zu schimpfen.
Und diese Hunderasse dann zu verbieten, war weitaus einfacher, als sich Gedanken darüber zu machen, welcher Stelle unser gesamten Gesellschaft so versagt haben könnte, dass Menschen wie Jonas so einflussreich werden konnten...
Zumindest einflussreich genug, dass lieber alle beschämt wegsehen und NICHTS SEHEN WOLLEN! Jonas dachte an die verwetteten Gelder, die ihm verloren gegangen waren. Und er freute sich an dem Gedanken, dass der Hund wahrscheinlich noch nicht ganz tot war und nun jämmerlich im Jute-Sack ersoff.

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7. Kapitel, Lebens-Station Nr. 7
Mai 2001 ( 2 Tage)
Celina unter der Brücke
 
Ein selbstgewähltes Schatten-PlätzchenCelina kam irgendwie aus dem verschnürtem Jute-Sack frei, schwamm mit letzter Kraft an Land, schleppte sich humpelnd weiter und leckte sich im Schutz von hochgewachsenen Büschen unter einer anderen Brücke ihre Wunden.
ZweiTage verbrachte sie dort.Dem Tod sehr nah.Doch sie focht den einzigen Kampf, den sie jemals gekämpft hatte: Sie kämpfte ums Überleben. Leise, still, alleine.
Ein Kampf - den sie nicht wissend- inzwischen mit vielen anderen Staffordshire-Terriern teilte und nicht zum letzten Mal kämpfen musste.

 
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8. Kapitel, Lebens-Station Nr. 8
Mai 2001 (1 Tag)
Celina und Marius
 
Wenn ein Blick wärmt wie ein starker Sonnenstrahl Marius, 12 Jahre, spielte manchmal an dieser Stelle des Flusses unter der Brücke.
Der blonde Junge mit den Sommersprossen stand gerade an der verwirrenden Schwelle vom Kind zum Teenie und er genoss oft die Einsamkeit und Stille am Fluss.Er ließ dort gerne seine Papierboote zu Wasser, aß alleine sein mitgebrachtes Butterbrot und verzettelte sich in wilden Tagträumen, in denen er stets der Held war.
Marius hörte ein leises Wimmern, ein Stöhnen und entdeckte die kraftlose Hündin.Er hatte viel mitbekommen von dem, was mit sogenannten Kampfhunden passierte. …er hat auch seine Mutter weinen sehen. Seine Mutter weinte um den kleinen Volkan…und sie weinte um die vielen unschuldigen Staffs. Um die Opfer auf beiden Seiten.
Die unschuldigen Leidtragenden!Um die Hunde, die es nun auf einmal nicht mehr geben durfte. Hunde wie Celina.Seine Mutter hatte oft gefragt: „Wo führt das nur hin, mein Kind?“ Marius beobachtete die schwarze fremde Hündin---er erkannte in ihr die Rasse, vor der viele erwachsenen Menschen Angst hatten.
Marius hatte auch etwas Angst, vor allem aber hatte er ein Gespür für Hunde und zögernd ging er Schritt für Schritt näher an Celina, die ihn ebenso aufmerksam und auch etwas ängstlich beobachtete. Marius redete mit der Hündin und Celina begann mit der Rute zu wedeln.
Ein Kind, eine sanfte Stimme…da wusste die kluge Hündin, das sie keine Angst zu haben brauchte. Und ihr kluges Gesicht entspannte sich. Und der kluge Marius sah die Hundeschnauze tapfer lächeln.
Er wusste, er spürte es in sich, dass dieser Hund ihm niemals etwas tun würde.Und –noch ganz Kind- verließ er sich auf dieses Gespür der reinen Wahrheit und näherte sich langsam dem wimmernden Vierbeiner, der sich inzwischen ganz klein machte und mit allem nur möglichen Körpersignalen anzeigte, dass von ihm keine Gefahr ausginge.
Marius verstand. Er lächelte der Hündin zu. Celina legte sich von Schmerzen gezeichnet seitlich -und die lange Rute klopfte vorsichtig und freundlich auf den staubigen Boden. Der Junge zog sein Brot aus dem mitgebrachten Rucksack und gab es Celina zu fressen. Vorsichtig nahm sie Happen für Happen aus den Fingern des kleinen Menschen.
Sie blickte ihn an. Marius blickte die Hündin an. Und er hörte zu, wie sie mit stillem Augen-Aufschlag ihre ganze Geschichte erzählte. Marius streichelte sanft über das schwarze Fell der Hündin und er sprach mit ihr und erkannte die Misshandlungen an Celina, soweit diese ein Kind erkennen kann. Celina wedelte als Zeichen gegenseitigen Verstehens und Vertrauens weiter mit der Rute.
Das Wedeln schmerzte ihren ganzen Körper und doch konnte sie nicht anders, als die Freundlichkeit des Jungen zu erwidern. Marius streichelte nochmal sanft die verletzte Hündin und versprach ihr, Hilfe zu holen. In seinen Tagträumen hatte Marius oft mit wilden Bestien gekämpft und ging als Sieger hervor.Hier unter der Brücke am Fluss, gemeinsam mit der verletzten fremden Hündin, begriff der 12jährige Junge auf einmal sehr viel von der Welt und dabei spürte er unendlichen Zorn in sich.
Und er versprach der Hündin, dass dies nun seine Chance war, wirklich ein Held zu werden. Und tief in sich, spürte er, dass er bereits ein Held war. Ein Sieger. Weil er nicht verlernt hatte, mit Tieren zu sprechen.
Sie auch stumm zu hören. Marius redete und redete auf Celina ein, das er wüsste, dass sie kein böser Kampfhund sei. Sondern eben einfach nur ein Hund…der beste Freund des Menschen…und er erzählte ihr, das er vielleicht noch klein sei, aber in dem Augenblick,als er ihr in die Augen geschaut hatte, sehr viel begriffen habe von der Welt und das er nun versuchen wolle, erwachsen zu sein, um der verletzten Hündin zu helfen.
Celina hörte aufmerksam zu und wedelte weiter mit aller Kraft, die sie aufbringen konnte, verstehend mit ihrer pechschwarzen Rute. In nur wenigen Minuten waren Marius und Celina beste Freunde.
Marius spürte, wie sehr er diese Hündin brauchte. Und die Hündin spürte, wie sehr sie dieses Kind brauchte. Liebe!Entstanden in einem zärtlichen Augenblick des Erkennens und Verstehens. Ohne wenn und aber. Einfach Liebe, sofort.Wie sie eben nur Kinder geben und empfangen können.
Und Tiere! Marius eilte davon. Seine Mutter war noch zur Arbeit, er wollte aber nicht mehr warten und fuhr –ahnend, dass es ein Fehler sein könnte- zu seinem Onkel.
Der Junge erzählte die verworrene Geschichte vom verletzten Kampfhund unter der Brücke, der kein Kampfhund sei und schließlich folgte ihm der erwachsene Mann, der gerade begonnen hatte, seinen wohlverdienten Feierabend mit einem Bier zu begrüßen.
So kam Marius mit seinem sehr skeptischen Onkel zurück zur Hündin Celina. Celina spürte sofort das Misstrauen und die Angst des erwachsenen Mannes… Celina roch das Bier und extrem verunsichert stand sie geschwächt auf.
Bereit, sich sofort zurück zu ziehen. Sie konnte sich kaum auf den Beinen halten, aber dieser Mann, und dieser Geruch, machten ihr Angst. Marius` Onkel hatte ebenfalls Angst und nahm einen großen Ast zur Verstärkung und schlug damit vor sich her in Richtung der verletzten Hündin, um diese zu beeindrucken und zu verjagen.Dabei schrie er wilde Beschimpfungen dem Hund zu und hielt mit einer Hand seinen Neffen zurück, der sich schluchzend zu befreien versuchte und doch nur der Hündin helfen wollte.
 
Celina rannte in Panik davon. Noch viele Kilometer hörte sie das verzweifelte Schreien voller verständnisvoller Liebe des Jungen und in all ihrer Panik wurde ihr doch das Herz sehr schwer, dass es ihnen nicht vergönnt war, gemeinsam nach einem Weg zu suchen. Celina verschwand aus dem Leben von Marius, und Marius verschwand aus dem Leben von Celina.
Doch auch wenn dieses gemeinsame Leben nicht einmal einen halben Tag andauerte, so wussten beide, dass sie an diesem Tag unendlich viel gelernt hatten.
Mehr, als manche Menschen in ihrem ganzen Leben lernen. Sehen, verstehen, zuhören. Vorurteilsfrei aufeinander zugehen. Signale des anderen wahrnehmen. Respekt vor dem anderen Lebewesen. Vertrauen. Instinkt.
Dann begleiteten die panische Hündin bald schon entsetzte Blicke und Angstschreie von Menschen, denen sie begegnete. Andere Hunde bellten wütend, Sirenen-Geheul und immer mehr Panik begleiteten ihren wahnsinnigen Run… …bis sie schliesslich erschöpft zusammen brach...
 
 Der Polizei-Beamte brachte die Hündin ins Tierheim der nächsten Stadt.Dort wurde Celina versorgt und dann in ein Auffang-Lager für solche Hunde-Rassen gebracht.
In einer grossen Stadt, mit einem grossen Hafen…

 
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9. Kapitel, Lebens-Station Nr.9
Mai 2001-Juni 2003
Celina in Haft

 
Ohne Sonne erlischt jegliches LebenWelcher Engel Celina bewachte, dass sie dort in diesen Hallen nicht sofort eingeschläfert wurde und ob das wirklich ein Engel war, das mag man als Mensch, der Hunde liebt, nicht zu beurteilen.
In diesem Auffang-Lager für Kampfhunde saß Celina 2 Jahre in einem 1,5 m² kleinem Draht-Käfig, der nicht mal mehr der Bezeichnung Zwinger standhielt.
Ohne Sonnenlicht, ohne Beschäftigung, ohne Zuwendung……aber immer mit viel Lärm und auch Gestank von den anderen Hunden. Celina war gezwungen, in ihren Zwinger zu machen, alle paar Tage wurde dieser Mal gesäubert.
 
Bei diesen Säuberungen wurden die Käfige mit einem kalten und harten Wasserstrahl ausgespritzt. Die Hunde hatten keine Rückzugsmöglichkeit, keine Chance diesem Strahl auszuweichen. Manche Hunde sprangen in wilder Panik hin und her, wenn Menschen mit dem Schlauch in der Hand sich den „Zwingern“ näherten.
Anfangs sprang auch Celina auf, wenn diese Männer kamen. Voller Hoffnung sah sie ihnen entgegen. Doch schon bald merkte sie, dass nur kalter Hass oder Gleichgültigkeit zurückkam und so blieb sie einfach still liegen.
Ruhig abwartend. Der anfangs so hoffnungsvolle Blick immer stumpfer werdend. Und doch täglich ums Überleben bettelnd! Manche Hunde schlossen ihre Augen für immer und erst viele Stunden später, manchmal auch erst Tage später, bekam das jemand mit.
In diesen Hallen herrschten das Wimmern, der Geruch und die Angst von hunderten Hunden.Der Angst vor dem sinnlosen Tod. Von „solchen Hunden“! Solchen Hunden! Hunden wie Celli, einst sehr geliebt und geachtet. Nun missachtet. Einst gebraucht. Nun missbraucht.
Celina sass die langen zwei Jahre dort zusammen gekauert in einer Ecke auf nacktem, kaltem Beton.So eng in sich zusammen gerollt, dass die anderen vor Verzweiflung und Angst schier wahnsinnigen Hunde sie auch nicht durch das angrenzende Gitter ihres Käfigs packen konnten. Ab und an kamen Menschen, die freundlich schauten und 2-3 Hunde mitnahmen, manchmal kamen auch Menschen, die nach Tod rochen und ebenfalls 2-3 Hunde mitnahmen.
Manchmal kamen 2-3 neue Hunde und da die jung waren, gingen dann 2-3 alte Hunde weg… Wohin gingen sie nur? Warum ? Wie viele Hunde hat man in diesen Hallen zerstört? Wie viele Kinder haben um diese Hunde, die ihre Freunde waren, geweint? Im Juni 2003 kamen junge Menschen aus einer niedersächsischen Tierschutz-Organisation.
In Niedersachsen hatte sich die Situation der sogenannten Kampfhunde etwas entschärft und die Menschen begannen dort zu begreifen, dass ein Staffordshire noch immer genau so ein toller Hund sein konnte wie noch vor dem Jahrhundertwechsel. Die Tierfreunde kamen, um fünf solcher Hunde mit aus diesen Hallen in ihr Tierheim zu nehmen. Fünf, für mehr bot ihr kleines Tierheim keinen Platz.
Die Tierschützer hatten schon viel gesehen und erlebt, doch dieses Auffang-Lager trieb ihnen Tränen des ohnmächtigen Zorns, hilfloser Wut und ohnmächtiger Trauer in die Augen. Sie blieben an Celinas Käfig stehen.
 
Sie sahen den schwarzen Hund, der mit Narben übersät, ängstlich in der Ecke kauerte. Sie sahen in die dunklen Hundeaugen, die trotzdem dem Blick des Menschen standhielten - und sie sahen:Hoffnung!
Und sie nahmen Celina mit in ihr Tierheim.

 
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10.Kapitel, Lebens-Station Nr.10
Juni 2003 bis Oktober 2003
Celina im Tierheim
 
Vielleicht geht morgen die Sonne wieder auf. In diesem Tierheim bekam Celina einen Zwinger mit Innen- und Außenbereich.Zum ersten Mal seit 2 Jahren konnte Celli wieder die Nase an die Gitterstäbe drücken und den Wind spüren.
Sie konnte das Gras riechen, Schmetterlinge beobachten, sehen wie die Sonne aufgeht und spüren wie das staubige,stumpfe Fell vom Regen weich gespült wird. Wie die prasselnden Regentropfen ihre Narben massierten…Celina konnte erstmals wieder beim Atmen Luft holen!
Celina stand viele Tage im Außenbereich ihres Zwingers und schien die lebendige Welt in sich einzusaugen.Sie nahm keinerlei Kontakt auf, weder zu Mensch noch zu Tier, weder freundlich noch böse, aber Celina stand da an ihrer Zwingertür, die Nase im Wind, die traurigen Augen weit in die Ferne gerichtet…und erfüllte ihren Körper nach und nach wieder mit Leben und Lebendigkeit.
 
Sie fraß und trank.Es schien so, als hätte sie abends Angst, dass am nächsten Morgen die Sonne nicht mehr aufgehen würde. Oft weinte sie wie ein Wolf die untergehende Sonne an. Im Tierheim taufte man die schwarze Hündin auf den Namen Angel.
Ein Mitarbeiter, Steffen, stand oft an ihrem Zwinger und erzählte von seinem Tag und begann auch bald, mit Angel spazieren zu gehen.Nach ein paar Wochen nahm Celina freudig zur Kenntnis, wenn Steffen bei ihr stehen blieb und mit ihr redete oder gar das Halsband für einen gemeinsamen Spaziergang umlegte. Zwiegespräche zwischen Mensch und Hund. Celli gab den Weg zu ihrer Hundeseele frei.
Angel-Celina lebte für Steffen.Sie trauerte nicht ihrem alten Leben hinterher, als Hund verschwendete sie keinen Gedanken an die gute alte Zeit.Sobald sie Steffen sah, spürte oder roch, wurde ihre undurchdringliche Miene wieder ganz weich, die inzwischen angegraute Schnauze zog sich zu einem breiten Grinsen und die Rute drehte sich wieder so temperamentvoll im Kreis, dass der Hintern mitwackelte.
Das schwarze Fell bekam trotz der vielen Narben wieder einen seidigen Schimmer und Celina wurde durch die tägliche Bewegung und Zuwendung beinahe wieder der schöne vor Kraft-strotzende Hund, der vor etwas mehr als 7 Jahren in diese Welt geboren und mit offenen Armen empfangen worden war.Und Steffen fand immer ein paar Minuten Extra-Zeit um Angel zu streicheln oder einfach nur mit ihr zu sprechen.
Er holte bald ein anderes Staff-Mädchen mit in den Zwinger der schwarzen, sanften Angel. Die helle Kimba und Angel freundeten sich an. Steffen träumte von einer gemeinsamen Vermittlung der beiden so sanften Hundefreunde.
Denn Kimba war jung und ungezwungen, verbotenerweise als Staffordshire im Jahre 2002 geboren, saß sie seitdem im Tierheim und suchte eine Lebensaufgabe. Celina, jetzt ja Angel, hatte noch immer soviel Liebe in sich.
Und die teilte sie nun auf für ihre Hundefreundin Kimba und den Menschen Steffen. Vor anderen Menschen, besonders vor anderen Männern, hatte Celina sehr große Angst. Sie kniff die Rute ein, legte die Ohren an und kauerte sich knurrend und zitternd zusammen.
Drehte der Bedrohung Mensch den Rücken zu. Sie hätte niemals einen Menschen gebissen, doch das ja wusste keiner. Manchmal schaute sie sehnsüchtig Kindern hinterher, die zu Besuch im Tierheim waren -und darum beschloss man, diese Blicke völlig falsch deutend, Angel keinesfalls an eine Familie mit Kindern zu vermitteln.
Kimba fand dann doch Menschen, die sie lieben wollten. Ohne Angel. Man machte sich im Tierheim die Entscheidung nicht leicht, doch die helle Hündin Kimba hatte diese Chance verdient und so trennte man, was man miteinander verbunden hatte.Und gerade als Angel-Celina dem Leben wieder etwas Leichtigkeit zusprechen wollte, verschwand wieder ein vertrauter Stützpunkt einfach so aus ihrem Leben.
Kimba war weg!Ihre Nähe, ihr Geruch…einfach weg. Und kehrte nie zurück, so sehr die schwarze Hündin auch die Nase in den Wind hielt. Von diesem Moment an akzeptierte Angel-Celina keinen anderen Hund mehr in ihrer Nähe. Wahrscheinlich war das ihre Art, die Traurigkeit ihres Lebens und den Verlust der Hundefreundin auszudrücken.
In der Woche darauf hatte Steffen auf dem Weg ins Tierheim einen Unfall und kam ins Krankenhaus. Diesen Tag und auch die Tage danach, wartete Angel-Celina vergeblich auf diesen Menschen. Sie stand da, die Nase an die Zwingergitter gepresst und versuchte, die Nähe von Steffen zu erschnuppern.Sie stand da und dachte, wenn sie nur lang genug ihre Nase in den Wind drücken würde, würde dieser auch den vertrauten Geruch von Steffen zu ihr rüberwehen.
Sie strengte die Ohren an und hoffte doch so sehr seine Stimme zu hören. Doch sie hörte sie nie wieder. Mit jedem Tag des Wartens mehr schien die einst so wunderschöne Hündin auch immer mehr in sich zusammen zu fallen, kleiner und dünner zu werden.
 
Ein schwarzer Engel ohne Flügel. Verloren in dieser Welt. Und doch noch in dieser Welt. Nach einer Zeit vergeblichen Wartens resignierte die vom Leben so enttäuschte Hündin und legte sich apathisch in eine Ecke ihres Zwingers.
Bereit zu sterben, auf den Tod wartend. Auf was sollte sie auch sonst noch warten? Nur noch selten drückte sie die Nase in den Wind …. Es spielte für die schwarze Hündin keine Rolle mehr, ob die Sonne auf- oder unterging.
Man hörte sie nie wieder den Sonnen-Untergang mit ihrer Stimme begleiten. Die örtliche Presse berichtete in einem grossen Artikel von „Angel - dem schwarzen Engel ohne Flügel“
Diesen Artikel las Pferdewirtin Maren Maurer, inzwischen 23 Jahre … Maren wohnte weit von ihrem damaligen Zuhause und auch ihrer Lehrstelle entfernt. Und sie wollte einfach nicht wahr haben, dass so weit von ihrem ehemaligen Zuhause und so nah dran an ihrer jetzigen Heimat eine Hündin, enttäuscht vom Leben und mit Narben gekennzeichnet, vor sich hinvegetierte, die sie so stark an ihre Celina erinnerte.
Celina. Der Hund, der ihr viele Monate lang so eine wichtige Lebensstütze gewesen war, den sie dann aber doch aus ihren Gedanken verdrängt hatte.
Und doch… …dieses Bild in der Zeitung, diese Augen… Maren haderte noch eine Woche, dann fuhr sie ins Tierheim.

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11. Kapitel, letzte Lebens-Station
1. November 2003
Ein letztes Mal Celina und Maren
 
Wenn die Sonne für immer untergeht... Maren stand am Zwinger der geschundenen Angel und wusste doch sofort, dass dort ihre Celina saß…abgemagert, entkräftet, enttäuscht von der Welt und trotzdem nie böse.
Maren wusste, dass sich dort ein Hund aufgegeben hatte, der zwar ein Staffordshire-Terrier war, aber nie ein Kampfhund.Maren wusste nicht, welche Schicksalswege Celina gegangen war, aber sie sah der Hündin an, dass es nicht einfach gewesen war. Dass es sogar mehr als schrecklich und hart gewesen war.
Maren liefen die Tränen in Sturzbächen übers Gesicht…Sie hasste sich für ihre jugendliche Unbeschwertheit, mit der sie damals das Schicksal ihrer Traum-Hündin einfach aus den Augen verloren hatte.Sie hasste sich dafür, nie den Mund aufgemacht zu haben, als andere Besitzer von Stafford-Shire-Terriern für ihre Hunde kämpften und Hilfe erhofften.
 
Sie hasste sich dafür, noch diese Woche gezögert zu haben, bis sie endlich den Mut aufgebracht hatte, ins Tierheim zu fahren. Das alles erzählte Maren mit leiser Stimme der Hündin.Ihrer Hündin.Celina, der schwarze Engel ohne Flügel, der stets alles im Leben richtig gemacht hatte.
Und Celina schaute auf und wedelte als Zeichen des Erkennens und Verstehens leise und kaum sichtbar mit der Rutenspitze.Die Hündin Celina spürte zwar einen kleinen Funken Glück in sich, aber viel grösser war die Angst.Und mit dieser kalten Faust der Angst, die ihr Herz endgültig umgriff, bevor der warme Funken der Liebe dort ankommen konnte, schloss die Hündin Celina ihre Augen.
Für immer.Celina spürte die Streicheleinheiten, die Tränen und die verzweifelte Liebe von Maren nicht mehr.Celina wusste nicht, das sich der kranke Steffen um sie sorgte.
Celina ahnte nicht, wieviele Menschen in diesem Moment stumm um sie weinten.Celina starb allein.Celina war ein schwarzer Staffordshire-Terrier.
Hinterm Regenbogen aber wird sie mit allen Menschen und Hunden spielen, die genauso unschuldig Opfer wurden wie sie, die schwarze Staffordshire-Hündin Celina.Und sie versprach Gott in ihren letzten Atemzügen, allen Kindern dieser Welt ein guter Schutzengel zu sein.
Denn die Kinder von heute sind die Erwachsenen von Morgen,die wieder bereit sein werden,den Tieren und der Natur zuzuhören.

Anmerkung:
Celina’s Geschichte in ihrer Gesamtheit ist fiktiv. Die Autorin hat jedoch die Schicksale einzelner Hunde, die ihr bekannt wurden, hier verarbeitet.

Mit freundlicher Genehmigung von ©Tanja Leuschner

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WIESO Du auf dieser Welt bist...

