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Eine Chance fürs Leben

 
Eine Blutbank für Hunde in Hamburg
 

 

 

Blut eines Labradors
Ein Beutel mit dem Blut eines Labradors, aufgenommen in der tierärzlichen Klinik für kleine Haustiere in Hamburg-Rahlstedt (Foto vom 18.05.2004). Dirk Schrader, der Leiter der Praxis, hat eine Blutbank für Hunde eingerichtet. Denn für viele Tiere ist die Versorgung mit Blutplasma, also Blut ohne Blutzellen, oft die letze Chance, zu überleben. (Foto: dpa)

Hamburg/dpa. Dirk Schrader sieht es sofort: Das Tier ist in Not. Ständig legt sich der Schäferhund auf den Boden und steht nicht mehr auf. Die Binde- und Mundschleimhäute sind weiß verfärbt. Durch einen Milzriss fließt Blut in die Bauchhöhle. Auf dem Operationstisch hätte dieser Patient früher kaum eine Chance gehabt. «Er wäre nicht wieder aufgewacht», sagt Schrader. Der Tierarzt verabreicht zwei Mal 350 Milliliter Blutplasma. Der Hund überlebt, dank der Blutbank mit Plasmakonserven, die der 59-Jährige seit zwei Jahren in seiner Tierklinik Hamburg-Rahlstedt betreibt.

Es ist 18.00 Uhr. Seit dem Morgen operieren Dirk Schrader und seine Assistentin. Er hat einen Kater kastriert, zwei Stunden lang eine Wirbelsäule operiert und die Nagelbettentzündung eines Hundes mit einem Laserstrahl bekämpft. Jetzt liegt eine 19 Jahre alte Hündin rücklings auf dem Operationstisch. Gerade hat ihr der Tierarzt die entzündete Gebärmutter entnommen. Die schwabbeligen Innereien liegen am Rand des Tisches. Schraders weißer Kittel ist blutverschmiert. Die Ärmel seines karierten Hemdes sind hochgekrempelt, die angegrauten Haare leicht zerzaust.

Die Blutbank - «Wenn wir das Plasma nicht hätten, dann sähen einige unserer Patienten ganz schön alt aus», sagt der Arzt und vernäht den Schnitt im Bauch der Hündin. Mindestens ein Mal in der Woche holt Schrader tiefgefrorenes Blut aus der Kühltruhe im ersten Stock der Tierklinik, taut ihn auf und verabreicht ihn seinen Patienten - solchen, die nicht mehr stehen können und sich die Seele aus dem Leib spucken, weil sie Rattengift gefressen haben.

«Gerade kleine Hunde sind dann sehr schnell am Ende ihres Lebens angelangt», sagt Schrader. Plasma entgiftet den Körper. Oder er gibt es den Tieren mit krankem Knochenmark. Plasma regt die Blutzellenbildung an. Es gibt auch Kunstblut. «Zu teuer», sagt Schrader. Zudem hält er wenig von Infusionslösungen. Sie täuschten Blut vor, hätten aber nicht all seine natürlichen Wirkstoffe.

Sein einschneidendes Erlebnis hatte er in Israel. In dem Land haben Hunde und Katzen laut Schrader nach einem bestimmten Parasitenbefall mit enormen Blutverlusten zu kämpfen. Ein Kollege nahe Tel Aviv präsentierte ihm bei einem Besuch vor rund zwei Jahren stolz seine Blutbank. «Ich hatte ja keine Ahnung», erinnert sich Schrader. Nach zwei Stunden wusste er, dass Hunde wie Menschen verschiedene Blutgruppen haben. Und das dies egal ist und es keine Gefahr der gefürchteten Unverträglichkeit gibt, wenn man das Blut in einer Zentrifuge von den roten Blutkörperchen trennt und nur das klare Plasma nimmt.

Richtige Blutkonserven halten nur drei Wochen, Plasma dagegen mehrere Jahre. Es kann somit gebunkert und für den Notfall immer bereitgehalten werden. Schrader war beeindruckt. «Ich konnte kaum glauben, wie einfach das ist», sagt er. «Ich dachte, das kann ich auch.»

Zu Hause bittet er einen Hersteller um eine Kühlzentrifuge. Der Geschäftsführer schenkt ihm eine gebrauchte, Wert 40 000 Euro. Dann sucht er Blutbeutel - kleiner, als die für Erwachsene üblichen, aber größer als die für Kinder. Ein Unternehmen stellt ihm welche zur Verfügung, die für die zierlicheren Chinesen hergestellt wurden. Schrader zapft seine Hündin Zena an. Dann kommen die ersten Übertragungen. Nach diversen Aderlässen hat Zena vom Blutspenden genug und sträubt sich. «Die findet das Blutspenden nicht gut», räumt Schrader ein.