Ich sah die Hunde in ihren Zwingern im Tierheim, Abfall der menschlichen Gesellschaft.

Ich sah in ihren Augen

Liebe und Hoffnung, Furcht und Verzweiflung, Traurigkeit und Betrug. 


Und ich war böse. “Gott, sagte ich, das ist schrecklich !! Warum tust Du nicht etwas ??”

Gott schwieg einen Augenblick und erwiderte dann leise: 


           “Ich habe doch etwas getan - ich habe DICH geschaffen”.

 

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Seesterne retten


Ein furchtbarer Sturm kam auf. Der Orkan tobte. Das Meer wurde aufgewühlt und meterhohe Wellen brachen sich ohrenbetäubend laut am Strand.

Nachdem das Unwetter langsam nachließ, klarte der Himmel wieder auf. Am Strand lagen aber unzählige von Seesternen, die von der Strömung an den Strand geworfen waren.

Ein kleiner Junge lief am Strand entlang, nahm behutsam Seestern für Seestern in die Hand und warf sie zurück ins Meer.

Da kam ein Mann vorbei. Er ging zu dem Jungen und sagte: "Du dummer Junge! Was du da machst ist vollkommen sinnlos. Siehst du nicht, daß der ganze Strand voll von Seesternen ist? Die kannst du nie alle zurück ins Meer werfen! Was du da tust, ändert nicht das Geringste!"

Der Junge schaute den Mann einen Moment lang an. Dann ging er zu dem nächsten Seestern, hob ihn behutsam vom Boden auf und warf ihn ins Meer.
 
Zu dem Mann sagte er: "Für IHN hat es etwas geändert!"
 

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  Armer Bullterrier
 
 
„Liebes Herrchen!
 
Du hast mich im August letzten Jahres aus dem Tierheim Süderstraße. in
Hamburg geholt .Ich war dort abgegeben worden, weil mein damaliges Frauchen und ich auf offener Strasse beinahe gesteinigt worden wären.
 
Aber sehr lange musste ich nicht warten, dann hatte ich bei Dir und meinem neuen Frauchen ein neues zu Hause in Breitenburg gefunden. Was war ich froh! Ein riesiger Garten, und viele lange Spaziergänge.
 
So etwas kannte ich ja gar nicht in meinem Alter von nicht einmal einem
Jahr. Wir haben uns prima verstanden. Und wie herrlich war es, mit dem
Nachbarshund Asko herumzutollen! Nur mit dem Wörtchen “komm“ hatte ich noch so meine Probleme. Und solange ich dies nicht richtig begriffen hatte, musste ich immer an die Leine, wenn wir den Garten verließen.
 
Am Dienstag war Frühlingsanfang mit besten Wetter. Bei Sonnenschein und Schnee fuhren wir ins Mohr, um einen schönen Spatziergang zu machen.
Und da passierte es: Ich bin Dir aus dem Auto gesprungen, bevor Du mir eine Leine an mein Geschirr machen konntest. Das habe ich natürlich sofort ausgenutzt und bin glücklich weit über die Wiesen gerannt. Endlich einmal ohne Leine so richtig drauflos rennen - weit und breit kein Mensch oder Tier!
 
Aber so dumm wie ich war, bin ich immer weiter von Dir weggerannt, ohne auf Dein Pfeifen und Rufen zu achten, bis ich nicht mehr zu sehen war. Du hast dann eineinhalb Stunden auf einem Fleck gestanden, weil Du dachtest, ich würde wieder an den Ort zurück kommen, wo ich Dich verlassen hatte.
Später bist Du mir nachgelaufen, um meine Spur im Schnee zu verfolgen und mich vielleicht so doch noch zu finden. Aber wir haben uns nicht mehr treffen können, denn Du bist in die falsche Richtung gelaufen.
 
Ich aber war inzwischen an einem Bauernhof angekommen. Dort roch es nach so vielen unbekannten Düften! Ein großer schwarzer Schäferhund war da. Und im Stall standen viele Kühe. Das war ja was für mich! Die Kühe waren sehr aufgeregt als sie mich sahen, aber ich habe ihnen nichts getan. Ich kannte ja die Kühe von der Weide bei uns nebenan, das waren meine Freunde.
 
Der Bauer und sein Sohn hatten mich entdeckt. Ich habe mir nichts dabei
gedacht, als sie näher kamen. Ich hatte auch überhaupt keine Angst und
nichts Böses getan.
 Und dann ging alles ganz schnell: Der Ältere hatte ein
Eisenrohr in der Hand, und als er damit zuschlug, explodierte etwas in
meinem Kopf. Immer wieder holte er aus und wollte nicht damit aufhören. Dann wurde ich in eine alte Karre geschmissen und kam vor die Tür in die Kälte.
 
Ich war immer noch nicht tot, aber niemand kümmerte sich mehr um mich. Ich war nicht mehr in der Lage mich zu bewegen, mein Schädel war zertrümmert, und ich blutete sehr stark. Mir war bitterkalt in der Pfütze aus Wasser und Blut. Ich weiß nicht, wie lange ich dort so gelegen habe. Aber irgendwann hörte ich deine Stimme! Du warst noch immer auf der Suche nach mir und dabei auch auf diesen Bauernhof gekommen. Der Bauer zeigte Dir, wo ich lag.
Wir fuhren so schnell wie möglich zu unserem Tierarzt, aber es war alles zu spät. Jetzt bin ich im Hundehimmel und vermisse euch alle so sehr!“
 
„Hey,Herrchen, sag wie geht es Dir?“
 
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„Meine liebe Faya
 
ich habe solange nach Dir gesucht! Ich mache mir solche Vorwürfe, dass ich nicht gut genug auf Dich aufgepasst habe! Warum nur bist Du nicht zurück gekommen? Du musst meine Rufe und die Hundepfeife immer wieder gehört haben.
Man hört im Moor meilenweit. Ich kann verstehen, dass Du einmal so richtig auf Entdeckungstour wolltest, aber du bist bei den falschen Menschen gelandet. Diese waren brutale Schläger ohne Herz, doch woher solltest Du das wissen?Sie haben Dich regelrecht hingerichtet.
 
Frauchen und ich hatten mit Dir drei Hündinnen Deiner Rasse und immer nur gute Erfahrung gemacht. Du hattest sogar einen Wesenstest mit „sehr gut“ bestanden und warst damit sogar im Fernsehn. Du hast Dich in kürzester Zeit in unsere Herzen geschlichen. Du warst die beste von allen, aber wir hatten Dich nur ein paar Monate bei uns. "
 
 
"Du fragst, wie es mir geht?"

"BESCHISSEN OHNE DICH!“


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Funeral for a Hen

The little red hen we called Fanny died on 29 June 2005



Fanny was the most outgoing bird at the Eastern Shore Sanctuary as well as our longest resident and oldest hen. All visitors were greeted by Fanny, who was always on the lookout for a handout. Since few people have had such a close encounter with a chicken and most were thrilled by the experience of feeding a bird by hand, this worked out well for everyone.

Fanny came to the sanctuary after an 18 month term in a North Carolina egg factory. Usually, so-called "spent hens" who can no longer lay eggs every day are slaughtered for low-grade meat or simply buried alive in landfills. Fanny and 19 others were saved from that fate by a kind woman named Kay.

Like all hens from egg factories, Fanny had been subjected to the painful operation known as "debeaking." Chicks who will later be confined to egg factories have the tips of their beaks burned off with a hot blade. This prevents the bored and hungry hens, who are crowded into cages so small that they cannot spread their wings or even lie down comfortably, from pecking themselves or each other to death in frustration. Fanny's mutilated beak gave her face a blunted look that always reminded me of what she had been through.

When Fanny arrived at the sanctuary, she was shockingly skinny and had very few of her lovely red feathers. She and her peers looked more like monsters than birds. Having spent years perched on wire in cramped cages, they could hardly walk. They had never seen sunshine or grass and weren't at all sure what to do. Some were frantic while others seemed to be in a numb state of shock.

In order to help the birds become less fearful of us, I sat down on the ground, spread food all around me, and sat very still. After the birds came close enough to eat that food, I put food on my shoes and pants. Very gingerly, some of the birds began eating that food too. One bold bird jumped right into my lap. Right away, that song by The Band popped into my head:

"Take a load off, Fanny/Take a load for free/Take a load off, Fanny/And put the load right on me"

I started calling the bold bird "Fanny" and the name stuck.

This was the first group of hens from an egg factory that we had taken in, so I spent a lot of time observing them as they were observing me. I noticed that Fanny also was bold -- and a little bit bossy -- in relation to the other hens. In that, she was different from Scout, a curious explorer who was courageous in relation to me but deferred to the other birds, and from egghead Simone, who was much more cautious and thoughtful than either of them.

I got into the habit of offering each bird food from my hand -- in addition to the plentiful food in the many bowls, of course! Offering some cracked corn or sunflower seeds to a hen, I would say, "this is for you... I want you to have it," because everybody likes to have someone prepare a meal especially for them.

Between that and my tactic of encouraging the birds walk all over me, Fanny got the idea that the food came from my body and would scratch at my jeans and work boots, as chickens scratch in the dirt, to try to get the food to flow. Eventually, she figured out that the food was coming out of the containers I carried and started ducking her head into them. But, for the rest of her life, Fanny always preferred food from the hand over food from the bowl, even if it was exactly the same food.

Fanny liked to hear her song (or, to be honest, any song). She would come if we called her name, not because she was being summoned but because she wanted to see what was going on. Unlike many of the birds, whose feathers get ruffled by any departure from their favored routines, Fanny liked visitors and excitement and changes of pace.

In recent years, Fanny greeted visitors from our front yard, where she spent her days once she got too old to deal with the hustle and bustle and randy roosters of the main chicken yard. She was joined by her friend Carmen, who had been with her in the egg factory, a younger hen called Darwin, who had lost a wing in a freak accident, and a delicate but tenacious half-blind hen called Felicia.

Carmen and Darwin were gregarious red hens like Fanny, so the three of them hung out together. Felicia, a shy white hen, spent much of her time alone until a feral hen had chicks and decided to let Felicia help out with them. The mother hen wouldn't let any other chicken near her chicks, so that was quite a compliment to Felicia, who became very attached to her new family. Eventually, the chicks grew up and first Darwin and then Carmen died. Fanny then became fast friends with Felicia. They were like next-door neighbors who don't have a lot in common at first but become close over time due to shared experiences.

Felicia was a remarkable bird who had once been so sick that we were sure she would die but recovered and went on to enjoy two more times around the seasons. But when the cold weather came again this past winter her little body finally gave out. That was very sad for us and for Fanny, who had lived to see all of her closest friends die. She kept up her usual routine but just didn't seem herself anymore. Sometimes we would see her standing out in the yard alone. She spent some time with the elderly roosters and a juvenile rooster named Dizzy, but didn't seem to have the same bond with them as she had had with her hen friends. "We've got to get Fanny a new friend," we said, but she didn't hit it off with any of the other red hens with whom we encouraged her to spend time. Luckily, a red hen named Rosalita moved in from Washington, DC and she and Fanny hit it off right away. Fanny's mood improved overnight.

Now Rosalita is the one standing in the yard alone. A few weeks ago, Fanny started slowing down. Each day, it took her longer to get going in the morning and she slept more during the day. She still came running for treats and visitors but she drooped a bit in between those moments of excitement. We knew what was coming.

On the morning of what would be her last day, Fanny had a slow start but came running when my partner Miriam mixed up her favorite treat for breakfast. Later in the day, I noticed Fanny drooping and brought her some mulberries. She ate one berry eagerly but dropped the next and couldn't find the rest. Seeing that she was slipping into a stupor, I gathered her into my arms and reclined with her resting on my chest. She fell asleep as the life began to ebb from her body. Just before she died, her wings began to flap, as birds' wings often do when they go into their death throes. I wanted to say "no -- don't go" but instead I said "go -- fly away with the wild birds -- you're free."

Fanny had almost five years here after two years in an egg factory. She survived her friends Simone, Godiva, Carmen, Darwin, and Felicia. She is survived by hen friends Rosalita and Sparrow; roosters Dizzy, Lola, and Fauna; and the cats with whom she used to huddle in a dog house when waiting out rainstorms. Fanny also leaves behind a host of human admirers and two deeply grieving people.

Fanny expected to be greeted whenever we saw her, just like any friend who would feel snubbed if ignored. Miriam and I did say "hello" to Fanny, every morning and several times each day before saying "goodnight" every night. Now that we have said "goodbye" to her forever, it's hard to believe we will never say "hello" to her again. Of course we knew that she would not, could not, live forever. But her spirit was so strong that it felt like she would never die.

The little red hen we called "Fanny" was one in a million -- literally and figuratively. Fanny was just one of millions of hens crowded into tiny cages in egg factories. And, like every one of them, she was unique in the sense of having her own characteristics, her own likes and dislikes, and her own way of looking at the world. If, by speaking and writing about Fanny, we can help people to see hens as individuals and stop treating them like objects, then Fanny really will live forever. But we will still miss her.

http://www.bravebirds.org/fanny.html


 



Fanny takes donations 
pattrice le-muire jones
July, 2005

 

 

 
 
Nur soviel...das ist, was zum Schluss steht:
 
es ist die Geschichte einer sehr geliebten kleinen roten Henne, die im letzten Sommer leider verstorben ist, war eine der Millionen aus der Legehennenbatterie.  Sie hatte Charakter, wie jede von ihnen,  sie mochte manche Sachen gern, und manche Sachen nicht, und sie hat die Welt auf ihre eigene Art betrachtet. 
Fanny würde wirklich ewig leben, wenn wir die Menschen dazu bewegen können,  indem wir über Fanny sprechen und schreiben, die Hühner als Einzelwesen zu betrachten und damit aufhören, sie wie Sachen oder Gegenstände zu behandeln...
 
Aber wir werden sie noch vermissen...

 
 
 
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Der kleine Hund liebte seinen Herrn über alles

Dieser riesengrosse Mensch war sein Abgott. Er gab ihm Futter und Wasser und er schien ihn auch zu lieben; ganz sicher, denn er streichelte ihn zärtlich und redete mit ihm.
Er gab ihm einen Platz in seiner Wohnung, den er gegen jeden anderen noch so großen Hund bis zum letzten verteidigen würde!
Das ging so ein ganzes Jahr lang. Dann wurden die Liebkosungen des Menschen spärlicher. Er schien immer unruhiger zu werden. Aber da er niemals vergaß, seinem kleinen Freund das Futter hinzustellen, machte der sich keine Sorgen.
Ab und zu wurde er auch noch gestreichelt. Menschen waren und dachten eben anders als Hunde! So sprang er ihm immer wider voller Freude entgegen, ja er schrie förmlich vor Freude, wenn er hörte, dass der Riesengrosse nach Hause kam, der ihm leicht auf den Rücken klopfte und beruhigend, wenn auch etwas abwesend sagte:
\"Ja, ja! Ist ja gut!\"
Dann kam die Urlaubszeit. Die erste im Leben des kleinen Hundes, der vor Aufregung leise jaulend neben seinen Herrn in das Auto gesetzt wurde, das er schon kannte. Er versuchte, sich möglichst nahe an den geliebten Menschen heranzudrängen, aber der schob ihn so unsanft zurück, dass der kleine Hund bestürzt zu ihm aufsah.
Er ahnte nicht, dass sein Herr daran dachte, dass er wahrscheinlich überall nur Unannehmlichkeiten mit dem Tier haben und nie ganz frei sein würde. Er konnte ihn sicher nicht allein in dem fremden Hotelzimmer lassen, und er konnte und wollte ihn auch nicht dauernd mit sich herumschleppen.
Der kleine Hund, der verunsichert vorsichtig mit der Pfote nach ihm tappte, erschien ihm auch längst nicht mehr so nett, wie damals als er ihn in einem Schaufenster sah und kurz entschlossen kaufte, weil er sich gerade sehr einsam fühlte. Aber im Urlaub wollte er Bekanntschaften machen. Er wollte, nun ja, was halt alle im Urlaub wollen.
Der kleine Hund war plötzlich eine Last für ihn, und er begann zu überlegen, wie er ihn loswerden könnte. Als eine gut übersichtliche Strecke kam und er ganz sicher war, dass vor und hinter ihm niemand fuhr, fasste er den kleinen Freund plötzlich im Genick, der ihn zutraulich ansah und versuchte, rasch noch seine Hand zärtlich zu leck en, warf ihn kurzerhand aus dem Wagen und fuhr davon, ohne sich noch einmal umzusehen.
Der kleine Hund überschlug sich, aber er hatte keine Verletzung davongetragen. Er stand da, sah dem Wagen nach, der hinter einer dünnen Staubwolke immer kleiner wurde, und verstand die Welt nicht mehr.
Sicher würde der Wagen gleich wiederkommen. Sicher war das nur ein Versehen. Vielleicht ein etwas grober Scherz wie damals, als er ihn in ein tiefes Wasser geworfen hatte, um zu sehen, ob er schwimmen könne.
Sicher würde er wider besonders gestreichelt werden. Er würde warten, wie er schon, sooft gewartet hatte. Er setzte sich an den Rasenrand der Strasse. Er war nicht mehr der Jüngste, was ihm sein Herr nicht angesehen hatte. Seine Augen waren bereits etwas getrübt, aber er wusste, dass der Wagen, auf den er wartete, grün war. Manilagrün, wie die Menschen das nannten.

Jedes mal, wenn ein grüner Fleck in der Ferne auftauchte, richtete sich der kleine Hund auf, spitzte die Ohren und wedelte unsicher mit dem Schwanz. Er lief ganz nah an die Fahrbahn. Sicher würde dieser Wagen, den er nur etwas verschwommen sehen konnte, halten und er würde schnell hineinspringen und alles würde wider so sein wie früher. Aber der Wagen fuhr vorbei. Und der nächste grüne Wagen auch.
Der kleine Hund war verzweifelt. Er winselte leise. Was sollte aus ihm werden? Er hatte doch niemanden auf dieser schrecklich großen, fremden Welt außer diesem Menschen, der in dem grünen Wagen davongefahren war. Es kamen noch zehn grüne Wagen, es kamen zwanzig verschwommen grüne Wagen. Der kleine Hund wurde immer verzweifelter.
Er lief so nahe wie möglich an die Fahrbahn heran und dann plötzlich wusste er es: Das war sicher immer der gleiche Wagen. Er fuhr nur immer wieder an ihm vorbei. Wenn der nächste grüne Wagen kam, würde er einfach hineinspringen und dann würde alles wider gut sein. Er spannte seine müden Muskeln, duckte sich, als der nächste verschwommen grüne Wagen heranbrauste, und sprang. Den Aufprall spürte er nur ganz kurz.
Dann wurde er auf die Fahrbahn geschleudert und der nächste Wagen machte einen zottigen, blutigen Fleck aus ihm. Einen Fleck, der doppelt so groß war wie der kleine Hund.
Der tote Hund sah jetzt viel größer aus, so wie Tote für uns immer größer werden, wenn man nichts mehr an ihnen gutmachen kann...                                          
 
 (Verfasser unbekannt)

 
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“Wie konntest Du nur...?”


Eine Tier-Geschichte zum Nachdenken
von Jim Willis


Als ich noch ein Welpe war, unterhielt ich dich mit meinen Mätzchen und brachte dich zum Lachen. Du nanntest mich "dein Kind" und trotz einer Anzahl von gekauten Schuhen und einigen Sofakissen, die ich "ermordete", wurde ich dein bester Freund. Wann immer ich "ungezogen" war, zeigtest du mir mahnend den Zeigefinger und sagtest: "Wie konntest Du?" - aber dann hattest du dich sofort erweichen lassen und rolltest mich zur Seite, um meinen Bauch zu kraulen.

Meine Aufenthalte in der Wohnung wurden während deines Studiums immer länger, aber ich riss mich zusammen. Ich erinnere mich an jene Nächte, als ich mich an dich im Bett ganze nahe anschmiegte und dir zuhörte, wie du im Schlaf gesprochen hattest und ich glaubte, dass das Leben nicht vollkommener sein könnte. Wir gingen in den Park, um dort lange spazieren zu gehen oder um herumzutollen, wir fuhren mit dem Auto irgendwohin, kauften uns ein Eis (ich erhielt nur den Rest der Waffel mit ein wenig Eis, weil, "zuviel Eiscreme ist für Hunde nicht gesund", sagtest Du), und ich hielt im Sonnenstrahl, der durch die Balkontüre ins Wohnzimmer hinein schien, ein langes Schläfchen und wartete so, bis du von der Arbeit nach Hause kamst.

Allmählich verbrachtest du mehr Zeit auf der Arbeit als zu Hause mit mir, um "Karriere" zu machen. Auch verbrachtest du nun sehr viel Zeit damit, um einen "menschlichen Partner" finden zu können. Ich wartete immer geduldig auf dich, tröstete dich bei Liebeskummer und deinen Enttäuschungen und freute mich ebenso mit dir, als du Erfolg bei einer Frau hattest. Sie, jetzt ist sie deine Ehefrau, ist kein "Hundeliebhaber", aber trotzdem begrüßte ich sie in unserem Heim, respektierte sie und zeigte ihr, dass ich sie mag. Ich war glücklich, weil du glücklich warst!

Dann kam die Zeit, in der Babys zur Welt kamen. Ich teilte die Aufregung mit dir. Ich war von der glatten Haut und vom angenehmen Geruch des Babys fasziniert, so dass auch ich sie bemuttern wollte. Aber du und deine Frau dachten nur daran, dass ich den Kindern schaden und sie verletzen könnte. Daher musste ich die meiste Zeit nun verbannt in einem anderen Raum verbringen, Oh, wie ich sie lieben wollte, aber es war mir nicht vergönnt, denn ich war ein "Gefangener der Liebe". Während sie anfingen zu wachsen, wurde ich ihr Freund. Sie zogen an meinem Fell, griffen auf wackeligen Beinen nach mir, stießen ihre Finger in meine Augen, forschten an meinen Ohren und gaben mir Küsse auf meine Schnauze.

Ich liebte alles an ihnen, besonders ihre Berührungen, weil Deine so selten wurden. Ich war soweit, dass ich die Kinder notfalls mit meinem Leben verteidigen würde. Ich war soweit, in ihre Betten zu schleichen, um ihren Sorgen und geheimsten Träume zuzuhören. Zusammen mit ihnen das Motorengeräusch deines Autos zu erwarten, während du in die Einfahrt fuhrst.

Vor langer Zeit, als man dich fragte, ob du ein Haustier hättest, zogst du aus deiner Brieftasche ein Foto von mir und erzähltest mit vollem Stolz über mich. Die letzten Jahre antwortest du nur noch mit "Ja" und wechselst das Thema. Ich war früher "Dein Hund" und bin heute "nur ein Hund"!

Dann hattest Du eine neue Karrieregelegenheit in einer anderen Stadt, und du und deine Familie zogen in eine Wohnung, in der Haustiere nicht erlaubt waren. Du hattest für dich und deine Familie die richtige Entscheidung zu finden, obwohl es einmal eine Zeit gab, in der "ich" deine Familie war.
Mann oh Mann, hatte die Autofahrt Spaß gemacht, bis ich bemerkte, wo wir angekommen waren. Es roch nach Hunden und Katzen, nach Furcht und nach Hoffnungslosigkeit. Du fülltest Papiere aus und sagtest, dass du wissen würdest, dass man ein gutes Heim für mich finden würde. Die beiden Damen hinter der Theke zuckten mit den Achseln und zeigten dir einen geschmerzten Blick. Sie verstanden die Wirklichkeit, der ein Hund mittleren Alters gegenüberstand, ja sogar ein Hund mit "Papieren", Du hattest die Finger deines Sohnes von meinem Halsband lösen müssen, während er weinend schrie "Nein Papa, bitte lass mir meinen Hund nicht wegnehmen!" Ich wunderte mich in diesem Moment nur, wie du ihm gerade Lektionen über Freundschaft und Loyalität, über Liebe und Verantwortlichkeit beibringen konntest. Zum Abschied gabst du mir einen Klaps auf den Kopf, vermiedest dabei, mir in meine Augen zu schauen und lehntest höflich ab, mein Halsband und meine Leine mitzunehmen. Du hattest einen Termin einzuhalten, nun habe ich auch einen! Kurz nachdem du gegangen warst, sagten die zwei netten Damen, dass du vermutlich Monate voraus vom Umzug wusstest und somit auch eine Möglichkeit vorhanden gewesen sein musste, einen "guten Platz" für mich zu finden. Sie schüttelten ihre Köpfe und fragten sich ... "Wie konntest Du?"

Die beiden netten Damen widmeten uns ihre ganze Aufmerksamkeit, wann immer es ihre Zeit zuließ. Sie fütterten uns täglich und ausreichend, aber ich verlor meinen Appetit bereits vor Tagen. Anfangs, wann immer jemand an meinen Gehege vorbei ging, hetzte ich zur Frontseite und hoffte, dass du es bist, dass du deine Meinung geändert hättest und dass alles nur ein böser Traum war, oder ich hoffte, dass es zumindest jemand sein würde, der mich mögen könnte, der mich retten würde.

Aber die Wahrheit war, dass ich es nicht mit den liebenswerten, kleinen und so tolpatischen Welpen aufnehmen konnte. Weltvergessen in meinem eigenen Schicksal zog ich mich in einer weichen Ecke zurück und wartete ab.

Eines Tages, es war am Nachmittag, hörte ich Schritte. Man holte mich ab, ich ging über einen langen Korridor, bis ich an dessen Ende einen Raum betrat. Es war ein seliger, ruhiger Raum. Die Frau platzierte mich auf einen Tisch, kraulte meine Ohren und erklärt mir, dass ich mich nicht zu sorgen hätte. Mein Herz schlug in voller Erwartung auf das, was da kommen sollte.

Gleichzeitig hatte ich ein Gefühl der Entlastung. Mir, dem Gefangenen der Liebe, gingen die Tage aus. Gemäß meiner Natur war ich mehr um die nette Frau besorgt, als um mich selbst. Ich erkannte, dass sie eine Belastung trägt, die tonnenschwer sein musste. Sie platzierte leicht einen Aderlass um mein Vorderbein, während eine Träne ihre Wange hinunterkullerte. Ich leckte ihre Hand in der gleichen Art und Weise, wie ich es bereits Jahre vorher tat, um dich zu trösten. Sie schob sachverständig die hypodermatische Nadel in meine Vene. Nachdem ich den Einstich und den Eintritt der kühlenden Flüssigkeit in meinen Körper verspürte, lehnte ich mich schläfrig zurück, schaute dabei in ihre freundlichen Augen und murmelte: "Wie konntest Du?". Möglicherweise verstand sie meine Hundesprache, denn sie sagte, "Es tut mir leid!". Sie umarmte mich hastig und erklärte, dass es ihr Job sei, mir einen besseren Platz zu verschaffen, wo ich nicht ignoriert, missbraucht oder verlassen würde. Einem Platz, an dem ich mich nicht verstecken müsse, einen Platz der Liebe und des Lichts, der so anders sei als auf Erden.

Mit meinem letzten Bissen von Energie wedelte ich mit meinem Schwanz und versuchte ihr so zu sagen, dass mein "Wie konntest Du?", nicht gegen sie gerichtet war. Ich dachte an dich, mein geliebtes Herrchen. Ich werde immer an dich denken und auf dich warten. Möge jeder dir in deinem Leben immer diese Loyalität zeigen.


Einige Worte des Autors:

Wenn "Wie konntest Du?" Tränen in Ihre Augen trieb, dann erging es Ihnen genauso wie mir, als ich dies schrieb. Jedermann ist es erlaubt diese Geschichte weiterzugeben, solange es einem nicht kommerziellen Zweck dient. Erklären Sie der Öffentlichkeit, dass die Entscheidung, ein Haustier in eine Familie aufzunehmen, eine wichtige für das Leben ist, dass Tiere unsere Liebe und unseren Respekt verdienen


Jim Willis.

How Could You?" (Wie konntest du?)
Copyright Jim Willis 2001, tiergarten@onebox.com, (Übersetzt aus dem Amerikanischen von Elvira Rösch & Nicole Valentin-Willis)

 

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Ein Nachruf auf einen kleinen Hund,
von dem ich nicht einmal ein Foto habe...

 

Mein halbes Jahr mit Murphy

 
Mein halbes Jahr mit Murphy ging heute zu Ende. Murphy war nicht mein Hund. Ich weiß von seinem Herrchen nur den Vornamen und von Murphy nur, daß er 18 Jahre alt werden durfte, ein kleiner, grauer Hund war, und schon sehr, sehr langsam. Ein Hund, der Zeit brauchte und ein Herrchen, das Zeit hatte.
 
So kamen sie oft morgens an unserem Geschäft vorbei, wenn ich die Auslagen nach draussen räumte. Manchmal nahm Murphy von mir ein Lekkerchen, manchmal nicht. Meine eigenen Hunde konnten mit Murphy nicht viel anfangen. Man beschnupperte sich kurz und ging dann verschiedene Wege.
 
Für mich waren Günther mit seinem Murphy die schönen Momente. Im späten Winter, wenn es sie eher zügig zurück zur Wohnung zu ziehen schien, im Frühling, wenn sie sich Zeit ließen, ein Schwätzchen zu halten, im Sommer, wenn wir uns morgens sahen und dann mittags noch einmal in der Siedling, in der Murphy bis heute noch lebte.
 
Mit der Zeit erfuhr ich, daß die beiden jeweils nur bei mir vorbei kamen, wenn Murphy einmal wieder bei der Tierärztin war. Und das war er in der letzten Zeit oft.
 
Murphy war alt und dank der Tierärztin litt er nur begrenzt an all dem, was einem alten Hund gesundheitlich passieren kann. Und seit einigen Wochen schon waren Günther und so auch ich, darauf vorbereitet, daß Murphy uns bald verlassen würde. Ich hatte ihn eine Woche nicht gesehen. Gestern noch auf dem Hundeauslaufplatz sprachen wir über die Beiden. Und ich vermutete, der Hund lebt nicht mehr und Günther meidet die Hunde, weil er es nicht ertragen kann.
 
Heute morgen war auch kein Murphy zu sehen, als ich die Auslagen aufbaute. Dann kam meine Frau mit unseren beiden Hunden und sagte, sie habe Günther mit Murphy gesehen. Und Günther liesse mich grüßen, sie seien jetzt auf dem Weg zum letzten Gang. Ich bin daraufhin vom Geschäft aus fast bis zur Praxis gerannt, um Murphy und Günther noch einmal gemeinsam zu sehen. Aber da war niemand. In der Praxis schien auch niemand zu sein.
 
Mit hängenden Schultern und den Tränen nahe ging ich zurück und kurz bevor ich am Geschäft ankam, sah ich sie. Murphy ein letztes Mal einen Baum markierend, Günther liebevoll im Leine gebend.
 
ICH HATTE NICHT EINMAL EIN LEKKERLI FÜR IHN EINGESTECKT...
 
Eine stille Umarmung. Ich habe mich vor Murphy hingenkniet, ihn ein wenig gekrault und ihm leise gesagt, daß dort, wo er jetzt hinkommt, niemand Schmerzen leidet, und er dort bestimmt ein wunderbares Lekkerlie bekommt, so wunderbar, wie ich es ihm nie geben konnte.
 
Dann bin ich ins Geschäft gegangen und habe versucht, durch den Tag zu kommen.
 
Morgen wird Murphy von seinem Herrchen und einem Freund von der Tierärztin abgeholt und beerdigt.
 
Es ist nur ein kleiner Hund gewesen...

Es ist nicht mein Hund gewesen...
 
Aber er wird mir jeden Morgen fehlen, wenn ich das Geschäft vorbereite...
 
Eckhard
(von Eckhard Kretschmer 27.06.06)

 
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Der Betrug

- Man hat mich gesehen  und kaufte mich prompt,
denn ich bin ein Hund, 
der vom Züchter kommt.
Und wird es nicht allenthalben empfohlen,
man soll gute Hunde beim Züchter holen?

Und alle Erwartungen trafen ein:
Ich bin lieb und hübsch
und kann auch folgsam sein.

- Mich hat man am Strand draußen aufgelesen, 
da bin ich seit Monaten schon gewesen.
Man hat mich getreten, es gab nichts zu fressen,
dann stieß man mich weg und hat mich vergessen.
Bin alt nun und krank,
mein Herz tut mir weh.
Hab nur gelernt, daß ich gar nichts versteh.


- Ich wurde in einer Tonne geboren,
meine Finder gaben mich schon verloren.
Meine rechtes Ohr hängt, das linke blieb stehen,
und auf einem Auge kann ich nicht sehen.
Ich liebe die Menschen und weiß nicht warum.
Sie finden mich häßlich, mickrig und dumm.


- Ihr seht, ich bin hübsch und mein Fell ist glatt.
Man pflegte mich gut in der großen Stadt.
Sie haben mich sogar angezogen,
operiert und die Ohren hochgebogen.
Dann wurde ich an einen Baum gebunden,
dort hat mich nach Tagen jemand gefunden.


- Und du? Wer bist du?
Hast noch nicht gesprochen.
Hast bis jetzt mit der Nase nur am Gitter gerochen.
Wenn sie kommen um einen auszusuchen,
verschmähst du all ihre Hundekuchen.
Siehst niemanden an
und willst dich nicht binden.
Möchtest du keine neue Familie finden?

- Eine Pause tritt ein. Niemand sagt ein Wort.

Der Blick des Gefragten driftet weit fort.
Sein Kopf ist erhoben, die Schultern gestrafft,
der Körper ist mager und doch voller Kraft.
Dann dreht er sich um,
sein Schwanz fächelt leicht -
der Wind, der von Norden herüberstreicht.
Der Blick seiner blauen Huskyaugen
scheint sich am Fragenden festzusaugen.


- Versteht Ihr nicht, flüstert er in den Wind,
daß wir nur eine Laune der Menschen sind?
Sie wollen uns schaffen nach ihrem Gefallen
und wissen doch nicht, wohin mit uns allen.

In dieser Sekunde sind wir schon verloren,
denn es werden tausend Welpen geboren.
Wir sind viel zu viele, das ist der Betrug,
denn Menschen bekommen niemals genug!

Sie wissen es alle, doch die endlose Flut
immer neuer Hunde gefällt ihnen gut.
Die endlosen Züge der Überschußfracht
sind im Tierheim ja wunderbar untergebracht.

Sanft hebt er die Schnauze,
setzt an zum Gesang.
Ein klagender Ton
zieht die Gitter entlang.

Eine Türe schlägt zu, und dann schweigt er still,
weil das, was er weiß, niemand wissen will.

Dann legt er sich nieder, bettet ruhig sein Haupt.

Oh ja, es sind viele!

Viel mehr, als man glaubt..!

 

I. Winiawsky

 

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Eine Liebe für`s Leben

 

http://people.freenet.de/Santarossa/meine7pfoten/EineLiebefuersLeben.html

 

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Heim ins Licht

Da gibt es eine verschmuste Neufihündin Luzia, die von ihrer Familie nicht mehr gewollt war,
wie so viele andere Hunde. "Warum", was nutzt das Fragen, es gibt nur eine wahrhaftige Antwort,
das ist das Leid, das Lebwesen ertragen müssen, denen die Heimat genommen wird!

Und da gibt es eine andere ältere Familie mit einem Not-Neufi-Rüden Balthasar und einem Mischlingsrüden Bobby.
Diese Leutchen mit weichem, liebevollem Herzen nehmen in ihr klitzekleines Häuschen Luzia
bis zur Vermittlung in ihr neues Zuhause auf. Sie haben einen schönen, großen Garten und freuen
sich am fröhlichen und ausgelassenem Spiel von Balthasar und Luzia.
Wenn da nicht der Bobby wäre, der ständig das Raufen mit dem Pflege-Hundchen anfängt,
so eifersüchtig ist er, dass das Zusammenleben auf engem Raum sehr beschwerlich wird.
Die lieben Leute hatten noch nie einen Pflegehund und haben Luzia so lieb gewonnen, dass sie
sich kaum vorstellen können, sie wieder der Vermittlerstelle abzugeben.

Abends, wenn es dunkel wird, winkt Frauchen Balthasar und Luzia mit einer hell leuchtenden
Taschenlampe aus dem Garten ins anheimelnde Häuschen. Dann gibt es leckeres Essen und
anschließend wird tüchtig geschmust! Zur Nacht darf Luzia sogar ins Herrchens Bett, dicht bei ihm
schlafen. So gut hat es Luzia noch nie in ihrem Leben gehabt!
Doch plötzlich ist der Tag da, vor dem
Pflege-Frauchen und -Herrchen Angst hatten. Luzia ist ein neues Zuhause von der Vermittlung
ausgesucht worden.
Auf halber Wegstrecke wird Luzia aus dem Auto ihrer geliebten Menschen
gezogen, hinein in ein fremdes Auto, zu ihr völlig fremden Menschen. Man merkt es Luzia an, sie
ist komplett verwirrt!
Dann hält das Auto und Luzia wird in den Garten geführt. Soll sie jetzt spielen? Nein, Luzia kommt
nach stundenlanger Autofahrt in einen großen sauberen Zwinger! Sie war noch nie eingesperrt worden.

Was geschieht mir ihr? Warum kann sie nicht wo sie hin möchte?

"Das Gitter"! Luzia weiß nicht, wie lange sie in so "ETWAS" gefangen gehalten wurde, eine Stunde,
einen Tag, eine Ewigkeit!

Dann geht die Gittertür endlich auf, die fremde Frau kommt nimmt Luzia wieder in ihr Auto. Luzia
ist ganz freudig erregt, endlich wird es "heimgehen".
Endlich hält das Auto. Da ist ja noch eine fremde
Frau. Was ist los, wo ist Luzia hingeraten? Es wird Abend. Die andere, fremde Frau führt Luzia Gassi.
Ja sie ist nett, die andere fremde Frau, aber Luzia hat Heimweh, es reicht ihr ... sie will nach Hause...

Und da, es wird ja schon ganz dunkel, da sieht sie ein Licht. Sie sieht Licht, dass aussieht wie Frauchens
große Scheinwerfer-Taschenlampe!

Hurra ... Frauchen, Herrchen, Balthasar, Bobby ... Luzia kommt zu Euch!

Sie reißt sich los, rennt und rennt und rennt dem ersehnten Lichtschein entgegen. Die Frau bricht fast
vor Schrecken zusammen, denn ganz nah ist die Autobahn !!! Sie verständigt die Polizei - Warnung an
alle Autofahrer, ein Neufundländer läuft auf die Autobahn zu.

Luzia rennt unbeirrt zu ihrer Liebe, ihrer Heimat entgegen...Sie läuft ins "Licht" ... 

...ein Lastwagen überrollt sie, danach ein PKW ... Luzia ist sofort tot ... sie ist nun 
... im ewigen Licht ... angekommen ... :0((

(Verfasser unbekannt)

 

      

 

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Und es gibt sie doch … die wahre Liebe!

Wir würden Ihnen gerne eine Geschichte erzählen! Eine, die wahr und wirklich ist, und einem das Herz wärmt.

Es ist die Geschichte von Sheila.

Damit Sie wissen von wem wir sprechen, hier unsere Beschreibung von Sheila, die wir auf unserer Patenhund-Seite eingestellt hatten, da sie nicht mehr zu vermitteln war:

 

 

 

 

 

Sheila (Andalusien)
Sheila wird unser Tierheim nicht verlassen können! Sie ist schwer traumatisiert und absolut unverträglich mit anderen Hündinnen. Wir wissen nicht genau, was sie alles ertragen und erleben musste, um so zu werden! Zum Menschen ist sie (wie all` unsere Hunde) einmalig lieb und genießt jede Streicheleinheit.
Sheila gehört zu den Hunden, die gefährlich aussehen und keine Chance auf eine Vermittlung haben.
Sie ist ca. 4 Jahre alt und wurde uns vor 2 Jahren von einem Mann gebracht, der versprach sie nach 2 Monaten wieder abzuholen. Seitdem warten wir - Sheila wohl nicht mehr!?
Sie ist wie viele Hunde hier total unterfordert. Da sie aber nicht mit den anderen Hunden frei laufen kann, darf sie immer erst aus ihrem Zwinger, wenn alle schon wieder drin sind. Sie ist immer alleine - das macht uns und sie sehr traurig.

Um Sheila kümmert sich: Leider noch keine Paten für Sheila

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

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Nun zu der Geschichte:


Es war ein Tag wie jeder im Tierheim: Zwinger säubern, Hunde füttern, spazieren gehen, Streicheleinheiten verteilen etc…, als plötzlich ein Mann vor dem Tor des Tierheims auftauchte. Er hatte ein Päckchen dabei und wirkte sehr unsicher. Auf unsere Frage, was wir für ihn tun könnten, erwiderte er, dass er seine Hündin suche. Er nestelte nervös an seinem Päckchen herum und fischte mehrere Fotos heraus.

Wir erkannten sie sofort: Sheila in allen erdenklichen Lebenssituationen: beim baden, beim spazieren gehen, beim kuscheln, … in ihrem alten Zuhause! Mit eben diesem Mann.

In diesem Moment wurde klar, wer er war! Er hatte Sheila vor 2 Jahren ins Tierheim gebracht und sein Versprechen gegeben, sie nach 2 Monaten wieder zu holen.

Die erste Reaktion war WUT!  „ Sie haben Sheila vor 2 Jahren gebracht und ihr und uns versprochen, sie zu holen! Und zwar schnell! Sie sagten damals, sie wären beruflich unterwegs und könnten sie nicht mitnehmen! Würden sie aber sicher holen! Sie haben ihr das Herz gebrochen und sie leidet jeden einzelnen, verdammten Tag hier! Sie ist nicht verträglich und aggressiv! Sie ist zu einem Sonderling und Einzelhund geworden! Was denken sie sich dabei? „

Der Mann, der schon lange weinte, sagte: „ Ich habe mich damals nicht getraut Ihnen die Wahrheit zu sagen! Ich war heroinabhänig und hatte gehofft, dass meine Therapie nur 2 Monate dauert. Ich habe das unterschätzt und 2 Jahre gebraucht, um mein Leben in den Griff zu bekommen! Ich bin heute frei von Drogen, habe einen festen Job und eine sehr schöne Wohnung direkt am Strand. Und nun möchte ich mein Mädchen holen. Ich habe jeden einzelnen Tag in den 2 Jahren an sie gedacht und ihr das feste Versprechen gegeben, sie zu holen, wenn ich wieder stehe!  Darf ich sie sehen? “

Wir gingen gemeinsam zum Zwinger.

Sheila sah ihn kommen. Sie saß ganz still dort, jede Nervenfaser angespannt, wie ein Kind, dass es nicht glauben kann, dass das Christkind wahrhaftig kommt. Als er sie beim Namen rief, viel alles von Sheila ab. Sie freute sich so unbändig und war plötzlich ein Hund, den wir so nie im Tierheim gesehen hatten.

Sie lagen gemeinsam auf dem Boden des Zwingers und umarmten sich, ließen ihrer absoluten Freude freien Lauf und waren außer sich vor Glück!

Die beiden waren eine Einheit – das konnte jeder spüren!
Nach so langer Zeit war nichts außer Liebe und Verständnis zwischen ihnen.

Sheila, die niemals mit anderen Hunden gemeinsam aus ihrem Zwinger durfte, verließ unser Tierheim hoch erhobenen Hauptes „bei Fuß“ an der Seite ihres Herrchens.
Ohne Leine aber mit der Sicherheit geliebt zu werden und durchschritt gelassen die Hundemeute, mit der sie nie klar gekommen war.

 … und sie hat doch gewartet! Zu Recht! 

QUELLE:

Thema: Sonder-Newsletter / Luftbrücke für Hunde
Datum: 06.02.2007 22:54:42 Westeuropäische Normalzeit
Von: piet@webkr.de

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WENN ICH ALT BIN...



werde ich türkis tragen und hellgraue Sweatshirts und ein Tuch in meinem
silbergrauen Haar.
Ich werde meine Gesundheitsvorsorge mit süßem Wein und meinen Hunden
verbringen, in meinem Haus auf abgenutzten Sesseln sitzen und dem Atem
meiner Hunde lauschen.

Ich werde mich in lauen Sommernächten aus dem Haus schleichen und meine
Hunde zu einem Spaziergang einladen, falls es meine alten Knochen erlauben.

Und wenn ich Leute treffe, werde ich lächeln und nicken und ihnen meine
Hunde zeigen, von ihnen sprechen, von denen, die ich in der Vergangenheit
liebte, von denen, die ich heute liebe.

Ich werde immer noch hart arbeiten, indem ich hinter ihnen aufwische, sie
füttere und ihre Namen rufe, in einer leisen flüsternden Weise.

Ich werde den Schweiß an meiner Kehle wie Juwelen tragen, vielleicht auch
peinlich für einige sein, für meine Familie, welche noch nicht den Frieden
gefunden hat, so frei zu sein, um Hunde als beste Freunde zu haben.

Diese Freunde, die immer warten, zu jeder Stunde, dass du dich zu ihnen
hinabbeugst, und sie aus tiefem Schlaf erwachen, leichtfüßig auf die Beine
springen, um dich zu begrüßen, als wärst du ihr Gott. Mit warmen Augen
voller bewundernder Liebe, hoffend, dass du bleibst und ihren festen Hals
streichelst, ihre lieben süßen Köpfe küsst und leise in ihrer so speziellen
Gesellschaft sprichst.

Ich sehe in den Spiegel und sehe, dass auch ich älter werde. Ich sehe den
Menschen, der ich bin und immer gewesen bin. Hunde zu lieben ist einfach,
sie sind ein Teil von mir, akzeptieren mich so, wie ich bin, meine Hunde
begrüßen meine Anwesenheit in ihrem Leben.

Wenn ich alt bin, wird das sehr wichtig für mich sein; du wirst es
verstehen, wenn du selbst einmal alt bist,

und wenn du Hunde hast, die du liebst!


Unbekannter Verfasser

 
 
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Himmel und Hölle

Ein Mann ging mit seinem Hund entlang einer Straße spazieren und freute sich
über die Landschaft, als ihm plötzlich bewusst wurde, dass er tot war.

Er erinnerte sich an das Sterben und daran, dass der Hund neben ihm,
ja schon seit Jahren tot war. Er war neugierig, wo ihn die Straße hinführte.

Nach einiger Zeit kamen sie zu einer hohen Steinmauer entlang der
Straße - es sah aus wie feinster Marmor. Am Gipfel einer kleinen Erhebung war dann die
Mauer durch eine Pforte unterbrochen, die im Sonnenlicht glänzte.