Seitdem rekrutiert er die Spender unter seinen Patienten. «Wenn ein Hund zu uns kommt, fragen wir: Dürfen wir dem mal Blut abnehmen?» Geeignet sind gesunde Hunde im Alter von zwei bis acht Jahren mit einem Gewicht von 20 bis 50 Kilogramm. Wer zustimmt, bekommt einen kostenlosen Gesundheitscheck für sein Tier. Der Hund schluckt ein Beruhigungsmittel, damit er jene 15 bis 25 Minuten ruhig ist, in denen das Blut von einer Vene über eine Kanüle in den Plastikbeutel fließt. Die Herstellung eines Beutels Plasma kostet 70 bis 80 Euro. Die Besitzer der Empfänger zahlen rund 150 Euro pro Beutel.

Praktisch aufgegeben hat Schrader die Katzen. Bei ihnen ist die Sache komplizierter. «Wenn die Blut brauchen, sind die oft schon so weit unten, das auch eine Bluttransfusion nicht mehr hilft», meint der Tierarzt. «Und wir könnten ihnen nur Plasma anbieten.»

Schraders Blutbank ist nicht die erste in Deutschland. Seit 1996 gibt es eine an der Klinik für kleine Haustiere der Freien Universität Berlin. Die dortigen Mediziner trennen ebenfalls Plasma von den zellulären Bestandteilen. Die Leiterin Barbara Kohn lernte das Verfahren bei einem Aufenthalt in den USA kennen. Jetzt lassen sie und ihr Team in Berlin jährlich 200 bis 300 Hunde und etwa 50 Katzen zur Ader. «Die Tiere kommen aus Berlin und dem Umland», sagt Kuhn. Auch hier ist die Teilnahme freiwillig. Nutznießer sind ausschließlich die Patienten der Klinik. Denn der Vertrieb von Blut und Blutbestandteilen ist nicht erlaubt, es sei denn, der Arzt hat nach einem langwierigen Verfahren die Erlaubnis dazu.

Die Bundestierärztekammer in Bonn hat keine Zahlen darüber, wie viele Tierärzte in Deutschland eigene Blutbanken betreiben. «Vermutlich arbeiten mehrere Tierärzte wie Herr Schrader, aber es wird nicht bekannt», sagt Sprecherin Margund Mrozek. Nach Ansicht von Schrader ignorieren zu viele Tierärzte die Möglichkeiten, die das Blutplasma ihnen bietet. «Das Plasmatransfusionswesen ist durchaus bekannt», meint er. Sein Berufsstand sei jedoch unbeweglich und erzkonservativ, wenn es um neue Behandlungsmethoden gehe.

Bei diesem Thema gerät Schrader in Rage. Er erzählt von Streitereien mit der Tierärztekammer, von Tierärzten, die alten Hunden teure, künstliche Hüften einbauen, obwohl es sehr viel preisgünstigere Wege gibt, und von verzweifelten Menschen, die das nicht bezahlen können. Er regt sich über frisch ausgebildete Mediziner auf, die nicht wissen, wie man eine Katze sterilisiert. Er erzählt von dem harten Konkurrenzkampf der Tierärzte untereinander und dass Kollegen ihn für «mediengeil» halten. «Es gibt in diesem Berufsstand eine neidgesteuerte Blockade», sagt Schrader und betont jedes einzelne Wort. «Das ist ein ekelhaftes Verhalten von Kollegen, die verhindern wollen, dass sich ohne sie irgendetwas tut.»

Ob er sich als Querulant bezeichnen würde? Schrader schweigt kurz. «Nein», sagt er. «Ich finde, man muss zu den Dingen etwas sagen, die nicht ganz in Ordnung sind.» Als Kind wollte er eigentlich Humanmediziner werden - um der Menschheit zu helfen. Schrader lacht. «Das war das Helfersyndrom: völlig unkritisch und in jeder Hinsicht kindlich.» Weil es aber schon damals für Humanmedizin eine Zulassungsbeschränkung gab, ging er zu den Tiermedizinern.

Bei ihnen blieb er. Zwei seiner vier Kinder wollen auch Tierarzt werden und die Klinik samt Blutbank übernehmen. Er hat ihnen - trotz des damit verbundenen Stress' - nicht davon abgeraten.

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