Die Straße war hier wie aus purem Gold und als er dann davor stand,
sah er, dass die Pforte wie Perlmutt aussah.

Er ging mit seinem Hund auf die Pforte zu und sah an der Seite
einen Mann an einem Schreibtisch.

Als er nahe genug bei dem Mann war, fragte er:

"Entschuldigung, wo sind wir denn hier?"

"Dies ist der Himmel, mein Herr", antwortete der Mann.

"Ohhh! Hätten sie vielleicht ein bisschen Wasser?"

"Natürlich, lasse ich sofort bringen"

Der Mann machte eine einladende Geste und die Pforte begann, sich zu öffnen.

"Kann mein Freund (er zeigte auf den Hund) auch herein?"

"Es tut mir leid, aber wir erlauben keine Haustiere hier!"

Der Mann dachte einen Augenblick nach, drehte sich um, und begann,
weiter mit seinem Hund der Straße entlang zu gehen . . .

Nach einem weiteren längeren Spaziergang, kamen sie am Gipfel einer
weiteren Erhebung zu einem unbefestigten Weg, der zu einem Gatter zu
einem Bauerhaus führte. Das Gatter sah so aus, als ob es noch nie
geschlossen worden wäre. Es gab auch keinen Zaun.

Als er näher kam, sah er einen Mann, gegen einen Baum lehnend, der ein Buch las.

"Entschuldigung, Hätten sie vielleicht ein bisschen Wasser?"

"Ja, natürlich, dort drüben gibt es einen Brunnen", antwortete der Mann,
während er in Richtung eines Platzes zeigte, den man von draußen
nicht sehen konnte, "Kommen sie doch herein".

"Und wie steht's um meinen Freund?" (auf den Hund zeigend).

"Ja natürlich, der kann auch mit, neben dem Brunnen sollte eine Schüssel stehen".

Der Wanderer füllte die Schüssel, nahm selbst einen großen Schluck
und als der Hund fertig war, wandte er sich wieder an den lesenden Mann:

"Wie heißt dieser Platz hier?"

"Dies ist der Himmel"

"Das ist sehr verwirrend", sagte der Wanderer, "der andere Mann ein wenig
weiter unten auf der Straße sagte, dass sein Platz auch der Himmel sei!"

"Oh du meinst den Platz mit der goldenen Straße und der Türe
aus Perlmutt? Nein! Das ist die Hölle"

"Und macht euch das nicht sehr böse, dass sie euren Namen verwenden?"

"Nein! Ganz im Gegenteil! Ich verstehe zwar, dass Sie das denken!
Aber wir sind sehr glücklich, dass die dort die Menschen aussieben,
die ihre besten Freunde im Stich lassen!"



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Worauf es im Leben wirklich ankommt...

Ein Geschäftsinhaber hatte ein Schild an seine Tür geklebt,
darauf war zu lesen: Hundebabys zu verkaufen.
 
Dieser Satz lockte Kinder an.

Bald erschien ein kleiner Junge und fragte: "Für wie viel verkaufen Sie die Babys?"
Der Besitzer meinte: "Zwischen 30 und 50 Euro." Der kleine Junge griff in seine Hosentasche
und zog etwas Wechselgeld heraus. "Ich habe 2 Euro und 37 Cent, kann ich sie mir anschauen?"

Der Besitzer grinste und pfiff.

Aus der Hundehütte kam eine Hündin namens Lady, sie rannte den Gang
seines Geschäftes hinunter, gefolgt von fünf kleinen Hundebabys.
Eins davon war einzeln, weit hinter den anderen.

Sofort sah der Junge den humpelnden Kleinen.
Er fragte: "Was fehlt diesem kleinen Hund?"
Der Mann erklärte, dass, als der Kleine geboren wurde,
der Tierarzt meinte, er habe ein kaputtes Gelenk und wird für
den Rest seines Lebens humpeln.

Der kleine Junge, richtig aufgeregt, meinte: "Den kleinen Hund möchte ich kaufen."
Der Mann antwortete: "Nein, den kleinen Hund möchtest du nicht kaufen.
Wenn du ihn wirklich möchtest, dann schenke ich ihn dir."
Der kleine Junge war ganz durcheinander.

Er sah direkt in die Augen des Mannes und sagte: "Ich möchte ihn nicht
geschenkt haben. Er ist ganz genauso viel wert wie die anderen Hunde
und ich will für ihn den vollen Preis zahlen.

Ich gebe Ihnen jetzt die 2,37 Euro und 50 Cent jeden Monat,
bis ich ihn bezahlt habe." Der Mann entgegnete: "Du musst den Hund wirklich
nicht bezahlen. Er wird niemals rennen, spielen und hüpfen können wie die
anderen kleinen Hunde."

Der kleine Junge langte nach unten und krempelte sein Hosenbein hinauf
und zum Vorschein kam sein schlimm verkrümmtes, verkrüppeltes linkes Bein,
geschient mit einer dicken Metallstange.

Er sah zu dem Mann hinauf und sagte: " Naja, ich kann auch nicht so gut rennen
und der kleine Hund braucht jemanden, der Verständnis für ihn hat."

Der Mann biss sich auf seine Unterlippe. Tränen stiegen in seine Augen,
er lächelte und sagte:"Mein Junge, ich hoffe und bete, dass jedes einzelne
dieser Hundebabys einen Besitzer wie dich haben wird."

Im Leben kommt es nicht darauf an, wer du bist, sondern dass
jemand Dich dafür schätzt, was Du bist;
Dich akzeptiert und liebt...


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Die Bedeutung des Hundes für den Menschen ...

Als Mutter Erde das jüngste Kind von ihr und Vater Sonne gebar, kamen alle älteren Kinder ans Kinderbett, um ihr neues Geschwisterchen zu begrüßen und zu bewundern. “Es heißt Mensch”, flüsterte die Mutter Erde ihren Kindern zu. “Es wird einst ein Paradies für uns alle da sein, doch bis dahin wird es noch viel lernen müssen und es wird uns allen viele Veränderungen bescheren. Damit es wachsen kann braucht es unsere und auch eure Hilfe.”

Die Kinder der Erde waren ganz hingerissen von diesem neuen Wesen und alle, die sie hier versammelt waren, boten dem Kind feierlich ihre ganz besonderen Kräfte an und stellten sich als Lehrer und Vorbilder zur Verfügung. Der Fels sprach: “Ich werde dem Kind Halt und Boden geben, es soll auf mir leben und in mir Schutz und Wohnung finden. Ich werde es nach und nach ins Geheimnis der Struktur und Form einweihen und es lehren, stabil und standfest zu werden.” Der Baum sprach: “Ich werde es lehren, die Schöpfungskraft der Erde und des Himmels zu vereinen und werde ihm mit meinem Holz und meinen Früchten zum leiblichen und seelischen Wohl dienen.” Der Büffel sprach: “Ich werde es mit meinem Körper ernähren und ihm Kraft und Wärme spenden, damit es wachsen und gedeihen kann.” Der Adler öffnete seine mächtigen Flügel und sprach: “Ich werde seinen Blick weit oben ins Licht tragen, damit es Vater Sonne ins Angesicht schauen kann und sich zu seinem Ebenbild entwickelt.”

So kam ein Lebewesen nach dem anderen und sie alle boten dem Kind ihre Hilfe und ihr Wissen an, denn sie alle liebten es. Ganz am Schluss kam der alte Wolf. Er blickte das noch kleine Geschöpf lange an und sprach : “Ich werde ihm ein Führer sein, werde ihm zeigen, wie es sich im Leben behaupten muss und wie es seinem Schicksalsplan weise folgen kann. Doch meine Lehre wird es erst in vielen Daseinsjahren annehmen können, bis dahin braucht es erst einen Freund, der ihm hilft, ihn tröstet, der es schützt und ihm die Liebe zu sich selber lehrt.”

Damit drehte er sich um und schaute lange stumm in sein Rudel. Er befahl einen verspielten, lebhaften jungen Wolf zu sich und sprach: “Du mein jüngster Sohn wirst die Aufgabe erhalten, diesem jüngsten Kind unserer großen Mutter Erde als treuer Freund zur Seite zu stehen. Begleite es treu und pass auf es auf. Es wird uns allen mit seiner Neugierde und Aufgewecktheit viel Ärger machen und es wird sich häufig selbst sehr weh tun. Dann, mein Sohn musst du es an sein Gutsein und Richtigsein erinnern, du musst ihm zeigen, dass wir, die älteren Geschwister, es immer lieben und uns freuen über sein Wachstum.” Der junge Wolf schaute seinen Vater ernst an und nickte: “Das will ich tun Vater.” Dann drehte er sich um und schaute auf das Menschenkind. Seine Augen wurden ganz sanft und weich und seine Rute wedelte kaum merklich. Die Mutter Erde flüsterte ihm ganz sanft zu: “Nun kleiner Wolf, wirst Du ewig im Bann des Menschen bleiben und Dein Volk verlassen. Du bist nun nicht mehr ein Wolf, ab heute sollst Du Hund genannt werden, was soviel bedeutet wie: “Der die wahre Freundschaft lehrt”.

Der Hund legte sich glücklich neben das Bett des Menschen nieder und seufzte tief. Diesen Platz hat er bis heute nicht verlassen.

(Aus "Tierisch gut" von Regula Meyer)

 

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----- Original Message -----
Sent: Wednesday, April 04, 2007 5:11 PM
Subject: Lisa,eine wahre Geschichte, die demnächst in einem Buch erscheint. Karin

Familie Oehl

Lisa

„Man wirft ein Leben nicht weg,
nur weil es ein wenig beschädigt ist.“
(unbekannter Autor)

Seit vielen Jahren haben wir zu Hause eine Igelstation und arbeiten diesbezüglich auch mit einem Tierheim zusammen. Eines Tages war es mal wieder so weit. Einige gesunde Igel sollten in der offenen Halle des Tierheims den Winterschlaf verbringen. Wir fuhren zum Tierheim und halfen bei den Vorbereitungen, unsere Dackelhündin Susi war mitgekommen. Bei einem Schwätzchen in der Tierheimküche lernten wir den „Küchenhund“ Lisa kennen. Sie war eine Jammergestalt: kurzatmig, dünne Beine, dicker Körper. Wir erfuhren von ihr, dass sie von 1989 bis 1995 im Tierheim Verona gehalten worden und herz- und krebskrank sei. Man legte uns nahe, sie mitzunehmen. Wir hätten doch Erfahrung mit herzkranken Hunden, und Lisa könne dann in den wenigen ihr verbleibenden Wochen noch ein schönes Leben haben.

Kurz zuvor war unser Tino, auch ein schwieriger Hund aus dem Tierheim, verstorben und eigentlich wollten wir Susi in Ruhe alt werden lassen und keinen zweiten Hund mehr nehmen. Da waren mein Mann und ich uns einig. Aber Susi und Lisa vertrugen sich auf Anhieb, was ungewöhnlich ist bei „Damen“ untereinander. Und Lisas Blick war so traurig und bittend. Ich schaute meinen Mann an, er sagte einfach nur: „Nein.“ Mir schossen die Tränen in die Augen, da bückte sich mein Mann und sprach Lisa an: „Na, altes Mädchen“ – wie alt sie wirklich war, haben wir nie erfahren –, „möchtest du mit uns kommen? Dann komm!“ Lisa trottete zu uns, resigniert, mit hängendem Kopf und Schwanz, aber sie kam mit.

Zu Hause machte sie erst mal ein Bächlein in die Küche, sie war nicht stubenrein. Wir wischten es kommentarlos weg und gingen fortan – wie mit einem Welpen – nach dem Fressen und Schlafen mit ihr nach draußen. Und siehe da: Lisa begriff, dass sie ihr Geschäft außerhalb der Wohnung machen sollte.

Die erste tierärztliche Untersuchung endete mit einer katastrophalen Diagnose: Lisa hatte einen bösen Herzfehler, Wasser in der Lunge und massive Gesäugetumore, die aufgrund ihres Herzfehlers inoperabel waren. Künftig bekam sie regelmäßig Herzmedikamente und Entwässerungstabletten, die sie, in Leberwurst verpackt, ohne Weiteres schluckte. Es war unglaublich, dass diese Hündin, die wohl nie etwas hatte lernen dürfen, einfach nur lieb war. Sie freute sich über die kleinen Spaziergänge, die wir mit ihr machten. Ihr Herz erholte sich, das Wasser in der Lunge verschwand. Mit der Zeit wurde Lisa immer belastbarer, sie genoss nicht nur die länger werdenden Spaziergänge, sondern auch ihren Kuschelplatz neben und zwischen uns auf dem Sofa. Einen problemloseren Hund als Lisa kann man sich kaum vorstellen.

Wir begannen die Gesäugetumore mit homöopathischen Mitteln zu behandeln – erfolgreich. Sie wuchsen tatsächlich nicht weiter. Irgendwann vergaßen wir, dass wir einen sehr kranken Hund hatten. Als wir zwei Babykatzen aufnahmen, trug Lisa sie zu sich ins Körbchen, leckte sie ab und ließ sie saugen. Wir standen nur noch staunend da. Mit unserer kleinen Dackelhündin Susi gab es nie einen einzigen Streit, nicht mal ein Knurren.  Lisa war zwar nicht die Intelligenteste, aber unendlich lieb und dankbar. Wir konnten sie überallhin mitnehmen, sie raufte nie und war absolut folgsam, wenn sie verstand, was wir von ihr wollten. Bei einem Urlaub in den Schweizer Bergen machte Lisa lange Wandertouren mit uns und schien aufgeblüht und gesund.

Schließlich lebte sie statt der prophezeiten wenigen Wochen schon zweieinhalb Jahre bei uns, als sie eine Augenentzündung bekam, die auf die tierärztliche Behandlung nicht ansprach. Wir suchten daher einen Augenspezialisten auf, der ein Glaukom und eine Uveitis – eine Entzündung des gesamten Auges diagnostizierte. Wir behandelten Lisa mit Tropfen, aber schließlich war doch eine Operation unumgänglich, die die Hündin gut überstand, die aber leider nicht den gewünschten Erfolg brachte. Lisa bekam starke Schmerzen in der Augenregion, ihr war offenbar schwindelig und sie war äußerst berührungsempfindlich. Das erkrankte Auge sollte zwar am folgenden Tag entfernt werden, aber wir wollten nicht, dass Lisa sich mit diesen Schmerzen noch die Nacht hindurch quälte. So suchten wir unsere Tierärztin auf, die vorschlug, Lisas Kopf zu röntgen. Auf dem Bild war dann die Bescherung zu sehen: Metastasen ohne Ende.

Wir haben uns sehr schnell entschließen müssen, uns von Lisa zu verabschieden. Leiden sollte sie nicht, das war uns sehr wichtig. Sie wusste, dass ihr Ende gekommen war, und ließ alles über sich ergehen, ergeben wie immer. Ihr Kopf lag in meinem Arm. Wir haben ihr noch viel Liebe mit auf den Weg gegeben und uns unserer Tränen nicht geschämt. Nach Lisa mussten wir vor einem Jahr auch Susi verabschieden, die inzwischen fünfzehn Jahre alt geworden war. Es ist immer wieder schwer, wenn liebe Wegbegleiter gehen müssen. Aber es ist so lohnend und auch immer wieder ein Geschenk für uns, Handicap-Hunden noch eine gute Zeit zu schenken.

Was für ein Hund Lisa war? Ein Spaniel, ein zu kleiner Großer Münsterländer?
Egal, für uns war sie schön und wir vergessen sie nie...



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Hallo Leute,

 

 


ich bins ... der Bandit...

 


Ich hoffe, ihr wißt, wer ich bin, wenn nicht, dann schaut doch einfach bei uns auf der
Vermittlung-HP und ihr werdet sehen, ich bin einer von denen, die schon gaaaaaaaanz lange
hier im Düsseldorfer Tierheim waren...

Die Betonung liegt auf waren. Denn heute war es soweit.
Heute, das Wort lasse ich auf der Zunge zergehen, war mein großer Tag.
All meine Pfleger haben es bis zuletzt nicht geglaubt, das ich tatsächlich noch einmal das Glück haben
würde hier ausziehen zu dürfen, denn obwohl sie immer zu mir gesagt haben, ich möchte mich
doch einmal ein bischen netter präsentieren habe ich alle Menschen mit meinem gekläffe
und getöse und gegen das Gitter springen in die Flucht geschlagen.

Dazu kommt noch, das ich einen dunklen Körper habe und ein großes Maul wie der
Wolf vom Rotkäppchen, da hat dann die Meisten der Schreck gepackt und sie sind lieber
weitergezogen und haben sich den harmloser wirkenden Hunde-Kumpels zugewandt.

Was sie aber nicht gesehen haben, war das ich dann abends immer ganz traurig auf der
Pritsche im Zwinger saß und mit meinen großen Kulleraugen auf die Pfleger
geschaut habe. Ab und zu verliessen mich meine Zwingerfreunde und zogen
glücklich von dannen.

Mich wollte aber immer keiner und so wartete ich Abend für Abend auf
den neuen Tag. Es ist dann immer so eine Sache, wenn unsere Pfleger kommen und uns
trösten und sagen, das nächstemal bist du vielleicht der Glückliche,dann merke ich immer,
wie schwer ihnen ums Herz ist und letztendlich bin ich dann derjeneige gewesen, der sie getröstet hat.

Ich hab dann schnell meinen Kopf an ihnen geschubbelt und mich ganz wohl
gefühlt mit dem Trösten, denn wann bekommt man schon mal so viel Aufmerksamkeit alleine?

Es war eine wirklich harte, lange Zeit, denn wir durften einige Zeit - weil die Situation nicht
klar und sehr schwierig war - nicht vom Tierheimgelände runter. Gott sei Dank hat sich das
aber dann geändert und auf einmal begann es für uns schöner zu werden.

Lauter liebe Menschen kamen und gingen mit uns spazieren und so machte das Leben
wieder mehr Spaß. Jedesmal, wenn jemand mit einer Leine durch den Hundebau ging,
waren alle gespannt, wer darf heute mit? Ich hatte das Glück das ich auch des öfteren
mitgenommen wurde, und genoss jeden Spaziergang sehr.


Einer dieser regelmäßigen Spaziergänger erzählte dann, wenn er in den Vorruhestand ginge,
würde er sich einen von uns mit nach Hause nehmen und von diesem Moment an rätselten
wir alle, wer es wohl werden würde. Aber er hat dicht gehalten und mit keiner
Silbe verraten, wen er sich auserkoren hatte.
Wir haben alle gedacht ,der Typ sieht noch so jung aus, da müßen wir noch ein paar Jahre
warten bis wir ihm einen Hund geben dürfen. Tja so kann man sich täuschen.

 

 


Unser Bürohengst Werner hat es dann herausgefunden. Plötzlich wußten sie,
wen er sich ausgesucht hatte. Abends kam eine von unseren Pflegerinnen und freute sich
ganz fürchterlich mit mir, immer wieder sagte sie, du hast das große Glück,
du wirst bald hier ausziehen. Ich habe sie erst ein bischen komisch angesehen ,
aber dann verstand ich, das etwas anders ist als sonst. Ich hab mich
vorsichtshalber mal mitgefreut. Nun wurde ich noch öfter als sonst spazierengeführt,
denn die Frau von unserem Gassigänger holte mich auch ab und ich wußte genau,
das ich nun sehr wichtig war.

Ich habe danach dann immer sehr würdevoll auf meiner Pritsche gesessen.


Plötzlich ging alles ganz schnell. Irgendwie haben die sich echt Mühe gegeben,
denn in so einer Turbozeit haben - glaube ich - noch nie irgendwelche Menschen
die Papiere zusammengehabt.


Heeeeeeeuuuuuuuuuutttteeeeeeeeee
Heute wurde es war. Ich wurde abgeholt. Ich ... Bandit ... habe eine eigene Familie
und ich Bandit, wohne jetzt nicht mehr im Zwinger. Als mein Mensch kam, haben sie mich
sogar noch fotografiert. Ich halte ehrlich gesagt nichts vom Fotografieren und hab denen
die kalte Schulter gezeigt. Ich wollte eigentlich nur Eins und zwar nach Hause.

 

 

Das wollte ich euch nur sagen, denn immerhin war ich ja sieben lange Jahre hier und
bin bestimmt dem einen oder anderen Menschen auf dem Foto bekannt.

Was ich aber auch nicht versäumen möchte ist dem TSV zu danken, der uns in dieser
langen Zeit - und obwohl das alles bestimmt sehr teuer war und so manche Stimme
gegen uns gesprochen hat - immer zu verteidigen und all meinen Kumpels die hier noch
sitzen und warten Obdach zu geben und ihnen das Leben so angenehm wie möglich
zu machen. Also das ist schon eine sehr gute Sache ich bin auf jeden Fall froh das ich
nach so langer Zeit diesen schönen Brief an Euch schreiben darf.


Meinen Hundekumpels kann ich nur sagen, nicht aufgeben und immer hoffen.
Ausserdem wird euer Leben ja demnächst noch ein wenig schöner,
wenn der Verein diesen prima Hundebau baut, dann haben alle meine Freunde
auch bessere Zwinger und können sich da wenigstens noch ein wenig wohler fühlen.

Euer Bandit

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Als ich noch ein Welpe war....

Als ich noch ein Welpe war, unterhielt ich Dich mit meinen Possen und brachte Dich zum Lachen. Du nanntest mich Dein Kind, und trotz einer Anzahl durchgekauter Schuhe und so manchem abgeschlachteten Sofakissen wurde ich Dein bester Freund. Immer wenn ich "böse" war, erhobst Du Deinen Finger und fragtest mich "Wie konntest Du nur?" - aber dann gabst Du nach und drehtest mich auf den Rücken, um mir den Bauch zu kraulen.

Mit meiner Stubenreinheit dauerte es ein bisschen länger als erwartet, denn Du warst furchtbar beschäftigt, aber zusammen bekamen wir das in den Griff. Ich erinnere mich an jene Nächte, in denen ich mich im Bett an Dich kuschelte und Du mir Deine Geheimnisse und Träume anvertrautest, und ich glaubte, das Leben könnte nicht schöner sein. Gemeinsam machten wir lange Spaziergänge im Park, drehten Runden mit dem Auto, holten uns Eis (ich bekam immer nur die Waffel, denn "Eiskrem ist schlecht für Hunde", sagtest Du), und ich döste stundenlang in der Sonne, während ich auf Deine abendliche Rückkehr wartete.

Allmählich fingst Du an, mehr Zeit mit Arbeit und Deiner Karriere zu verbringen - und auch damit, Dir einen menschlichen Gefährten zu suchen.

Ich wartete geduldig auf Dich, tröstete Dich über Liebeskummer und Enttäuschungen hinweg, tadelte Dich niemals wegen schlechter Entscheidungen und überschlug mich vor Freude, wenn Du heimkamst und als Du Dich verliebtest. Sie, jetzt Deine Frau, ist kein "Hundemensch" - trotzdem hieß ich sie in unserem Heim willkommen, versuchte ihr meine Zuneigung zu zeigen und gehorchte ihr. Ich war glücklich, weil Du glücklich warst. Dann kamen die Menschenbabies, und ich teilte Deine Aufregung darüber. Ich war fasziniert von ihrer rosa Haut und ihrem Geruch und wollte sie genauso bemuttern.

Nur dass Du und Deine Frau angst hattet, ich könnte ihnen wehtun, und so verbrachte ich die meiste Zeit verbannt in einem anderen Zimmer oder in meiner Hütte. Oh, wie sehr wollte auch ich sie lieben, aber ich wurde zu einem "Gefangenen der Liebe".

Als sie aber größer waren, wurde ich ihr Freund. Sie krallten sich in meinem Fell fest, zogen sich daran hoch auf wackligen Beinchen, pieksten ihre Finger in meine Augen, inspizierten meine Ohren und gaben mir Küsse auf die Nase. Ich liebte alles an ihnen und ihre Berührung - denn Deine Berührung war jetzt so selten geworden - und ich hätte sie mit meinem Leben verteidigt, wenn es nötig gewesen wäre.

Ich kroch heimlich in ihre Betten, hörte ihren Sorgen und Träumen zu, und gemeinsam warteten wir auf das Geräusch Deines Wagens in der Auffahrt. Es gab einmal eine Zeit, da zogst Du auf die Frage, ob Du einen Hund hättest, ein Foto von mir aus der Brieftasche und erzähltest Geschichten über mich. In den letzten Jahren hast Du nur noch mit "Ja"

geantwortet und das Thema gewechselt. Ich hatte mich von "Deinem Hund"

in "nur einen Hund" verwandelt, und jede Ausgabe für mich wurde Dir zum Dorn im Auge.

Jetzt hast Du eine neue Berufsmöglichkeit in einer anderen Stadt, und Du und sie werdet in eine Wohnung ziehen, in der Haustiere nicht gestattet sind. Du hast die richtige Wahl für "Deine" Familie getroffen, aber es gab einmal eine Zeit, da war ich Deine einzige Familie.

Ich freute mich über die Autofahrt, bis wir am Tierheim ankamen. Es roch nach Hunden und Katzen, nach Angst, nach Hoffnungslosigkeit. Du fülltest die Formulare aus und sagtest "Ich weiß, Sie werden ein gutes Zuhause für sie finden". Mit einem Achselzucken warfen sie Dir einen gequälten Blick zu. Sie wissen, was einen Hund oder eine Katze in "mittleren"

Jahren erwartet - auch mit "Stammbaum". Du musstest Deinem Sohn jeden Finger einzeln vom Halsband lösen, als er schrie "Nein, Papa, bitte! Sie dürfen mir meinen Hund nicht wegnehmen!" Und ich machte mir Sorgen um ihn und um die Lektionen, die Du ihm gerade beigebracht hattest: über Freundschaft und Loyalität, über Liebe und Verantwortung, und über Respekt vor allem Leben. Zum Abschied hast Du mir den Kopf getätschelt, meine Augen vermieden und höflich auf das Halsband und die Leine verzichtet. Du hattest einen Termin einzuhalten, und nun habe ich auch einen.

Nachdem Du fort warst, sagten die beiden netten Damen, Du hättest wahrscheinlich schon seit Monaten von dem bevorstehenden Umzug gewusst und nichts unternommen, um ein gutes Zuhause für mich zu finden. Sie schüttelten den Kopf und fragten "Wie konntest Du nur?"

Sie kümmern sich um uns hier im Tierheim so gut es eben geht. Natürlich werden wir gefüttert, aber ich habe meinen Appetit schon vor Tagen verloren. Anfangs rannte ich immer vor ans Gitter, sobald jemand an meinen Käfig kam, in der Hoffnung, das seiest Du - dass Du Deine Meinung geändert hättest - dass all dies nur ein schlimmer Traum gewesen sei...

Oder ich hoffte, dass es zumindest jemand wäre, der Interesse an mir hätte und mich retten könnte. Als ich einsah, dass ich nichts aufzubieten hatte gegen das vergnügte Um – Aufmerksamkeit - Heischen unbeschwerter Welpen, ahnungslos gegenüber ihrem eigenen Schicksal, zog ich mich in eine ferne Ecke zurück und wartete.

Ich hörte ihre Schritte als sie am Ende des Tages kam, um mich zu holen, und trottete hinter ihr her den Gang entlang zu einem abgelegenen Raum.

Ein angenehm ruhiger Raum. Sie hob mich auf den Tisch und kraulte meine Ohren und sagte mir, es sei alles in Ordnung. Mein Herz pochte vor Aufregung, was jetzt wohl geschehen würde, aber da war auch ein Gefühl der Erleichterung. Für den Gefangenen der Liebe war die Zeit abgelaufen.

Meiner Natur gemäss war ich aber eher um sie besorgt. Ihre Aufgabe lastet schwer auf ihr, und das fühlte ich, genauso wie ich jede Deiner Stimmungen erfühlen konnte.

Behutsam legte sie den Stauschlauch an meiner Vorderpfote an, während eine Träne über ihre Wange floss. Ich leckte ihre Hand, um sie zu trösten, genauso wie ich Dich vor vielen Jahren getröstet hatte. Mit geübtem Griff führte sie die Nadel in meine Vene ein. Als ich den Einstich fühlte und spürte, wie die kühle Flüssigkeit durch meinen Körper lief, wurde ich schläfrig und legte mich hin, blickte in ihre gütigen Augen und flüsterte "Wie konntest Du nur?"

Vielleicht verstand sie die Hundesprache und sagte deshalb "Es tut mir ja so leid". Sie umarmte mich und beeilte sich mir zu erklären, es sei ihre Aufgabe dafür zu sorgen, dass ich bald an einem besseren Ort wäre, wo ich weder ignoriert noch missbraucht noch ausgesetzt werden könnte oder auf mich alleine gestellt wäre - einem Ort der Liebe und des Lichts, vollkommen anders als dieser irdische Ort. Und mit meiner letzten Kraft versuchte ich ihr mit einem Klopfen meines Schwanzes zu verstehen zu geben, dass mein "Wie konntest Du nur?" nicht ihr galt. Du warst es, mein geliebtes Herrchen, an den ich dachte. Ich werde für immer an Dich denken und auf Dich warten

Möge Dir ein jeder in Deinem Leben so viel Loyalität zeigen.

 

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Wie der Hund zu seiner kalten und feuchten Nase kam

Als ein Mann namens Noah anfing in Mitten der Wueste ein Boot
zu bauen lachten alle Leute. Sie dachten: Was ein Narr!

Aber Noah hoerte nicht auf sie, er horchte auf den Gott der
Hebraeer welcher ihm gehiess ein Boot zu bauen. Also baute
Noah ein Boot- er nannte es Arche.
Als er fertig war gruppierte er alle Tiere- zwei bei zwei-
um mit ihm in seiner Arche zu reisen.

Die Leute lachten ueber die Possum, Panther und Pinguine.
Sie lachten ueber die Geparden, Chinchillas, Giraffen und
Gazellen, Nashoerner und Nilpferde.
Aber alle Tiere- zwei bei zwei- trabten in die Arche.
Alsbald fing es heftig an zu regnen. Es regnete und regnete,
es goss in Stroemen und regnete immerfort.

Die Leute hoerten ploetzlich auf zu lachen und die Arche floss dahin.
Noah und seine Familie und alle Tiere - zwei bei zwei- trieben
sicher ueber das Wasser. Sie segelten fuer vierzig Tage und
vierzig Naechte. Als der Regen innehielt kamen Noah und seine
Familie und alle Tiere -zwei bei zwei- aus der Arche heraus.

Bis auf einen Einzigen!
Niemand konnte den kleinen Hund finden. Noah suchte ueberall.
Er suchte auf dem Ersten Deck, er suchte auf dem Zweiten und er
schaute auf dem Dritten Dreck.
Endlich, in der entferntesten Ecke im untersten Deck-
dort fand er den kleinen Hund.
Der Hund zitterte am ganzen Koerper und stand mit seiner Nase
fest gegen die Seiten des Bootrandes gepresst.

"Komm her, kleiner Hund" rief Noah. "Es ist Zeit, komm heraus".
Aber der kleine Hund ruehrte sich nicht von der Stelle.
Noah schob ihn vorsichtig zur Seite. "Was ist das?", rief Noah aus.
"Ein Loch in der Arche. Die Arche haette auf Grund dessen versinken koennen.
Kleiner Hund, du hast uns gerettet! Mich, meine Familie und all die
anderen Tiere -zwei bei zwei-,- mit deiner kleinen Nase".

Der kleine Hund war sehr stolz. Aber nochmehr war er hungrig.

"Kleiner Hund" sprach Noah aus waehrend er einen saftigen Knochen hervorzog,
"Nun wird die ganze Welt und alle folgenden Generationen um deine grosse Leistung wissen-
Deine Nase wird vortan immer kalt und feucht sein, genauso wie sie heute ist".

So kam der Hund zu seiner kalten und feuchten Nase.
Wenn DU sie fühlst, erinnere dich an den kleinen Hund der
mit Hilfe seiner Nase Noah, seine Familie und all die anderen
Tiere -zwei bei zwei- beschützte und rettete...

 

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Typische Fragen an Hundehalter:
 

"BEISST DER?"
- "Nein, er schluckt im Ganzen!"
- "Nein, aber er küsst unheimlich gut!"
- "Nein, er hat schon gefrühstückt!"
- "Ja glauben Sie dem graust es vor gar nix?"
- "Nein, er darf keine Kinder beißen, denn bei Kindern weiß man
ja nie, wo sie vorher waren und ob sie geimpft sind!"
- "War das jetzt eine Frage an mich oder haben Sie mit
dem Hund gesprochen?"
- "Nein, er tritt sie vors Schienbein!"
 
 

"HÖRT IHR HUND?"
- "Sicher, er reagiert nur nicht!"
 
 

"TUT DER WAS?"
- "Nein, in den nächsten zwei Stunden nicht. Er verdaut noch den Yorkie!"
- "Ja, atmen!"
- "Nein, er lebt von der Stütze!"
 
 

"Ist da ein Kampfhund mit drin?"
"Ich hab ihn noch nicht aufgemacht und reingeguckt."



 
 
 
 
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Die Geschichte von Dzok aus Krakau: 

Es war einmal ein Hund. Ein völlig gewöhnlicher, schwarzer, großer Hund mit Knickohren.

Sagen wir mal: eine einfache Promenadenmischung durchschnittlichen Aussehens und ohne Ausbildung. Woher er kam, welches Schicksal er hatte, konnte niemand jemals in Erfahrung bringen. Er tauchte auf mit seinem Herrchen an dem großen, viel befahrenen Kreisverkehr neben der „Grunwaldzki“- Brücke in Krakau.

Dort passierte das Unglück. Fremde Menschen legten das schweigende, bewegungslose Herrchen auf ein komisches Bett, niedrig und schmal, dann trugen sie es schnell ins Auto und fuhren weg. Das Herrchen war verschwunden, die Sirene des Krankenwagens verstummte in der Ferne, der Hund blieb allein. Desorientiert, umringt von rasenden Fahrzeugen, dem Lärm der Straßenbahn, den heulenden und knatternden Motoren und die Luft durchtränkt von Abgasen, zwischen unbekannten Menschenmassen ihren Weg dahineilend.

Geschockt und unglücklich wollte er keine Hilfe von Fremden annehmen. Er hatte doch sein Herrchen, es galt nur, ihn wieder zu finden. Leider stellte sich sogar der empfindliche Geruchssinn eines Hundes als unzureichend raus. Die Spur seines Herrn riss an der Stelle ab, wo vor kurzem die Trage stand. Suchen? Aber wo? Das Herrchen ist doch immer zurückgekommen, man konnte sich auf ihn verlassen. Wenn der Hund von hier wegginge, können sie sich für immer verlieren. Unentschlossen lief er mal in die eine, mal in die andere Richtung. Dann setzte er sich, immer aufmerksam und angespannt, jeden Augenblick vorbereitet auf eine warme Begrüßung. Die Zeit verging, aber das Herrchen kam nicht. Der Hund glaubte jedoch fest daran, dass das Herrchen jeden Augenblick auftauchen würde  und sie gemeinsam nach Hause gehen könnten. Er wartete geduldig in dem ermüdenden Lärm und den Abgasen, er wartete sehnsüchtig und mit ungebrochener Hoffnung, Stunden, Tage, Monate…

Er wusste nicht, dass sein Herrchen dahin gegangen war, von wo man nicht wieder zurückkehrt.

In Kürze wurde der Hund berühmt. Es wurde über ihn in Zeitungen berichtet, seine Treue lobend, und Menschen kamen zu dem Kreisverkehr nur aus dem einzigen Grund, ihn zu sehen. Er hatte viele neue Freunde. Sie besuchten und streichelten ihn, sie kümmerten sich darum, dass er keinen Hunger litt, und einige wären mit Freude bereit gewesen, ihn in ihre Obhut zu nehmen. Dzok – so hieß der Hund inzwischen -  mochte diese Menschen, er zeigte ihnen seine Sympathie, er erlaubte ihnen, mit ihm zu schmusen, und aß die ihm mitgebrachte Nahrung. Jeder Versuch, ihn von seiner Stelle entfernen zu wollen, scheiterte jedoch an friedlicher, aber bestimmter Gegenwehr des Hundes. Er musste hier sein und warten, nichts konnte ihn davon abhalten: Kälte, Hitze, weder Regen noch Sturm, nicht einmal der freundliche Mensch, der ihm seine Gastfreundschaft anbot.

Obwohl man ihm ein Häuschen auf dem Rondell hingestellt hatte, wollte er nicht darin wohnen. Auf der Suche nach Schutz könnte er doch sein Herrchen nicht bemerken, und er kommt zurück, ganz sicher kommt er zurück zum Hund.  Es verging ein Jahr, Tausende Stunden treuen Wartens. In Dzok´s Herz schlichen sich langsam Zweifel ein. Er war erschöpft, die Kräfte verließen ihn. So viele Tage unter freiem Himmel, in dem betäubenden Straßenverkehr und der ständigen nervösen erwartungsfreudigen Anspannung, alles umsonst. Jetzt endlich ließ er sich überreden, und zog bei einer älteren Dame, Frau Marie Müller, ein, die trotz seiner Wehr ihre Einladung immer wieder erneuert hat.

Dem Hund ging es gut bei dem neuen Frauchen, aber mit zurückkehrenden Kräften kam auch die Sehnsucht zurück. Während des Spaziergangs lief er am liebsten in Richtung des Rondells, dorthin, wo er sein Herrchen zum letzten Mal gesehen hatte. Nach wie vor verspürte er die Sehnsucht, den Willen, ihn zu finden. Brav kehrte er immer nach Hause zurück, um am nächsten Tag die Suche von neuem aufzunehmen. Trotzdem fühlte Dzok eine immer engere Bindung zu seinem neuen Frauchen, bis er sie endlich von ganzem Herzen liebte. Vielleicht wäre er vollkommen glücklich gewesen, aber er konnte sein Herrchen nicht vergessen. Zu Hause ruhig, beim Spazieren immer aufmerksam, ständig das Wiedersehen erwartend.

Doch es kam der Tag, als der Hund auch dieses Frauchen verlor. Es ist ungewiss, ob er verstand, dass sie starb. Er musste sein Häuschen verlassen, jetzt sollte er in einem Tierheim in „Szczowice“, einem kleinen Ort bei Krakau, wohnen. Er wollte dort nicht bleiben, schon am ersten Tag entkam er durch ein Loch, gegraben unter dem Zaun des Tierheims, und flüchtete, direkt unter die Räder eines heranrasenden Zuges. Er, der ein ganzes Jahr sicher an einer Stelle gelebt hat, wo der Verkehr nie zum Stillstand gekommen war. 

Am 26. Mai 2001 wurde auf dem Weichsel-Boulevard zum 10-jährigen Todestag des Hundes Dzok ein Denkmal enthüllt, dem zahlreiche ranghohe Persönlichkeiten aus der Politik beiwohnten. Die Enthüllung des Denkmals „ des Treuesten aller Treuen“, wie die Inschrift lautet, wurde von Kety, dem Hund des Präsidenten der Stadt Krakau, vollführt. 

 

 

 

Autorin Lidia Graczynska
(basierend auf einer wahren Begebenheit)

Übersetzung aus dem Polnischen von Michael Kurc

 

 

 

 
 
 

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 Rosie

Rosies Geschichte ist nicht nur die Geschichte einer Hündin, die über Jahre misshandelt und missbraucht wurde. Sie ist auch eine Geschichte von Menschen, die sich nach ihrer Befreiung verzweifelt darum bemühten, sie zurück - oder sollte man besser sagen überhaupt erst hinein - in ein hundewürdiges Leben zu führen, und es ist vor allem auch ein sehr persönliches Stück meiner Geschichte und der meines Mannes.

Mein Mann Burkhard und ich lebten in einem Bauernhaus zusammen mit unseren zwei Hunden Elsa und Chenook. Elsa, eine Mischung aus Gebirgsschweißhund und Boxer, kam als Welpe zu mir und war damals sehr krank. Sie wurde in die Praxis eines befreundeten Tierarztes gebracht, der der kleinen Hündin, die da schwer atmend in einem mit Decken ausgepolsterten Bananenkarton lag, nicht viel Chancen gab, es doch aber wenigstens versuchen wollte. Sie hatte Parvovirose, eine Viruserkrankung, die zu blutigen Brechdurchfällen führt und zumindest bei Welpen meistens mit dem Tod endet. Aber dieser kleine braune Hund wollte leben, kämpfte mit seiner ganzen Kraft, und so fragte mich unser Freund, ob ich bereit wäre, mich um ihn zu kümmern.

Ich nahm Bananenkiste samt Hund mit nach Hause, baute meine Küche kurzerhand zum Krankenlager um, indem ich Nägel in die Holzbalken schlug, von denen die Infusionsflaschen herabhingen, und alles mit Plastikplanen auslegte, um besser reinigen zu können. Das kleine braune Wesen brauchte einen Namen, und so taufte ich sie nach einigem Überlegen Elsa, weil sie braun war wie eine Löwin und weil sie wie eine Löwin um ihr Leben kämpfte, was mich an die wunderbare Geschichte der Löwin Elsa von Joy Adamson erinnerte. Elsas Geschichte ist letztendlich eine eigene, hier sei nur erwähnt, dass sie diese Krankheit überlebt hat und seitdem bei mir (und später, als ich meinen Mann kennen lernte, bei uns) lebt.

Chenook kam einige Jahre später zu uns. Sein Vater war eine Mischung aus Hovawart und Schäferhund und seine Mutter ein Collie, und so wurde er ein stattlicher Rüde mit dem Wachtrieb des Hovawart und der Freundlichkeit und Sanftheit des Collies. Er gehörte einer Frau, die nach zweieinhalb Jahren fand, dass der Hund doch zu groß geworden sei und außerdem einige Verhaltensprobleme hatte, die sie zwar selbst verschuldet hatte, für die sie sich jedoch trotzdem nicht für zuständig befand. Kurzum: Er sollte weg und kam so zu mir.

So lebten wir also mit zwei Menschen und zwei Hunden im Chiemgau, bildeten eine glückliche Familie, und alles war bestens. Eines Tages hatte ich eine Art Vorahnung.

Ich hatte innerhalb einer Woche dreimal geträumt, dass ein weiterer Hund zu uns kommen würde, und fühlte intuitiv, dass dies nicht irgendein Traum war, sondern einer jener, die eine besondere Bedeutung hatten. Er forderte mich zum Handeln auf, ich spürte, dass es irgendwo auf dieser Welt einen Hund gab, der darauf wartete, von mir gefunden zu werden. Es galt nur herauszufinden, wo dieser Hund war, denn darüber sagte mein Traum nichts.

In verschiedenen Religionen findet sich die Aussage, dass unsere Träume und Visionen nur dann in die Realität kommen können, wenn wir sie dort verwurzeln. Mit anderen Worten: Ich musste die Information in die Welt tragen, dass ich nach einem Hund suchte - dann würden sich bestimmt Wege auftun, die zu ihm führen. Dies war meine feste Überzeugung, und da ich mich gerade auf einer Seminarreise befand, nahm ich mir vor, einfach allen Teilnehmern dieser Veranstaltung zu erzählen, dass ich nach einem Hund suchte, und abzuwarten, was dann passierte.

Mein Plan kam mir logisch und doch verwegen vor. Irgendein Hund sollte es sein? Oder würde mir meine innere Stimme vielleicht doch noch ein paar mehr Informationen darüber geben können, welche Art von Hund es war, den ich da suchte? Ich konzentrierte mich, und die ersten Wörter, die mir einfielen waren "weiblich, Collie, es geht mir schlecht". Ich suchte also einen weiblichen Collie, dem es irgendwie nicht gut ging. Und so gab ich es bekannt.

Nach dem nächsten Theorieblock des Seminarthemas sagte ich beiläufig, dass Burkhard und ich bereit wären, noch einen weiteren Hund, am liebsten aus dem Tierschutz, aufzunehmen und dass wir gern einen Collie hätten. Wenn jemand was wüsste, solle er uns doch einfach Bescheid geben. Darauf meldete sich ein Ehepaar, das mir eine Internetadresse gab www.Collie-in-Not.de. Das sei die Homepage eines Vereins, der sich speziell um Collies aus dem Tierschutz kümmere, vielleicht würde ich dort etwas finden. Ich war zwar gespannt, was sich nun tun würde, nachdem ich meine Information in die Welt gegeben hatte, aber mit einer so schnellen Reaktion hatte ich nicht gerechnet. Natürlich war ich aufgeregt, hätte am liebsten sofort das Internet aufgerufen, hatte aber keine Gelegenheit dazu, da ich mich in einem Hotel befand, das diesen Service nicht anbot.

Gleich am nächsten Tag, als wir wieder im Chiemgau ankamen, rief ich die genannte Homepage auf und war neugierig, was mich erwarten würde. Ich klickte mich durch die verschiedenen Abteilungen bis zu den "Vermittlungen" und rollte dort die Bilder und Beschreibungen der verschiedenen Hunde auf dem Bildschirm herunter. Und da war sie!

Ich erkannte sie sofort. Eine Colliehündin, die ziemlich verschüchtert wirkend in einem Korb lag, mit einer kurzen, knappen Beschreibung, sie brauche erfahrene Hände, da sie sehr ängstlich sei.

Kennen Sie diese innere Unruhe, die freudige Erregung, wenn Sie einfach wissen, ohne dies logisch erklären zu können, dass Sie auf dem richtigen Weg sind?!

So ging es mir. Innerlich aufgewühlt, in freudiger Erwartung und gleichzeitig aufgeregt, rief ich sofort die angegebene Telefonnummer an, um mich nach "meinem" Hund zu erkundigen. Nach endlos langem Klingeln nahm eine Dame am anderen Ende der Leitung ab: "Collie in Not, Koopmann, guten Tag."

Ich erklärte, dass ich mich für die Hündin interessiere, bereits mehrere Hunde hätte und ganz bestimmt eine gute Hundemutter sein würde - mit Haus und großem Garten und allem, was ein Hundeherz so glücklich macht... und mir wurde gesagt, dass die Hündin wahrscheinlich gar nicht zu vermitteln sei, weil sie so schwer verhaltensgestört ist, dass es wohl kaum Hoffnung für sie gäbe.

Frau Koopmann erklärte mir, dass Rosie (damals hieß sie noch anders, aber ich möchte ihren alten Namen nicht verwenden, denn für uns war sie immer Rosie) seit Wochen die meiste Zeit teilnahmslos in einem Korb liegen würde. In diesem Zustand des geistigen Abgetauchtseins befand sie sich fast immer, und wenn sie überhaupt einmal ansprechbar war, verlor sie beinahe den Verstand vor Angst.

Es waren schon mehrere Hundeexperten, Trainer etc. da gewesen, und jeder hatte nur kopfschüttelnd vor diesem Hund gestanden und keinen Rat gewusst. Ich solle mir die ganze Sache lieber noch mal überlegen, es stünden auch noch andere Colliehündinnen zur Vermittlung, die nicht ganz so verstört seien, denn vor kurzem hatte eine Beschlagnahmung einer ganzen Scheune voll Hunde stattgefunden, von denen nun einige bei Collie in Not e.V. untergebracht worden waren. Rosie war eine davon.

Wir vereinbarten, dass ich mich am nächsten Tag wieder melden würde und mir bis dahin ganz genau überlegen sollte, ob ich mich wirklich auf ein so schwer verhaltensgestörtes Tier einlassen wolle. Später erfuhr ich dann, dass Frau Koopmann die Zeit, die ich mir zum überlegen nehmen sollte, nutzte, um sich über mich zu erkundigen. Ein aus ihrer Sicht verständlicher Schritt, denn sie wollte sicher sein, wem sie dieses Tier - wenn überhaupt - anvertraute. Man hatte bereits ernsthaft über eine Einschläferung nachgedacht, obwohl man diesem Gedanken sonst keinesfalls nahe stand. Nur bei diesem Hund schien so alle Hoffnung verloren.

Ich schlief unruhig in dieser Nacht, überlegte, was mit diesem Hund wohl los war, warum ich so sicher war, dass er zu uns gehörte, auf was ich mich wohl einlassen würde usw. usw. - die Gedanken drehten sich schließlich im Kreis, und so beschloss ich, ihnen nicht weiter nachzuhängen, da ich sowieso nicht mit Sicherheit wissen konnte, was auf mich zukäme. Ich hatte mir Rosies Bild ausgedruckt und an meinen Schreibtisch gehängt. Am nächsten Morgen rief ich Frau Koopmann an und sagte, ich sei mir noch immer sicher, dass ich diesen Hund haben wolle, und so schlug sie mir vor, vorbeizukommen und mir erst einmal selbst einen Eindruck von Rosie zu verschaffen. Innerhalb weniger Tage verlegte ich alle meine Termine und machte mich gemeinsam mit einer Praktikantin auf den langen Weg vom einen Ende der Republik zum anderen, denn ich lebe im Chiemgau, kurz vor der österreichischen Grenze, und der Hund war in Ostfriesland.

Die Fahrt war nervtötend und lang. Ich hatte geplant, so gegen 18.00 Uhr anzukommen, stattdessen erreichte ich das Haus von Collie in Not e.V. gegen 2.00 Uhr nachts. Unterwegs hatte ich mehrfach angerufen und versichert, dass ich auf dem Weg sei und ganz bestimmt noch mit mir zu rechnen wäre.

Die ganze Fahrt über war ich davon überzeugt, auf dem Weg zu meinem Hund zu sein, und als ich endlich mitten in der Nacht ankam, begrüßte ich die Koopmanns, die mir im Morgenmantel die Tür öffneten und mich herzlich willkommen hießen, nur mit einem kurz angebundenen "Ja, hallo..." und fragte sofort nach dem Hund. Nochmals warnten sie mich, nicht enttäuscht zu sein, wenn ich Rosie sehen würde. Sie selbst hätten noch nie einen Hund gesehen, der so kaputt an der Seele sei. Ich antwortete nichts. Ich kann mich noch erinnern, dass ich dachte, dass ich schon viele "kaputte" Hunde gesehen hatte, also würde mich auch dieser nicht aus der Fassung bringen.

Wir gingen durch den Hausflur, und hinten in einem Eck, abgeschirmt vom Trubel des normalen Alltagsgeschehens, lag Rosie in dem Korb, den ich schon auf dem Foto im Internet gesehen hatte. Stumm, bewegungslos, teilnahmslos, nicht ansprechbar, vollkommen abgetaucht in eine Welt, zu der niemand Zutritt hatte, in der sie niemand erreichen konnte. Dieser Hund hatte gründlich gelernt, sich der Realität zu entziehen. Was war bloß mit ihr geschehen?

Ich erinnerte mich an die Stationen aus Rosies Leben, von denen die Koopmanns wussten und die sie mir schon am Telefon erzählt hatten. Es war nur wenig über ihr bisheriges Leben bekannt, aber dieses Wenige reichte aus, dass ich mir in etwa vorstellen konnte, was sie erlebt hatte.

Rosie wurde mit mehreren Collies und diversen anderen Hunden in einer Art ausgebauten Scheune gehalten. Insgesamt waren es um die 20 Hunde, die nur mangelhaft versorgt wurden und kaum Kontakt zu Menschen hatten. Rosie war vermutlich in der Halle geboren worden und hatte diese nie verlassen. Zum Zeitpunkt ihrer Befreiung durch die Beschlagnahmung eines Amtstierarztes war sie schon über fünf Jahre alt. Anhand ihres Gesäuges konnte man sehen, dass sie mit Sicherheit mehrfach Junge gehabt hatte, und im Ort war bekannt, dass ihr Besitzer und sein Gehilfe die Welpen aller Hunde, die regelmäßig kamen, gegen Bargeld oder Bierkisten eintauschten.

Und noch etwas war Gesprächsthema hinter vorgehaltener Hand und allgemein bekannt - dass sich zumindest einer der Männer, wenn nicht beide, an den Hündinnen vergingen. Sexueller Missbrauch mit Hunden. Ich hatte bisher nur von Sodomie mit Pferden, Schafen oder Kühen gehört... und fragte mich, wie es denn überhaupt möglich ist, diese perverse Spielart menschlicher Sexualität mit Tieren zu praktizieren, die so kleine Geschlechtsorgane hatten gemessen an der Größe eines männlichen Penis. Aber dann fiel mir ein, dass ja auch nicht vor dem Missbrauch von Säuglingen zurückgeschreckt wird, und auch das ist ja völlig unvorstellbar.

Ja, all das zusammengenommen verstand ich, dass diese Hündin um zu überleben wahrscheinlich lernen musste, sich aus der Realität zu verabschieden. Abzutauchen in eine Welt, in der sie nicht erreichbar war für die Grausamkeit und die Schmerzen, die das Leben für sie bereit hielt.

Ich wurde oft gefragt, ob ich imstande sei, mir vorzustellen, wie ein Mensch so etwas tun konnte - sich an diesem wehrlosen Tier zu vergehen. Oh ja, ich konnte es mir vorstellen.

Ich sah vor mir, wie Rosie angstvoll in einer Ecke der Scheune in sich zusammensackte, sobald sie die Schritte des Mannes hörte, der ihr wieder und wieder Schmerzen zufügte.

Ich sah vor mir, wie er sie packte, sie an ihrem Fell festhielt, sie schlug, als sie noch die Kraft hatte, sich zu wehren oder doch wenigstens versuchte, zu fliehen und irgendwie davonzukommen.

Ja, und ich konnte mir auch vorstellen, wie er von hinten kommend in sie eindrang und bei ihr eine widerliche, kranke Lust befriedigte, bei deren Gedanke und bildlicher Vorstellung mir übel wird.

Und gerade deshalb habe ich, haben wir alle nicht das Recht, mit vor das Gesicht geschlagenen Händen aufzustöhnen, dass wir von diesem widerlichen Elend nichts hören wollen. Rosie und all die vielen tausend Namenlosen, für die sie stellvertretend steht, mussten und müssen das ertragen, was wir nicht einmal beim Namen nennen wollen. Öffentlich tabuisiert, auch nur darüber zu reden. Das Verbotene, Kranke, Abstoßende. Und das wird sich niemals ändern, solange wir nicht bereit sind hinzuschauen, dem Ekel ins Gesicht zu sehen, die Dinge beim Namen zu nennen und endlich zu handeln. Denn die Anhänger dieser Praktiken sind da weniger zimperlich, sind im Internet bestens organisiert.

Auf Ihren Websites geben sie sich gegenseitig Tipps und Anleitung für die Durchführung eines Verbrechens, das nach deutschem Recht keines ist. Eine gesetzliche Grauzone zu einem Thema, das die Menge so peinlich berührt und deshalb totgeschwiegen wird, dass wir vor lauter Schweigen sogar vergessen, die Täter zu verurteilen, um die Opfer zu schützen.

Ich hatte mir nach all den Schilderungen und Warnungen der Koopmanns versucht auszumalen, was mich erwarten würde, wenn ich Rosie zum ersten Mal gegenüber stehen würde. Ich hatte all die verängstigten Hunde vor Augen, die mir im Laufe der Jahre während meiner Arbeit im Tierschutz oder in meiner Hundeschule vorgestellt wurden, und versucht, mich auf das Schlimmste einzustellen, was ich imstande war, mir vorzustellen. Aber der Anblick dieses Hundes war schlimmer. Dieser Hund hatte keine Hoffnung. Jetzt und hier, in diesem Augenblick, wünschte er sich, tot zu sein, damit der Zustand der immerzu empfundenen Angst einfach aufhörte.

Ich war zu müde, um einen klaren Gedanken zu fassen, und beschloss daher, erst einmal ins Bett zu gehen. Die Koopmanns hatten ein Matratzenlager für mich und meine Begleiterin hergerichtet, auf das ich mich vollkommen erschöpft fallen ließ. Ich erinnere mich noch, dass mein letzter Gedanke vor dem Einschlafen war: "Du hast mich gerufen, ab jetzt bin ich da. Wir sind schon im gleichen Haus. Was immer kommen mag."

Am nächsten Morgen schaute ich zuerst nach Rosie. Sie lag vollkommen unverändert im Korb, als hätte sie sich die ganze Nacht über nicht bewegt. Die Koopmanns erzählten mir, dass Rosie nur nachts in den Garten ging, wenn es vollkommen still im Haus war und sie ganz sicher war, dass ihr niemand begegnen würde. Dann kam es sogar vor, dass sie mit den anderen Hunden, die ebenfalls aus der Scheune zu Collie in Not e.V. gebracht worden waren, ausgelassen spielte.

Ich setzte mich neben sie, streichelte sie und wusste nicht einmal genau, warum ich das tat. Vielleicht in der naiven Vorstellung, sie würde mich plötzlich anschauen und aus ihrer Erstarrung erwachen, wenn sie nur merkte, dass ich es gut mit ihr meinte? Natürlich tat sie das nicht. Sie hatte solche Angst, dass sie sogar den Atem anhielt, solange sie konnte, wenn man näher als etwa zwei Meter an sie heran kam. Daran änderte auch der von mir angewendete Tellington-Touch nichts, der sich sonst immer als Eisbrecher zwischen mir und sehr ängstlichen Tieren bewährt hatte.

Natürlich nahm sie auch keines der leckeren Käse- oder Wurststücke, die ich für sie vorbereitet hatte. Also versuchte ich es anders. Ich steckte ihr ein Käsestück zwischen Lefze und Zahnfleisch in den Mund und entfernte mich für 15 bis 20 Minuten - um den Käse bei meiner Rückkehr genau dort vorzufinden, wo ich ihn deponiert hatte. Sie war so weit weg von uns, von all dem um sich herum, dass sie nicht einmal ein Stück Futter, das ich ihr in den Fang gesteckt hatte, herunterschluckte. Ich war ziemlich verzweifelt.

Vielleicht war es für diese Hündin wirklich das Beste, eingeschläfert zu werden? Konnte es sein, dass ich diesen ganzen Weg zu ihr nur deshalb zurückgelegt hatte, um einzusehen, dass man ihr nur noch damit helfen konnte, sie für immer aus diesem Leben zu verabschieden und auf die lange Reise in den Hundehimmel zu schicken? Die Koopmanns, die Praktikantin und ich grübelten und diskutierten stundenlang, denn keiner von uns ist normalerweise bereit, einen körperlich gesunden Hund zu euthanasieren. Anderseits - konnte man in Rosies Fall denn überhaupt von gesund sprechen? Dieser Hund war krank. So krank an der Seele, wie es ein einsames Wesen auf dieser Welt nur sein konnte.

Auf keinen Fall wollte ich nach nur wenigen Stunden mit ihr eine solche Entscheidung fällen. Schließlich ging es um ihr Leben. Ich bin immer wieder entsetzt, wie leichtfertig manche Menschen den Tod eines ihnen anvertrauten Tieres entscheiden. Das wollte ich nicht. Ich rief Martina Albert an, eine gute Hundetrainerin und langjährige Freundin, und erzählte ihr die ganze Geschichte - und dass ich nun in Ostfriesland vor diesem Hund säße und nicht weiter wisse. Ich bat sie, all ihre Termine abzusagen und auf dem schnellsten Weg herzukommen, was sie auch tat. Auch sie musste ein paar hundert Kilometer zurücklegen, und so dauerte es einen halben Tag, ehe sie eintraf. Auch sie war müde und erschöpft bei ihrer Ankunft und fassungslos von dem Anblick, der sich ihr bot, als sie Rosie in ihrer Ecke liegen sah.


Glaubte Rosie sich unbeobachtet, webte sie mit ihrem schmalen zierlichen Kopf Achterschlingen in die Luft. Sobald sie wahrnahm, dass sie beobachtet wurde, stellte sie sogar diese Bewegung ein.

Wieder versuchten wir, sie zu einer Reaktion zu animieren, indem wir ihr ein Käsestück in den Fang legten und gingen. Nach dem vierten Versuch an diesem Tag war es verschwunden, als wir nach einigen Minuten zurückkamen. Es war tatsächlich weg, sie hatte es gefressen. Können Sie sich mehrere erwachsene Menschen vorstellen, die zu Tränen gerührt feststellen, dass ein Hund es geschafft hatte, ein Stück Käse herunterzuschlucken?!

Ich fragte mich, wie es nun weitergehen sollte und wie bedeutungsvoll diese erste Regung von ihr wohl war, da brachte es Martina auf den Punkt. Sie sagte: "Es ist noch Leben in ihr... und wo Leben ist, ist Hoffnung. Du hast mich gebeten, hierher zu kommen, damit ich Dir rate, was Du tun sollst. Mein Rat ist, gib diesen Hund nicht auf. Versuch, Rosie zu helfen. Ich weiß auch nicht, wie. Aber es ist noch Leben in ihr..." Schon während sie sprach, wusste ich, dass sie Recht hatte. Jegliche Überlegung über eine eventuelle Einschläferung verbot sich, seit Rosie das Stück Käse heruntergeschluckt hatte. Es war Leben in ihr.

Ich ging mit Ruhe und in vollkommener Klarheit zu den Koopmanns in die Küche und erzählte ihnen, was geschehen war und dass ich mich entschlossen hätte, Rosie aufzunehmen und alles zu versuchen, sie zurück in ein gutes Leben zu bringen. Natürlich war vollkommen klar, dass ich diesen Hund nicht einfach ins Auto setzen und mitnehmen konnte. Es gab eine Menge vorzubereiten. Zunächst besorgte ich aus einer nahe gelegenen Tierklinik Medikamente, die Rosies Nervenkostüm in eine Art Wattebausch packten.

Die Anflutung des Mittels würde mehrere Tage dauern, und so fuhr ich nach Hause, um dort alles vorzubereiten. Das Grundstück musste so gesichert werden, dass Rosie bei eventuellen Panikattacken nicht flüchten konnte. Alle Teppiche wurden verräumt, denn zumindest in der ersten Zeit war nicht damit zu rechnen, dass Rosie stubenrein sein würde. Nach zahllosen Telefonaten zwischen Ostfriesland und Südbayern wurde sie schließlich am 26. Dezember 2000 zu uns gebracht.

Klaus Koopmann fuhr den langen Weg mit ihr, und als die beiden ankamen, waren wir alle erstaunt, wie scheinbar gut sie die Reise überstanden hatte. Sie ließ sich aus dem Auto in den Garten und - nach einer langen Pfütze - von dort ins Haus tragen. Dort lief sie zwar geduckt und hektisch herum, suchte sich dann aber relativ schnell eine ruhige Ecke und legte sich auf eine Decke, die wir dort bereit gelegt hatten. Schon glaubten wir, das Schlimmste sei vielleicht doch schon überstanden und alles würde doch einfacher, als bisher angenommen. Die folgende Nacht zeigte, dass wir mit dieser Hoffnung vollkommen falsch gelegen hatten.

Rosie beantwortete den Stress des Transportes und des Ankommens in einer fremden, nicht vertrauten Umgebung mit einem Zusammenbruch des Immunsystems. Sie bekam blutigen Durchfall und erbrach sich in stündlichen Abständen blutig. Sogar ihre Tränenflüssigkeit war rötlich gefärbt, da die Äderchen im Augenhintergrund platzten. Wir waren sehr erschrocken, holten natürlich sofort den Tierarzt - an einen Transport von Rosie war ja gar nicht zu denken - und der stand nach unzähligen Untersuchungen und Laborbefunden ebenso ratlos wie wir vor der Tatsache, dass dieser Hund, der vor unseren Augen regelrecht ausblutete, klinisch gesund war.

Die Kot- und Urinproben waren in Ordnung, keine Verwurmung, kein bakteriologischer oder mykotischer Befund, und auch die Blutwerte deuteten auf keine spezielle Erkrankung hin. Sie blutete einfach, wurde immer schwächer. Der Durchfall und das Erbrochene gaben einen bestialischen Gestank von sich, der inzwischen unser ganzes Haus erfüllte und uns nachts oft weckte. Als Burkhard und ich die dritte beinahe schlaflose Nacht damit verbrachten, Kot, Urin und Erbrochenes vom Boden unseres frisch renovierten Hauses zu putzen, fragte ich mich, wie lange er das wohl noch mitmachen würde. Wir waren erst seit ein paar Monaten ein Paar, und ich wusste zwar, dass er sehr tierlieb und sehr geduldig war, aber andererseits war ich mir nicht sicher, wie lange er einer derartigen Belastungsprobe standhalten würde. Während wir also in Nachthemd und Schlafanzug auf allen Vieren über den Fußboden putzten und ich gerade diesen düsteren Gedanken nachhing, ob er auch solche Härten mit mir bereit zu leben war, sagte er gegen 3.00 Uhr morgens in all dem Chaos zu mir: "Gut, dass Rosie zu uns gekommen ist. Wer weiß, ob andere Leute das mitgemacht hätten."

Was für ein Mann! Einfach, ruhig und klar wischte er mit diesem einen Satz all meine Sorgen um die verdreckte Küche, die schlaflosen Nächte und meine erst vor kurzem begonnene Ehe weg. Er war an meiner Seite, verstand, dass ich niemals aufgeben würde, und hatte auch selbst keinen Zweifel daran, dass dieser Hund zu uns gehörte und all das hier irgendeinen Sinn hatte, den wir vielleicht noch nicht ganz verstanden, der aber in jedem Fall da war.

Der Tierarzt kam täglich vier- bis fünfmal, um nach Rosie zu sehen. Sie wurde zusehends schwächer, aber sie kämpfte, und da war etwas Neues in ihrer Ausstrahlung - sie wollte leben. Am fünften Tag ließen Durchfall und Erbrechen nach, ab dem siebten Tag konnte Rosie wieder löffelweise breiige Nahrung zu sich nehmen. Nach insgesamt zwölf Tagen war sie über den Berg. Und nun begann die eigentliche Arbeit, denn es galt, Rosie in unseren Alltag zu integrieren.

Sie lernte in winzigen Schritten. Der erste Schritt war, dass sie selbstständig in den Garten ging, wenn auf dem Weg dorthin niemand zu sehen war. Sie musste durch die Küche, in der sie sich während ihrer Krankheit ihren Stammplatz ausgesucht hatte, den sie bis zu ihrem Tod einige Jahre später beibehielt, über den Flur, durch den Rahmen der Haustür nach draußen.

Wir öffneten also alle Türen weit, gingen in ein an den Flur angrenzendes Zimmer oder klemmten uns zwischen Tür und Flurwand, bis sie durchgesaust war. Dass alles bereit und niemand mehr im Weg war, signalisierten wir ihr durch ein langgezogenes "Rosiiiiie", bei dessen Ertönen sie sich auf den Weg machte. Nach einigen Wochen wurden diese Gänge durch die Küche und über den Flur ruhiger, nicht mehr so gehetzt, und sie genoss es sichtlich, im Garten zu sein.

Die Haustür unseres Hofes stand immer offen, Tag und Nacht, damit die Hunde und Katzen jederzeit raus konnten. Eines Morgens wurde ich wach und schaute durch das Küchenfenster nach draußen, während ich mir meinen morgendlichen Tee kochte. Es war etwa 5.00 Uhr in der Früh, und auf der taufrischen Wiese im Garten wälzte sich Rosie, strampelte mit allen Vieren in der Luft und hatte zum ersten Mal ein Lächeln im Gesicht. Nach einer Weile stand sie auf, schüttelte sich und lief schnüffelnd durch den Garten. Als sie mich sah, fuhr sie kurz zusammen, aber da ich mich nicht weiter rührte, ging sie dann doch weiter durch den Garten und kam schließlich wieder rein, um sich auf ihren angestammten Platz zu legen.

Wie bringt man einen solchen Hund dazu, mit spazieren zu gehen? An ein Losgehen von zu Hause aus war natürlich nicht zu denken. Noch immer hatte Rosie mehrere Panikattacken täglich, die durch Nichtigkeiten wie ein flatterndes T-Shirt, das zum Lüften herausgehängt worden war, oder ein bestimmtes Geräusch ausgelöst werden konnten, und wenn sie in Panik kam, dann rannte sie. Wir mussten also ein Gelände finden, dass ein solches Rennen möglich machte, ohne sie in Gefahr zu bringen; denn alle Auslöser für eine Angstattacke auszuschließen, war unmöglich.

Aber wie kriegten wir sie ins Auto, um zu einem solchen Gelände zu kommen? Rosie zu tragen, war praktisch unmöglich, denn das wurde meist mit Angstkoten beantwortet. Nach langen Überlegungen und Diskussionen fuhren wir unseren Wagen durch den Garten ganz dicht vor die Terrassentür, die von der Küche nach draußen führte. Dann folgte der vertraute Ruf "Rosiiiie". Wir hofften, dass sie einfach den anderen Hunden hinterher in das Auto springen würde, wenn es keinen anderen Weg gab. Allerdings kam uns dieser Plan sehr verwegen vor, und es war eher der Mut der Verzweiflung, der uns das probieren ließ. Es klappte!

Rosie zögerte zwar einen Augenblick, sprang dann aber zu Elsa und Chenook ins Auto. Wir fuhren in ein weitläufiges Waldgebiet und öffneten mit klopfenden Herzen die Autotür. Was, wenn sie anfing zu laufen und sich nicht mehr einfangen ließ? Aber welche Chance hatten wir sonst? Ihr ein Brustgeschirr und eine Leine anzulegen, war zu diesem Zeitpunkt undenkbar! Ich hatte es einmal im Garten versucht. Schon das Anlegen des Geschirrs war schwierig, Rosie erstarrte sofort und tauchte wieder in die Leere des Seins ab. Schließlich lief sie durch den Garten zurück auf ihren Liegeplatz in der Küche, fing dort aber augenblicklich damit an, dieses ungewohnte Ding an ihrem Körper anzuknabbern.

Beim nächsten Versuch hängte ich eine sehr lange Leine an das Geschirr, um sie an das Körpergefühl der Begrenzung zu gewöhnen. Als sie das Ende der Leine erreichte und bemerkte, dass sie "gehalten" wurde, drehte sie vollständig durch. Sie sprang wie ein Wildpferd in die Leine, schrie, kotete und war nicht mehr ansprechbar. Ich ließ die Leine nach wenigen Sekunden los, Rosie raste in die Küche und verkroch sich den Rest des Tages. Sie ging nicht einmal mehr in den Garten.

Es blieb uns also gar nichts anderes übrig, als sie mit den anderen laufen zu lassen und darauf zu vertrauen, dass sie sich Elsa und Chenook schon so weit angeschlossen hatte, dass sie den beiden einfach hinterherlief und alles machte, was die taten - und so war es auch. Am Ende des Spaziergangs sprangen Elsa und Chenook wieder in das Auto, und Rosie tat es ihnen nach, obgleich es ihr schwer fiel und sie zuerst mehrfach von einer Pfote auf die andere auf der Stelle getreten war, ehe sie schließlich zum Sprung ansetzte.

So liefen die Spaziergänge viele Monate lang, immer nach dem gleichen, ihr Sicherheit gebenden Ritual: alle zusammen einsteigen, Auto fahren, alle zusammen aussteigen, alle zusammen spazieren gehen, alle zusammen einsteigen, Auto fahren, alle zusammen aussteigen. Das alles lief perfekt, solange alles genau geplant und an seinem Platz war. Aber schon kleinste Veränderungen brachten Rosie vollkommen aus dem Konzept, und sei es nur, dass das Auto andersherum stand oder drei Meter weiter geparkt war als gewohnt.

Als Rosie etwa fünf oder sechs Monate bei uns war, wurde sie läufig. Dabei hielt sie sich so sauber, dass wir das erst bemerkten, als sie sich mit Chenook paarte. Denn auch der hatte keine besonderen Anstalten gemacht. Wozu auch? Schließlich musste er seiner Angebeteten nicht nächtelang nachjaulen, wie er es sonst tat, denn die lag ja neben ihm auf dem Teppich. Auch das noch! Was nun?

Normalerweise bin ich überhaupt kein Freund von der Idee, noch mehr Hunde in die Welt zu setzen, als es eh schon gibt. Immer wieder diskutiere ich auf meinen Seminaren über die Unsinnigkeit der Zucht, solange allein in deutschen Tierheimen über 300.000 Hunde auf ein neues Zuhause warten. 300.000 verlorene Seelen, die dringend darauf warten, von einem Menschen gefunden und geliebt zu werden. Wer will da mit welchem Argument rechtfertigen, noch mehr Hunde zu produzieren?!

Andererseits bin ich auch kein großer Anhänger der Abtreibung - weder beim Menschen noch beim Tier. Sicher gibt es Situationen oder medizinische Indikationen, die eine Abtreibung rechtfertigen, und es liegt mir vollkommen fern, über andere zu urteilen, die sich aus gutem Grund - oder auch leichtfertig und wenig durchdacht - für eine Abtreibung entscheiden. Aber dennoch ist das für mich ein schwieriges Thema, das ich nicht "einfach so" entscheide.

Ich war mir ziemlich sicher, dass Rosie erfolgreich gedeckt worden und nun tragend war. Die Flut von ungewollten Hunden ließen mich an eine Kastration mit Abtreibung denken, der Gedanke an das ungeborene Leben in Rosies Bauch davor zurückschrecken. Während meiner Tätigkeit in verschiedenen Tierarztpraxen hatte ich diese Operation dutzendfach selbst mit durchgeführt und wusste daher ganz genau, wovon ich sprach. Es ist kein schöner Anblick, wenn die bereits mit Kopf und Pfötchen entwickelten Jungen, die man durch die Gebärmutterhaut atmen sehen kann, herausgeschnitten und einfach entsorgt werden. Meiner Meinung nach sollte man das nicht auf die leichte Schulter nehmen.

Und dann kam mir noch ein Gedanke: In all diesem Elend, in dem Rosie in dieser Scheune gelebt hatte, dem Missbrauch ihres Besitzers ausgesetzt, hatte sie doch mehrfach Junge gehabt. Vielleicht war das etwas, das sie nicht nur kannte, sondern auch liebte?! Vielleicht hatte die Aufzucht der Jungen sie am Leben gehalten?

Turid Rugaas, eine bekannte Trainerin aus Norwegen, war gerade bei uns zu Besuch, und wir diskutierten viel über all diese verschiedenen Aspekte des Themas. Schließlich sagte sie mir, dass sie glaube, dass es gut für Rosie sein würde, die Jungen zu bekommen und sich dieser Aufgabe widmen zu können. Ich fühlte das Gleiche, und so beschlossen wir, sie nicht operieren zu lassen.

Tatsächlich beobachteten wir, dass sich Rosie durch die Trächtigkeit veränderte. Ihre Bindung an Chenook wurde viel intensiver und enger. Wo er war, war sie. Es war rührend und anmutig zugleich.

In der vierten Trächtigkeitswoche fiel mir auf, dass Rosie unruhig war, stark hechelte, viel trank und offensichtlich Kreislaufprobleme hatte. Ich berührte ihre Schnauze, die heiß und trocken war. Sofort holte ich das Fieberthermometer und maß fast 41°C! Ab in die Tierklinik.

Die Föten waren abgestorben, befanden sich in jaucheähnlichem Zustand in Rosies Bauch, es war zu einer Infektion gekommen. Operiert werden konnte sie nicht, solange das Fieber so hoch war. Wir mussten es schnell herunterbekommen, denn viel Zeit zum Warten hatten wir auch nicht. Ich drehte damals gerade das Video "Gemeinsam unterwegs", die Filmcrew stand um mich herum, während ich um das Leben meines Hundes bangte, weinte, verzweifelte, versuchte, mich wieder zusammenzureißen und wieder ein Stück des Drehbuchs abzuarbeiten. Es war grauenhaft.

Und in all diesem Chaos wurde ich auf einmal ruhig und wusste, dass Rosie nicht sterben würde. Nicht hier und jetzt, ihre Zeit war noch nicht gekommen. Ich kann nicht erklären, woher diese Gewissheit plötzlich kam. Es war wie eine innere Stimme, Intuition - ich hinterfrage es nicht, ich nehme es an und vertraue darauf, dass es schon irgendwie richtig ist.

Rosie hat die Operation überlebt und war schon wenige Tage später wieder recht munter, wollte sogar mit spazieren gehen. Sie blieb immer in Chenooks Nähe, schnüffelte interessiert am Wegesrand und genoss es offensichtlich, sich morgens in das taufrische Gras zu legen.

Genau ein Jahr nach ihrer Ankunft bei uns, am 26. Dezember 2001, bellte sie das erste Mal. Ich war nicht dabei, welche Enttäuschung. Burkhard rief mich ganz aufgeregt vom Spaziergang am Flussufer aus an und sagte: "Stell Dir vor, Rosie hat gerade ein Mal gebellt." Ich konnte es gar nicht fassen und fragte natürlich genau nach allen Details.

Er hatte für Chenook und Elsa ein paar Schneebälle geworfen, denen diese mit lautem Gekläff hinterherjagten. Durch die aufgekratzte Stimmung angesteckt, bellte plötzlich auch Rosie. Aufgeregt rief ich bei den Koopmanns an, um ihnen die Neuigkeiten zu berichten. Immer wenn Rosie sich weiterentwickelte, irgendetwas Besonderes in ihrem Leben passierte, rief ich sie an, und so hatte sich inzwischen eine Freundschaft entwickelt, obwohl wir uns nur einmal persönlich begegnet waren. Am Telefon sprachen wir über viele, auch sehr persönliche Dinge, und jedes Gespräch begann und endete immer mit Rosie.

Die hatte inzwischen viele Fortschritte gemacht. Sie hatte sich an das Tragen eines Brustgeschirres gewöhnt und konnte auch schon an einer drei Meter langen Leine gehen. Das Auto musste nicht mehr direkt vor die Tür gefahren werden, sondern Rosie ging mit den anderen durch den Garten über den Hof zum Wagen und stieg dort ein. Sie bewegte sich in der Wohnung von einem Raum in einen anderen, blieb nicht mehr ausschließlich auf ihrem Stammplatz in der Küche. Wir konnten sie streicheln, ohne dass sie zusammenzuckte oder die Luft anhielt - sie genoss es sogar, wenn man sie sanft berührte.

Wenn ich Veranstaltungen im Haus hatte, holten wir sie manchmal in den Seminarraum. Hierzu mussten alle ganz still sein. Dann kam Rosie vorsichtig herein, legte sich in einen der herumstehenden Körbe und fand es offensichtlich gut, dabei zu sein. Sie nahm inzwischen auch angebotene Leckerchen, und der Höhepunkt der Fressensentwicklungsstufe war erreicht, als sie das erste Mal klaute! Ich war überglücklich! Dieser Hund, der noch immer die meiste Zeit seines Lebens ruhig und still auf seiner Decke lag, hatte Initiative gezeigt und sich ein großes Stück Käse vom Tisch geklaut, als niemand in der Küche war. Toll! Super! Sofort rief ich die Koopmanns, Turid und Martina an, um ihnen diese großartigen Neuigkeiten zu erzählen. Während dieser Telefonate wurde mir bewusst, dass ich wunderbare Menschen zu meinen Freunden zähle, die sofort verstehen, warum ich mich so sehr darüber freuen kann, dass ein Hund Futter vom Tisch geklaut hat. Alle waren begeistert und freuten sich über Rosies Erfolg.

Es gab noch weitere Fortschritte in diesem ersten Jahr. Im Umgang mit anderen Hunden war sie wundervoll. Sanft und zurückhaltend kam sie einfach mit jedem gut aus. Deshalb hatte ich sie schon ein paarmal mit auf den Hundeplatz genommen, wenn ich Gruppenstunde hatte. Sie durfte auf dem 10.000 m² großen, eingezäunten Gelände herumlaufen und hatte Kontakt zu Menschen und Hunden. Die Kunst bestand anfangs darin, sie wieder an die Leine zu bekommen, wenn ich gehen wollte. Ich näherte mich ihr immer mit ihrem "Spezialruf": "Rosiiie", und ging langsam auf sie zu, während ich ihr die Leine deutlich sichtbar zeigte, damit sie einschätzen konnte, was ich von ihr wollte. Meistens klappte das ganz gut, und ich hatte sie innerhalb von zwei bis drei Minuten an der Leine. Sie ließ sich dann hinfallen, wo sie gerade war und wartete mit geducktem Kopf, bis der Karabiner eingehängt war. Dann rappelte sie sich wieder hoch und lief mit mir mit.

Aber einmal kam es zu einem Zwischenfall: Jemand hatte das Haupttor für wenige Sekunden offen gelassen, als Rosie gerade in der Nähe war. Sie lief hinaus und fand sich plötzlich in einer nicht ritualisierten und unbekannten Situation wieder, was eine Panikattacke bei ihr auslöste. Sie fing an zu rennen. Ich rannte ihr nach, so schnell ich konnte, aber natürlich war sie viel schneller. Und um so mehr ich hinter ihr herrannte, um so schneller wurde sie.

Denn bei allen Fortschritten blieb ihr eines bis zum Tod: Sie konnte es nicht ertragen, wenn jemand hinter ihr war, geschweige denn sich dabei noch annäherte. Die Erinnerung an den Missbrauch war offensichtlich sofort präsent. Man konnte sehen, wie sie vollkommen durchdrehte, wenn jemand hinter ihr stand oder lief - insbesondere, wenn dies ein Mann war. Ansonsten hatte sie übrigens erstaunlicherweise vor Männern nicht mehr oder weniger Angst als vor Frauen, was mich eigentlich wunderte.

Es hatte also keinen Sinn, weiter hinter ihr her zu rennen und sie dabei nur immer weiter vorwärts zu treiben. Ich lief zurück zum Auto, fuhr um den Häuserblock herum und kam so schließlich vor sie. Ich stieg aus, versuchte sie durch Rufen in ihrer abgetauchten Wahrnehmung zu erreichen, doch sobald sie mich sah, sauste sie kreuz und quer durch das Viertel. Sie rannte quer über die Straße, durch Gärten, wieder auf die Straße und schließlich geradewegs auf die Bahnschienen zu. Ich hatte mindestens so viel Panik wie sie und wählte schließlich die einzige Möglichkeit, die ich in diesem heillosen Durcheinander noch sah, indem ich mich mit einem Hechtsprung auf sie stürzte und die Leine einhängte.

Es war furchtbar. Rosies entsetzter Augenausdruck, als ich sie packte und festhielt. Sie schrie, versuchte zu entkommen. Blieb schließlich regungslos auf dem Asphalt liegen, als sie merkte, dass sie nicht weg kam. Sofort schoss mir durch den Kopf: "So ungefähr muss es in der Scheune zugegangen sein, wenn er kam..."

Ich trug sie zurück ins Auto und weinte fast die ganze Rückfahrt, weil ich immerzu an die Todesangst in ihren Augen denken musste, als ich mich auf sie geworfen hatte. Tausendmal entschuldigte ich mich bei ihr und versuchte ihr zu erklären, dass ich einfach verhindern musste, dass sie auf die Schienen lief. Ich hatte Angst, ihr Vertrauen für immer verloren zu haben.

Zu Hause angekommen sauste sie auf den Stammplatz in der Küche und schlief stundenlang. Es war ein unruhiger Schlaf, sie träumte viel, winselte, lief mit ihren zarten Colliepfötchen. Wohin wohl? Fort von ihm, fort von mir oder fort vor ihrer Erinnerung? Ich weiß es nicht... Am nächsten Tag benahm sie sich wieder wie immer, und mir fiel nicht nur ein Stein, sondern ein ganzer Felsbrocken der Erleichterung vom Herzen.

Wieder vergingen einige Monaten der vielen kleinen Wunder, die jeder Entwicklungsschub mit sich brachte. Eines Tages begann Rosie, mit den anderen Hunden zu rennen, wenn diese bei einem Spaziergang oder im Garten tobten. Sie bellte dabei aus vollem Herzen, schmiss sich bei der Morgenrunde ins taufrische Gras und strampelte voller Lebenslust bellend mit den Pfötchen in der Luft.

Inzwischen war Jule bei uns eingezogen. Jule ist eine Mischung aus Dalmatiner und Whippet, die ihr Zuhause verloren hatte, weil ihrem zuckerkranken Herrchen beide Beine amputiert werden mussten und er sich deshalb nicht mehr um sie kümmern konnte.

Er liebte den Hund über alles, behandelte sie gut, hatte aber in ihrer Ernährung und Erziehung viele Fehler gemacht. So war sie nicht nur sehr dick, sondern auch übermäßig ängstlich, weshalb sie jeden Menschen und einige Hunde anknurrte. Außerdem war sie nicht stubenrein und bellte aufgrund ihres schwachen Nervenkostüms viel. Mit anderen Worten: Sie war nicht gerade ein Vorzeigehund, als es darum ging, ein neues Zuhause für sie zu finden.

Ihr Besitzer dachte schon ernsthaft darüber nach, den Hund und sich selbst umzubringen, denn der Gedanke, seine heiß geliebte Hündin in ein Tierheim zu stecken, war ihm unerträglich. Über eine befreundete Trainerin, die von der ganzen Geschichte hörte, kam Jule zu uns, und so erweiterte sich unser Hundebestand auf vier. Die Eingliederung des Neuankömmlings in die bereits bestehende Gruppe war unspektakulär, und so gingen wir nun mit einem Hund mehr spazieren. Jule versuchte oft, Rosie zum spielen zu animieren, aber Rosie ging darauf nur selten ein. Entweder war sie bei Chenook, oder sie schnüffelte vor sich hin und hing ihren Gedanken nach.

Es wurde Herbst, und die Walnussbäume in unserem Garten hingen voll mit Früchten. Elsa, Jule und Chenook "grasten" oft regelrecht unter den großen Bäumen, knackten sich Nüsse, fraßen begeistert das Innere und spuckten die Schalen wieder aus. Häufig fand ich auch morgens in den Körbchen Nussschalen, von denen ich vermutete, sie stammten von Elsas nächtlichen Ausflügen zu den Bäumen.

Weit gefehlt! Eines Nachts, so gegen 3.00 Uhr, wurde ich wach. Als ich durch das Haus taperte, fiel mir auf, dass Rosie nicht zu sehen war. Also schaute ich wieder durch das Küchenfenster in den Garten, ob sie irgendwo zu sehen war. Was ich dann beobachtete, erstaunte mich wirklich. Sie lief unter dem Baum herum, sammelte zwei bis drei Walnüsse in ihrem Fang, trug sie in den großen Korb im Flur, knackte sie in aller Ruhe, fraß das Innere und holte die nächsten Nüsse.

Unglaublich! Woher konnte sie das?! Wie kam ein Hund, der den größten Teil seines Lebens in einer Scheune weggesperrt worden war, auf diese Idee, dieses zielgerichtete Handeln? Woher wusste sie, dass sie Walnüsse mochte? Hatte sie das Knacken und Fressen den anderen Hunden abgeschaut und dann einfach selbst ausprobiert? Ein Rätsel - und ein Geschenk, das alles beobachten zu können. Denn Rosie war ja nicht "nur" missbraucht worden, sondern war zusätzlich auch noch den Großteil ihres Lebens eingesperrt gewesen und litt unter dem so genannten Kaspar-Hauser-Syndrom, das man auch als Deprivationsschaden bezeichnet. Das bedeutet, dass dieser Hund in seinen wichtigsten lernintensiven Phasen der Welpen- und Jugendentwicklung kaum Möglichkeiten hatte, irgendetwas kennen zu lernen, und deshalb die einfachsten Dinge für ihn angstbesetzt waren.

In der kynologischen Fachliteratur findet sich immer wieder, dass diese Hunde zeitlebens problematisch bleiben, oftmals angst-aggressiv werden, meistens gar nicht in ein normales Leben geführt werden können, weil sie den einfachsten Umweltansprüchen nicht gerecht werden können.

All das stimmt nicht. Rosie holte nach - und das Interessante war, dass dies immer in Schüben passierte. Ganz lernintensive Phasen, in denen sie sich deutlich weiterentwickelte. Und dann wieder Ruhephasen, in denen sich das nun wieder neu Hinzugelernte offensichtlich setzen und festigen musste. Und diese Schübe kamen und gingen bis zu ihrem Tod. Erst eine Woche, bevor sie starb, setzte sie sich mit uns und den anderen Hunden auf den Teppich vor den brennenden Kamin und zeigte ganz deutlich, dass sie dicht bei uns sein wollte. Nach mehr als vier Jahren zum ersten Mal.

Rosies Vertrauen in uns und vor allem Chenook war inzwischen so weit gefestigt, dass sie sogar mit uns auf Reisen ging. Mehrfach hatten wir sie mit dabei, wenn wir zu Hundewanderungen in den Bayerischen Wald aufbrachen. Auch die Wanderungen selbst ging sie mit - immer darauf bedacht, dass kein menschliches Wesen hinter ihr lief... Solange sie das Schlusslicht der Gruppe bildete, ging es ihr gut. Völlig egal war es ihr übrigens, ob ein anderer Hund oder eine unserer Katzen hinter ihr lief.

Als Rosie etwas mehr als zweieinhalb Jahre bei uns war, bekam sie plötzlich hohe Fieberschübe, fraß nicht mehr und machte einen vollkommen geschwächten Eindruck. Natürlich sausten wir wieder sofort mit ihr in die Tierklinik. Die Diagnose klang zunächst nicht so schlimm: Borreliose. Wir wissen, dass wir in einem Gebiet mit sehr vielen Zecken leben, von denen auch viele Träger dieser Krankheit sind, und ich kannte aus meinem Kundenkreis einige Hunde, die Borrelioseträger waren, ohne lebensgefährlich zu erkranken. Aber bei Rosie war es leider nicht so.

Die Krankheit nahm innerhalb kürzester Zeit einen dramatischen Verlauf. Ihre Gelenke schwollen an und schmerzten. Ihr Kopf und ihre Beine schwollen sogar so stark an, dass die Haut aufplatzte und das darunter liegende Gewebewasser ablief. Es sah aus, als würden sich kleine Bäche ihren Weg über Rosies Kopf bahnen. Das Ganze war immer wieder von extrem hohen Fieberschüben begleitet und zog sich trotz intensiver Behandlung über viele Wochen. Zweimal wäre sie beinahe gestorben, rappelte sich aber immer wieder hoch. Dreimal stand ich vor ihr und fragte mich, ob ich sie nicht einschläfern lassen sollte, um ihr weiteres Leid zu ersparen, aber ein Blick in ihr verquollenes Gesicht reichte aus, um mich wissen zu lassen, dass sie leben wollte. Es war unglaublich.

   
Nie zuvor habe ich einen Hund erlebt, der bei so schwerer Krankheit und so großen Schmerzen derart in sich ruhend und klar "Ja" zum Leben sagte. Ich fragte mich, woher sie diese Kraft und Stärke nahm, und auf einmal wusste ich es.

Ich hatte Rosie vom Tropf abgehängt, damit sie aufstehen und ein wenig herumlaufen, eventuell sogar in den Garten gehen konnte, und tatsächlich rappelte sie sich hoch - und ging zu Chenook, der einige Meter von ihr entfernt lag. Mit einem Aufstöhnen ließ sie sich neben ihn fallen, worauf er sie vorsichtig beschnupperte und mit seiner ruhigen Art einfach bei ihr war. Sie liebte ihn, sie liebte ihn abgöttisch, und ich bin überzeugt davon, dass er der Grund dafür war, dass sie unbedingt weiterleben wollte. Sie hatte ihre große Liebe gefunden.

Rosie wurde zunächst wieder gesund, und die Bindung zu Chenook war durch die Zeit der Krankheit noch enger geworden. Wo immer er war, war sie. Stand er auf, um den Raum zu wechseln, ging sie mit. Ging er in den Garten oder in den ersten Stock, lief sie ihm nach. Ja, auch das Treppensteigen hatte sie so innerhalb kürzester Zeit gelernt. Er ging hoch, und sie wollte bei ihm sein, also ging sie ihm nach. So lernte sie das Treppensteigen.

Es folgten einige ruhigere Monate, in denen alles seinen gewohnten Gang lief. Rosie verzauberte mit ihrer Art einfach jeden Menschen, der sie kennen lernte. Viele Freunde, Verwandte, Seminarteilnehmer, Hundeschulenbesucher, selbst Handwerker, die aus irgendeinem Grund ins Haus kamen, waren fasziniert von ihrem Wesen. Bei allem Dreck, all dem Elend, das sie durchlebt hatte, war sie nur sanft und gut. Die Energie, die sie ausstrahlte, entsprach der reinen Liebe, wie wir sie in verschiedenen Religionen, Mythen und Sagen beschrieben finden. Sie hat viele Menschen Güte und Verzeihen gelehrt.

Sie selbst lernte immer weiter. Inzwischen wusste sie, wie man die Klickverschlüsse an den Schultaschen der Auszubildenden öffnet! Die eilig entwendeten Pausenbrote wurden in ruhige Ecken des Gartens getragen und sorgfältig ihrer Verpackungen entledigt, bevor sie gefressen wurden. Oft habe ich gesehen, wie die "Bestohlenen" mit vor Rührung leuchtenden Augen zugesehen haben, wie Rosie auf Diebestour ging und eilig mit ihrer Beute davon zog.

Ich erinnere mich noch an einen Tag, als ihr ganzes Fell über und über mit Zuckerguss verklebt war, weil sie das Gebäck einer Mitarbeiterin stibitzt hatte. Mit liebenswürdiger Miene legte sie sich wieder auf ihre Decke im Büro, als sei gar nichts. Wir alle liebten diese Momente und freuten uns so sehr über ihre Fortschritte. Bei den Spaziergängen bellte sie inzwischen wie verrückt. Oft rief ich bei den Koopmanns an, um ihnen zu erzählen, dass wir jetzt gerade im Schnee tobten oder bei Sommerhitze badeten, und sie hörten Rosie im Hintergrund bellen, die voller Begeisterung die Hänge rauf und runter sauste. Es war wundervoll.

An einem heißen Sommertag gingen Burkhard und ich mit den Hunden im beinahe ausgetrockneten Flussbett spazieren. Der Wasserstand war so niedrig, dass nur eben die Füße umspült wurden. Im Hintergrund war die Bergkette zu sehen, Wald und Wiesen um uns herum - ein Schauspiel der Natur, soweit das Auge reichte. Alle Hunde tobten im Wasser, Rosie spielte ausgelassen mit Chenook, Elsa, Jule und Shorty (Hund Nummer fünf, der inzwischen bei uns lebte) liefen durch das seichte Wasser. Es war einer der goldenen Augenblicke meines Lebens, und ich werde den tiefen Frieden und das große Glück, das ich in diesem Moment empfand, nie vergessen.

Welch ein Privileg, so leben zu können. In dieser wunderschönen Gegend, mit all den Tieren, die hier bei uns ihr Glück und ihren Frieden gefunden haben, und mit dem Mann an meiner Seite, den ich liebte und der mich liebte. Unweigerlich dachte ich an Rosie. Auch ich hatte schon die Schattenseiten des Lebens kennen gelernt und wusste dieses Glück um so mehr zu schätzen. Ob es ihr genauso ging, ob sie ähnlich fühlte?

Einige Tage später geschah wieder etwas Besonderes. Rosie schaute mir zum ersten Mal ins Gesicht, nahm direkt Blickkontakt mit mir auf. Dreieinhalb Jahre lebte sie nun bei uns, ehe sie mich das erste Mal direkt anschaute. Ganz ruhig, einen Moment lang. Dann schaute sie wieder weg. Es blieb das einzige Mal in all der Zeit, die wir miteinander lebten.

Unser Tierarzt sagte immer, dass Rosie so viel durchlebt und überlebt hatte, so viele Krankheiten überstanden, dass sie sicher steinalt werden würde. Leider hat er nicht Recht behalten.

Das lange Ende begann mit einem merkwürdigen Geräusch, das Rosie beim Schlucken produzierte. Irgendwann fiel es mir auf. Es hörte sich beinahe an, als ob jemand bei geschlossenem Mund rülpsen würde. Merkwürdig hohl. Innerhalb von ein, zwei Wochen war es deutlich öfter zu hören, und so machte ich mich wieder auf den Weg in die Tierklinik. Zunächst wusste keiner der Ärzte etwas mit diesem komischen Geräusch anzufangen. Rosies Blutwerte waren gut, sie fraß bei absolut gesegnetem Appetit - wenn auch begleitet von diesen Geräuschen - und war munter wie immer. Die Hinterhand schleifte und wackelte ein ganz klein bisschen mehr als sonst, aber das war für einen Hund in ihrem Alter (sie war inzwischen neun Jahre alt) nicht so außergewöhnlich, dass es uns Sorgen gemacht hätte.

Aber dann kam ein Verdacht auf, der mir den Hals zusammenschnürte. Mysathenia gravis, eine Krankheit, die zwar selten, aber gerade bei Collies eben doch manchmal vorkommt. Die Symptome äußern sich - medizinisch laienhaft ausgedrückt - ähnlich wie bei der Multiplen Sklerose beim Menschen. Die Muskeln erschlaffen nach und nach - und unaufhaltsam. Bei Rosie am stärksten an der Hinterhand und an der Speiseröhre.

So entstand ein so genannter Mega-Ösophagus, eine erschlaffte und dadurch extrem geweitete Speiseröhre. Die Speiseröhre ist ein Schlauch, der sich durch Kontraktion der Muskeln weitet und wieder verengt und damit den Futterbrei nach unten abschluckt und den Eingang zum Magen öffnet und wieder verschließt. Das merkwürdige Geräusch, das wir seit Wochen hörten, entstand dadurch, dass die Muskeln immer mehr erschlafften und sich dadurch viel Luft in der lose hängenden Speiseröhre befand. Der Mageneingang schloss sich nicht mehr richtig, weshalb Magensäure in die Speiseröhre aufstieg und deren Schleimhaut regelrecht verätzte. Diese Krankheit war nicht heilbar, im besten Falle war sie zeitlich hinauszuzögern.

Ich fragte den Tierarzt, wie viel Zeit Rosie noch habe, aber er wagte keine Prognose. Es gibt Hunde mit Mega-Ösophagus, die bei spezieller Fütterung jahrelang weiterleben können. Aber bei Rosie war der Krankheitsverlauf extrem und bezog sich außerdem nicht nur auf die Speiseröhre, sondern auch auf die Hinterhand, die merklich tauber und gefühlloser wurde.

Rosie kämpfte, und so kämpften wir mit ihr. Wir besorgten ein ganzes Arsenal an Medikamenten. Sie wurde ab sofort in vielen kleinen Portionen über den Tag verteilt gefüttert. 30 Minuten vor jeder Futtergabe erhielt sie eine milchige Flüssigkeit, die wir ihr in den Fang gaben und die sie abschluckte - sie schützte vor der aufsteigenden Magensäure. Alle möglichen Tabletten mussten in bestimmten Dosierungen zu bestimmten Tageszeiten gegeben werden. Ein- bis zweimal pro Woche kam der Tierarzt zu uns nach Hause, um sie zu akupunktieren. So hofften wir, den Krankheitsverlauf verlangsamen zu können, wenn er schon nicht aufzuhalten war.

Es gab gute und schlechte Tage. Rosie genoss die guten, an denen sie mit spazieren ging, sogar spielte, und ertrug die schlechten, an denen sie sich bis zu zehn Mal am Tag übergab, um das Erbrochene dann unverdrossen wieder aufzuessen. Sie wollte leben.

An einem Wochenende, an dem Turid Rugaas wieder bei uns zu Besuch war, um ein Seminar zu geben, ging es Rosie so schlecht, dass ich dachte, sie würde die nächsten ein bis zwei Tage nicht überleben. Ich wollte bei ihr sein und fragte Turid, ob sie das Seminar ohne meine Mitarbeit bestreiten könne. Sie willigte ein, und ich war erleichtert, bei Rosie bleiben zu können. Ich saß bei ihr auf der Decke, holte Chenook zu uns in die Küche, telefonierte stündlich mit der Tierklinik. Es wurde immer schlimmer.

Ich rief Burkhard an, dass auch er seine Arbeit unterbrechen und nach Hause kommen möge. Als er ankam, saßen wir bei Rosie und beschlossen, mit ihr in die Klinik zu fahren. Es ging ihr elend schlecht, und wir glaubten nicht, dass wir sie lebendig wieder mit nach Hause nehmen würden. Wir hatten beide einen dicken Kloß im Hals, als wir sie ins Auto trugen und losfuhren. Noch nie hatten wir einen Hund irgendwo anders sterben lassen als zu Hause.

Das war - und ist - mir sehr wichtig. Ich will nicht, dass ein von mir geliebtes Wesen seine letzten Stunden oder Minuten in der Anonymität einer Tierarztpraxis erleben muss. Für die meisten Hunde handelt es sich dabei auch noch um einen Ort, den sie aus unschönen Erfahrungen heraus fürchten. Aber es ging Rosie so schlecht, dass ich es nicht verantworten konnte, einfach weiter abzuwarten, und der Tierarzt, der zu uns nach Hause gekommen wäre, hatte keinen Dienst.

Wir trugen sie in den Behandlungsraum, die diensthabende Ärztin war erschrocken über ihren schlimmen Zustand. Eine Röntgenaufnahme zeigte, dass sich die Muskelerschlaffung der Speiseröhre dramatisch fortgesetzt hatte. Wir fragten, ob sie uns zur Einschläferung raten würde, und sie sagte, eine medizinische Indikation sei in jedem Fall gegeben, auch wenn der Hund zurzeit noch nicht in akuter Lebensgefahr sei. Burkhard und ich hatten uns zu Rosie auf den Boden gesetzt und baten, mit ihr allein sein zu dürfen.

Als die Ärztin gegangen war, saßen wir einfach nur da und redeten kaum ein Wort. Und plötzlich wussten wir es - hier und jetzt und vor allem nicht so, weit fort von zu Hause, würde unser Röschen nicht sterben. Ihre Zeit war bald abgelaufen, aber noch war es nicht so weit. Wir waren uns völlig sicher über dieses Gefühl, und so trug Burkhard sie ins Auto, und wir fuhren mit ihr nach Hause.

Chenook begrüßte sie mit einem sanften Wedeln, und Rosie erholte sich innerhalb von drei Tagen wieder. Sie hatte noch fünf weitere Monate! Gute Monate voller Fortschritte und Lebensfreude mit nur wenigen schlechten Tagen. Fast jeden Tag sprachen Burkhard und ich darüber, wie froh wir waren, auf unser "Bauchgefühl" gehört und sie an jenem Tag wieder mit nach Hause genommen zu haben.

Am 08. Februar 2005 ging Rosies Zeit hier bei uns zu Ende. Innerhalb einer Woche hatte sich ihr Zustand dramatisch verschlechtert, und die Speiseröhre war so weit erschlafft, dass sie auf die Luftröhre drückte. Rosie drohte zu ersticken, und wir liebten sie viel zu sehr, als dass wir ihr einen solch qualvollen Tod antun würden. Unser Tierarzt und Freund kam abends zu uns nach Hause, um sie in ihrer gewohnten Umgebung in Anwesenheit der ihr vertrauten Familie einzuschläfern.

Obwohl mir vollkommen klar war, dass die Entscheidung hier und jetzt richtig war, brauchte ich fast eine Stunde, ehe ich zustimmen konnte, die tödliche Injektion zu setzen. Ich war wie betäubt vom Schmerz des Abschiednehmens. Ich hätte ihr noch so viele schöne Jahre gewünscht, sie liebte das Leben, warum musste dieser wundervolle Hund all dies Furchtbare erleben, und warum blieb ihr nicht noch etwas mehr Zeit? Fragen über Fragen, auf die es natürlich keine Antwort gab. Es war wie es eben war, und damit galt es zu leben. Sie schlief ruhig ein, Chenook, Burkhard und ich waren bei ihr. Es war an der Zeit.

Wir hatten sie auf ihrer Lieblingsdecke aufgebahrt und Kerzen um sie herum aufgestellt, damit sie den Weg in den Hundehimmel hell erleuchtet gut finden möge. Rosie hat vielen Menschen viel bedeutet, und so kam mir die Idee, einige von ihnen anzurufen, um ihnen von Rosies Tod zu erzählen und sie zu bitten, ebenfalls Kerzen für sie aufzustellen. 17 Menschen rief ich an, erst später wurde mir bewusst, dass ich alle erreicht hatte, die ich anrief.

Die Nachricht von Rosies Tod verbreitete sich rasend schnell. In den folgenden Tagen bekamen wir beinahe zweihundert E-Mails, Briefe und Anrufe von Menschen, die sie irgendwann kennen gelernt hatten und in deren Herzen sie einen Platz gefunden hatten. Alle sagten, wie außergewöhnlich dieser Hund gewesen war, wie viel er ihnen bedeutet hatte und wie traurig sie darüber waren, dass Rosie nun nicht mehr da sein würde, wenn sie das nächste Mal zu einem Seminar oder Besuch kämen.

Und etwas ganz Besonderes war geschehen. Die 17 Personen, die ich an dem Abend, als sie starb, angerufen hatte, hatten nicht nur Kerzen angezündet, sondern ihrerseits Leute angerufen und die wieder ebenfalls welche. Wir wissen es nicht ganz genau, aber es haben wohl in etwa 100 Haushalten in Deutschland, Österreich und der Schweiz Kerzen für Rosie gebrannt. Was für ein außergewöhnlich schöner Abschied für einen außergewöhnlichen Hund.

Wir wussten zu diesem Zeitpunkt schon, dass wir das Bauernhaus verlassen und in ein anderes Haus umziehen würden. Bisher waren wir zwischen beiden Wohnorten gependelt, und Rosie liebte den einen ebenso wie den anderen. Beide Häuser hatten große Gärten, und so beschlossen wir, Rosie in dem Garten zu begraben, den wir weiterhin bewohnen würden, denn sie sollte weiterhin an unserem Leben teilhaben können.

Sie war nun seit 14 Stunden tot, und als Burkhard sie ins Auto trug, lief Chenook mit und legte sich neben sie in den Wagen, ganz ruhig und selbstverständlich war er bei ihr, so wie er es immer gewesen war. Alle anderen Hunde blieben im Garten und schauten uns nach, machten aber keine Anstalten mitzukommen. Als wir Rosie beerdigten, schaute Chenook noch einmal in das Grab hinab, wo sie mit ihrer Lieblingsdecke und ein paar persönlichen Gegenständen von uns lag, und winselte kurz. Dann drehte er sich um und ging einfach.

Zu Ostern, dem Fest der Auferstehung und des ewigen Lebens, schmückten wir ihr Grab und fassten es mit schönen Steinen ein. Seitdem wächst ein wunderschöner Rosenbusch darauf.

Rosie ist jeden Tag bei uns und wird es immer sein.

Rosie war die Hündin von Clarissa v. Reinhardt und Burkhard Pretzer.
Zu erreichen sind beide über
www.animal-learn.de

 

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---Ursprüngliche Nachricht---
Von: "Angys-Tierwelt.de" info@angys-tierwelt.de
Betreff: Ich, ein Hund aus dem Süden
Datum: 24. Feb 2010 11:38


Ich, ein Hund aus dem Süden

Ich war einmal ein kleiner Welpe und wurde in irgendeinem europäischen Land geboren. Irgendwie hatte ich mir ganz blöde Leute ausgesucht, die mich dann auf einem Feld in der prallen Sonne anbanden und weggingen. Es vergingen einige Tage, ich saß in der sengenden Hitze, hatte nichts zu fressen und schon mal gar nichts zu trinken. Da ich vorher immer an einer Kette angebunden war und gelernt hatte, dass es keinen Sinn macht, Leinen anzuknabbern kam ich gar nicht auf die Idee, es dieses mal zu versuchen. Ich wurde immer schwächer, die Hitze machte mir enorm zu schaffen, es gab keinen Schatten, kein bisschen Wasser. Mir wurde schwindelig und schwarz vor den Augen. Irgendwann hörte ich in der Ferne leise Stimmen und so langsam erwachte ich aus meiner Bewusstlosigkeit und fand mich zu meinem Erstaunen in einem weiß gekachelten Raum wieder. Ich war pitschnass, hatte eine Infusion an meinem Hinterbein, Menschen standen um mich herum und einer dieser Tierschutztanten liefen dicke Freudentränen über’s Gesicht da ich meine Augen geöffnet hatte.

Es dauerte einige Tage bis dass es mir besser ging, ich war bis zum Skelett abgemagert und vollkommen ausgetrocknet gewesen. Es wurde langsam besser und besser und nach ein paar Tagen konnte ich zu den anderen Hunden in ein Gehege. Ich erholte mich prächtig und zeigte doch eine gewisse Scheu allen Dingen gegenüber.

Irgendwann, 3 oder 4 Monate später, hat sich so eine Pflegestelle aus Deutschland angeboten, mich bis zur Adoption aufzunehmen. Alle waren einverstanden und ich flog nach Deutschland. Die Pflegestelle gab sich große Mühe, zog mir Halsband und Geschirr an, sicherte mich mit zwei Leinen und ich lernte, dass Menschen richtig nett sein können und hatte auch großes Vertrauen zu meiner Pflegestelle.

So gingen die Tage dahin und irgendwann kam ein junges Mädel von knapp 20 Jahren. Sie wollte unbedingt so einen Hund wie mich haben und nachdem eine Vorkontrolle durchgeführt worden war sollte ich dann in mein eigenes Heim umziehen.

Sonntag abends zog ich um und ich verbrachte die erste Nacht in meinem neuen Zuhause. Die paar Stunden waren nett, mir geschah nichts, ich verfolgte dieses junge Mädchen, damit sie mir nicht auch noch Abhanden kam, wie gerade zuvor die Pflegestelle, wo ich begonnen hatte, mich heimisch zu fühlen. Wir gingen auch zusammen spazieren, ich zuckte aber bei allem zusammen und zog auch manchmal rückwärts oder vorwärts um manch bösen Dingen, wie Autos, Mülltüten, anderen Menschen usw. zu entkommen. Einige wenige Hundekumpels trafen wir auch, da fühlte ich mich immer direkt besser.

Am nächsten Morgen wurde ich zur Mama meines neuen Frauchens gebracht, die sich nun wohl tagsüber um mich kümmern sollte. Ich merkte allerdings direkt, dass sie mir gegenüber unsicher war und sie strömte auch diesen Geruch von Angst aus. Das verunsicherte mich enorm. Es kann nicht gut sein, wenn einer ständig den Angstgeruch ausströmt und ich bekam auch immer ein bisschen Angst, wenn ich zu ihr hin musste. Sie war nämlich weiterhin mir gegenüber unsicher und hatte auch weiterhin ständig diesen Angstgeruch an sich. Das ging ein zwei Tage gut und am zweiten Tag passierte dann das folgenschwere Unglück. Die Mama meines neuen Frauchens, welche also diese Unsicherheit und Angst verbreitete, ging mit mir morgens zum Bäcker.
Es war kalt und glatt und die Mama von meinem Frauchen glitt auf dem Eisboden aus, weil ich auch so einen kleinen Sprung gemacht hatte, weil ihr Angst- und Unsicherheitsgeruch verstärkte natürlich meine Angst und Unsicherheit. Es kam, wie es in dem Fall des Ausrutschens kommen musste: ihr fiel meine Leine aus der Hand. Über den Sturz war ich so schockiert und entsetzt, dass ich das Weite suchte, denn ich sah ja nur einen Menschen, der sich auf mich stürzen wollte. Ich floh und floh und lief so einige Kilometer. Ich trug also mein Geschirr und die Leine an mir dran, die irgendwie ständig hinter mir her flatterte und ich floh vor dem ständig flatternden Ding da hinter mir. An einer Wiese sah ich andere Hunde, ich hatte kaum noch Puste und ich ging zu denen. Dort waren auch Menschen, die hatten noch keinen Sprung (Sturz der Frau) auf mich gemacht. Ich vertraute also und spielte ein bisschen mit den anderen Hunden.
Ja, ja, die Leine war noch immer an mir dran und irgend so ein Mensch ging dann recht groß auf mich zu in der Annahme ich sei ein „normaler“ Hund – was immer das auch heißen mochte. Dieses groß aufgerichtet sein, machte mir aber neue Angst und ich floh wieder und wurde wieder von dem flatternden Ding hinter mehr verfolgt. Ich floh über Felder und Straßen, immer weiter, immer weiter. Auf irgendeiner Hauptstraße brachte ich die Autos zum Stehen und lief verstört zwischen den Autos hin und her.
Einige hupten, andere sprangen aus dem Auto, jeder war irgendwie schnell und hektisch und so floh ich weiter. Wieder über Felder und dazwischen überquerte ich die Autobahnen, Autobahndreiecke und floh und floh. Es hupte, es war laut, alles schien sich gegen mich verschworen zu haben. Alles machte Jagd auf mich und hin und wieder tauchte auch noch der Geruch dieser auf mich stürzenden Frau auf, vor dem ich weiter floh, das wollte ich ja nun schier gar nicht wieder erleben.

Hin und wieder gingen mal Sichtungsmeldungen durchs Internet, aber es waren immer nur ganz vage Angaben und somit konnte auch keiner mir helfen. Es wurden Suchhunde eingesetzt, aber geschickter Weise hatten einige Leute meine Decke zerteilt und den Geruch durch die Gegend gezogen, sodass es durch die Witterungsverhältnisse und vor allem durch diese frischer gelegten Spuren für die Suchhunde unmöglich wurde, meine Spur zu verfolgen. Sie fanden zwar die meisten Deckenstücke aber wie hätten sie meine so geringe Spur, da ich ja in größter Eile floh, nach 3 Tagen (Schnee, Frost und Regen) noch verfolgen können, zumal es nur vage Hinweise gab, wo ich zuletzt gesehen worden war und dort besonders intensiv der Deckengeruch verstreut wurde.

Also konnten die ganzen Suchhunde einpacken, sie hatten ihre Arbeit, die die wirklich echt anstrengt, umsonst getan.

Dann, nach einigen Tagen gab es eine Sichtungsmeldung von mir in einer großen Firma. Das ganze Gelände war echt gut eingezäunt und es gab nur einen Ausgang. Aber auch, nachdem man meinen neuen Menschen gesagt hatte, keinesfalls dürfe die Frau, die sich aus meiner Sicht auf mich stürzte, dort auftauchen, genau diese Frau fuhr also dorthin und ich sah sie und flüchtete wieder um mein Leben. Ja, ja, mein Frauchen, welches ja Urlaub gehabt haben sollte, 14 Tage lang damit ich mich erst einmal eingewöhnen könnte – musste da arbeiten – ja, ja, 14 Tage waren noch nicht mal rum gewesen bei dieser Sichtung. Also ich floh wieder, floh so weit mich meine Beine tragen konnten... ich wurde noch 2mal gesehen, danach nicht mehr.

Was ist aus mir geworden??

Bin ich mit meiner Leine irgendwo hängen geblieben und habe mich natürlich immer noch nicht getraut, diese durchzubeißen und bin dann langsam verhungert und verdurstet?

Bin ich unter einen Zug gekommen und in 1000 kleine Teile zerteilt worden?

Bin ich einem Auto vor die Räder gelaufen?

Hatte ich irgendwann keine Kraft mehr, mich zu erheben und bin armselig verhungert?

Ich, ein Hund aus dem Süden, der mit viel Liebe und Hingabe gesund gepflegt worden war,

Ich, ein Hund aus dem Süden, der das Glück hatte, eine tolle Pflegestelle zu erhalten, die es schaffte, dass ich ein bisschen Vertrauen aufbauen konnte,

Ich, ein Hund aus dem Süden, dessen neues Frauchen nicht direkt 14 Tage Urlaub hatte und nicht noch 2 Tage auf mich warten konnte, damit ich Zeit zum Eingewöhnen hatte,

Ich, ein Hund aus dem Süden, deren Vorkontrolleurin diese nur halbherzig durchführte und nicht die Eltern von meinem neuen Frauchen aufsuchte um auch dort die Sachen zu prüfen,

Ich, ein Hund aus dem Süden, der diese Leichtherzigkeiten mit seinem Leben bezahlte.


Autor: Ich, ein Hund aus dem Süden - Übersetzung/Copyright: Maria Bader, Mönchengladbach, Ähnlichkeiten mit irgendwelchen tatsächlichen Ereignissen sind natürlich aufgrund des Themas vorhanden. Und irgendeine Passage wird sicherlich irgendeinem Leser bekannt vorkommen. Es ist eine Aneinanderreihung der Geschichten einiger entlaufener Hunde.

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